Der Vormarsch von Videospielen in den Kinderzimmern schien unaufhaltsam. Doch dieser Trend ist gestoppt. Kinder wünschen sich wieder mehr Spielzeug.

Für Wieland Sulzer ist der Trend unübersehbar. „In diesem Jahr habe ich rund 15 Prozent weniger Umsatz mit Videospielen gemacht“, berichtet der Vorsitzende des Deutschen Verbandes der Spielwarenindustrie (DVSI), der im hessischen Marburg ein großes Spielwarengeschäft betreibt. Über die Gründe kann auch Sulzer nur rätseln. „Vielleicht liegt es daran, dass es derzeit keine Innovationen bei den Spielkonsolen gibt. Auch bei der Software plätschert es so dahin.“ Die Kunden, so Sulzers Erfahrung, griffen wieder verstärkt nach klassischem Spielzeug.

Sulzer steht mit dieser Beobachtung keineswegs allein. Jüngste Branchenzahlen zeigen: Klassisches Spielzeug feiert zeitgemäß weiterentwickelt derzeit ein regelrechtes Comeback, während der Anteil der Videospiele am Spielzeugmarkt sinkt. Auf den Wunschzetteln finden sich nach Beobachtungen von Spielwarenhändlern immer häufiger Klassiker wie die Modepuppe „Barbie“, Malkästen, Brettspiele und ferngesteuerte Autos. Selbst das 75 Jahre alte Monopoly steht auf der Beliebtheitsskala der Kundschaft wieder ganz oben.

Klassiker in neuem Gewand

Spielwarenhersteller sorgen allerdings mit Weiterentwicklungen dafür, dass die Klassiker als innovative Neuheiten daherkommen. So präsentiert sich das gute alte „Monopoly“-Spiel erstmals in seiner 75-jährigen Geschichte mit einem runden Spielbrett – in der Mitte prangt eine elektronische Spieleinheit. Wer etwa das Los-Feld passiert, wird mit dem Welthit „Celebration“ gefeiert.

In neuem Gewand präsentiert sich auch der alte Malkasten. Die Farben werden dabei mit einem magischem Leuchtpinsel auf Spezialpapier aufgetragen. Nur dort wird die zuvor per Knopfdruck ausgewählte Farbe sichtbar – nicht aber auf Haut, Kleidern oder der Kinderzimmer-Tapete, wie der Hersteller verspricht. Und auch das ferngesteuerte Auto kehrt nach Jahren des Videospielbooms wieder die die Kinderzimmer zurück – wenn auch in einer wesentlich robusteren Variante.

Auf der Suche nach Action greifen nach Beobachtungen der Spielwarenhändler inzwischen viele Kinder wieder stärker nach neuen Spielwelten großer Hersteller. Playmobil etwa lädt die Kleinen zu einem spielerischen Ausflug in die Welt der Agenten ein – das notwendige Zubehör gibt es im Spielwarengeschäft, etwa ein ferngesteuertes Auto mit Mini-Kamera. Das lässt sich heimlich in das Zimmer der Geschwister steuern. Lego wiederum setzt bei der Abenteuersuche der 8- bis 14-Jährigen auf ein Untersee-Abenteuer, für das sie eine U-Boot-Spielewelt entwickelte.

Selbst „Barbie“ hat nach Einschätzung der Spielwarenhändler wieder das Zeug für einen Verkaufs-Bestseller. Aber auch sie musste dazu mit der Zeit gehen: Als Video-Girl haben ihr die Spielzeugentwickler eine Mini-Videokamera in die Halskette eingesetzt. Auf ihrem Rücken trägt sie einen Videobildschirm. „So kann das Mädchen Filme aus Barbies Perspektive drehen“, berichtete der Bundesverband des Spielwareneinzelhandels. Ein Chip kann 27 Filmminuten speichern. Mit einem USB-Kabel lassen sich die Filmsequenzen später problemlos auf einen Computer übertragen und dort dauerhaft abgelegt werden.