US-Internethändler Amazon wird in Berlin-Mitte ein Kundenzentrum eröffnen und damit bis zu 500 Arbeitsplätze für die Hauptstadt schaffen. Begrüßt wird der Internetriese in Berlin deshalb vom Regierenden Bürgermeister selbst.
Am Dienstag hat Klaus Wowereit einen Termin, der ihm Freude bereiten wird. Um 11.30 Uhr wird der Regierende Bürgermeister im Dom Aquarée an der Karl-Liebknecht-Straße die ersten Worte sprechen und den US-Internetkonzern Amazon in Berlin willkommen heißen. Solche Termine machen sich gut im Wahlkampf. Die Einladungen sind bereits verschickt. Von der „Präsentation eines geplanten Amazon-Großprojekts in Berlin“ ist die Rede. Nach Informationen von Morgenpost Online wird Amazon bis zu 500 Arbeitsplätze in der Hauptstadt schaffen. Neben Wowereit wird auch Tim Hickler anwesend sein, der für Amazon in Europa die Kundenbetreuung leitet.
Das größte Online-Kaufhaus der Welt plant in der Hauptstadt ein sogenanntes Customer Service Center, ein Callcenter, in dem Kundenanfragen bearbeitet werden. Bis Jahresende sollen im Dom Aquarée 150 Menschen für den Konzern arbeiten, mittelfristig könnten es 400 bis 500 sein. Angeblich hat Berlin sich im Standortwettstreit gegen Edinburgh in Schottland durchgesetzt. Amazon war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Von der Senatsverwaltung für Wirtschaft wird das Vorhaben bestätigt und begrüßt.
„Das ist eine gute Nachricht für den Wirtschaftsstandort Berlin“, sagt Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke). Er freue sich über das Engagement von Amazon in Berlin und die bis zu 500 neuen Arbeitsplätze. Die erfolgreiche Ansiedlung bestätige Berlins gute Bedingungen für Wachstum und Beschäftigung, sagt Wolf. So ähnlich wird das wohl am Dienstag auch Wowereit (SPD) formulieren.
Wichtiger Servicestandort in Europa
Doch unabhängig von Wahlkampfgeplänkel: Berlin hat sich als wichtiger europäischer Standort für Dienstleistungen etabliert. So hat BASF in der Nähe der Warschauer Straße ein Servicezentrum mit mehreren Hundert Mitarbeitern, über das alle Bewerbungen des Chemiekonzerns abgewickelt werden. Die Deutsche Bank baut gerade in Charlottenburg ihr Zentrum für Risiko-Management auf. Dort sollen einmal 700 Menschen arbeiten. Die Finanztochter von Daimler, die Mercedes Bank, bezieht demnächst mit rund 450 Mitarbeitern Büroräume an der Mollstraße. Auch dort entsteht ein Servicezentrum, wo vor allem im Callcenter-Betrieb telefoniert wird.
Die Hauptstadt ist für Unternehmen zunehmend attraktiv. Der gute Ruf Berlins macht es leicht, Personal für den Standort zu gewinnen. Zudem bieten die vielen Unis und Hochschulen ein großes Reservoir an potenziellen Mitarbeitern. Gleichzeitig ist das Gehaltsniveau verhältnismäßig niedrig, und auch der Wohnungsmarkt im Vergleich zu anderen Großstädten recht entspannt. Davon hat sich offensichtlich auch Amazon überzeugen lassen.
Das US-Unternehmen, das im vergangenen Jahr mehr als 42 Milliarden Dollar umsetzte, expandiert. Weltweit arbeiteten Ende März rund 38.000 Menschen für Amazon, ein Plus von 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zwar werden für Deutschland keine detaillierten Zahlen herausgegeben. Aber auch hierzulande arbeiten Tausende für das Online-Kaufhaus – und es wird weiter nach Personal gesucht, nicht nur für Berlin. Derzeit betreibt das Unternehmen vier Logistikzentren und Lager an drei Standorten: in Leipzig, Werne (Nordrhein-Westfalen) und Bad Hersfeld (Hessen). Zwei weitere entstehen gerade in Rheinberg (Nordrhein-Westfalen) und bei Augsburg. Dort sollen jeweils bis zu 1000 Menschen arbeiten. Bei Hochsaison, vor allem vor Weihnachten, können je bis zu 2000 saisonale Jobs hinzukommen. Zudem betreibt das Unternehmen bereits ein Kundenzentrum in Regensburg. Die Deutschlandzentrale von Amazon sitzt in München, die Konzernzentrale in Seattle (US-Bundesstaat Washington).
Weltweit und auch in Deutschland verlagert sich der Handel zunehmend ins Internet – davon profitieren Unternehmen wie Amazon und Ebay. In Deutschland steigt das Volumen des Online-Handels von Jahr zu Jahr. Zahlen des Handelsverbands HDE zufolge betrug der Wert aller Einkäufe per Mausklick 2010 23,7 Milliarden Euro. Dieses Jahr sollen es 26,1 Milliarden Euro sein.
Bezieht man die Zahlen von 2010 auf den Gesamtumsatz aller Händler in Deutschland, so hat das Einkaufen im Internet dennoch erst einen Anteil von 1,3 Prozent. Doch der Trend wird sich fortsetzen. Zum einen werden gerade ländliche Gebiete Deutschlands für schnelle Internetanschlüsse aufgerüstet. Zum anderen gehen immer mehr Menschen mobil ins Netz, etwa per Smartphone oder mit Tablet-Rechnern wie Apples iPad. Online zu sein wird immer mehr zum Alltag – und somit wird auch das Einkaufen im Netz für viele Menschen einfacher