Sparprogramm

Der neue Bayer-Chef Marijn Dekkers greift durch

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Carsten Dierig

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Der neue Chef des Pharmakonzerns Bayer setzt den Rotstift an: Weltweit fallen 4500 Stellen weg. Investiert wird in Forschung.

Seine Ziele hat Marijn Dekkers von Anfang an klar formuliert. „Mehr Innovation, weniger Administration“, lautete die schlagwortartige Ankündigung des neuen Bayer-Chefs bei seinem Amtsantritt. Knapp zwei Monate danach schafft der niederländisch-amerikanische Sanierungsexperte erste Fakten: 4500 der weltweit 109.000 Arbeitsplätze will der Vorstandsvorsitzende streichen, davon alleine 1700 in Deutschland. Welche Standorte betroffen sein werden, steht bislang noch nicht fest.

Mit dem harten Sparkurs soll der Leverkusener Traditionskonzern auf Effizienz getrimmt werden, um Mittel für die teure Pharmaforschung und für das geplante Wachstum in den wichtigen asiatischen Schwellenländern freizusetzen. Mittelfristig sollen dort sogar 2500 neue Jobs entstehen. Unter dem Strich bleibt damit aber immer noch ein Minus von 2000 Stellen. Trotzdem betont ein Bayer-Sprecher, dass es sich „nicht um ein reines Sparprogramm handelt“. Denn nach wie vor solle kräftig investiert werden – dem Vernehmen nach mindestens die Hälfte der jährlich geplanten Einsparungen in Höhe von 800 Mio. Euro. „Die Grundidee besteht darin, Mittel freizusetzen, um gezielt in Wachstum und Innovation zu investieren.“

Im Fokus stehen dabei zum einen die Pflanzenschutzsparte CropScience und zum anderen der Pharmabereich HealthCare. Derzeit zum Beispiel arbeitet Bayer mit Hochdruck daran, auf breiter Front die Zulassung für den Thrombosehemmer Xarelto zu bekommen. Von dem neu entwickelten Medikament erhofft sich der Konzern Umsätze in Höhe von jährlich mehr als zwei Mrd. Euro. Damit wäre Xarelto einer der größten Erfolge der Pharmasparte seit Jahren. Derartige Blockbuster soll es in den kommenden Jahren noch öfter geben. Zumal Bayer der starke Wettbewerb durch billige Nachahmer-Produke mittlerweile arge Probleme bereitet. Für die Verhütungspille Yasmin etwa – seit jeher ein Bestseller für die Rheinländer – gibt es in den USA mittlerweile etliche Generika-Varianten.

Für Branchenbeobachter sind die Pläne von Dekkers kaum überraschend. Analysten äußern sich zudem betont positiv. „Dies ist ein wichtiger Schritt für Bayer, um sich auf die wichtigen Wachstumssegmente zu konzentrieren und die Produktentwicklung zu beschleunigen“, sagt zum Beispiel Karl-Heinz Scheunemann von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Geräuschlos dürfte die Umsetzung des Effizienzprogramms dennoch nicht ablaufen. Denn Bayer hat seinen Beschäftigten in Deutschland zugesichert, bis 2012 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Der Gesamtbetriebsrat geht daher bereits auf Konfrontationskurs. „Das Sparpaket ist nicht nachvollziehbar“, schreiben die Arbeitnehmervertreter in einem Brief an die Belegschaft. Sie weisen die Pläne des Managements zurück und fordern stattdessen alternative Lösungen. Marijn Dekkers, der die Kosten des Sparprogramms auf rund eine Mrd. Euro schätzt, versucht bereits zu beschwichtigen. Bayer habe in der Vergangenheit den Abbau von Arbeitsplätzen stets sozialverträglich gestaltet, sagt der Vorstandsvorsitzende. „Das ist mir auch jetzt sehr wichtig“, betont der Manager. Er hoffe daher, die angepeilte Zahl von 1700 durch natürliche Fluktuation und Aufhebungsverträge erreichen zu können.

Mit seinen Sparplänen steht Bayer längst nicht alleine da. Erst am Mittwoch hatte der Schweizer Pharmakonzern Roche angekündigt, 4800 Stellen zu streichen. Der Konkurrent nennt ebenfalls den „zunehmenden Kostendruck im Gesundheitswesen sowie die steigenden Anforderungen an die Zulassung und Preisgestaltung von neuen Medikamenten“ als Begründung. Darüber hinaus hatten Weltmarktführer Pfizer und der Pharmariese Merck&Co den Abbau von jeweils rund 10.000 Arbeitsplätzen angekündigt.