Beleuchtung

100-Watt-Birnen sind trotz Verbots noch im Handel

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Anette Dowideit

Seit einem Jahr gilt das Verbot der 100-Watt-Glühbirnen, dennoch werden sie noch einhunderttausendfach verkauft.

Trotz des bereits seit mehr als einem Jahr geltenden Verbots verkaufen deutsche Baumarktketten noch immer in großen Mengen Glühbirnen mit hoher Leistung. Nach Informationen der Marktforschungsgesellschaft GfK, die Morgenpost Online ONLINE vorliegen, gingen in den ersten sechs Monaten dieses Jahres bundesweit noch 210.000 Glühbirnen mit Leistungen von 80 Watt oder mehr über die Ladentheken. Seit dem 1. September 2009 dürfen klare Glühbirnen mit 100 Watt Leistung laut geltendem Recht nicht mehr in den Verkehr gebracht werden, seit dem 1. September dieses Jahres gilt dies auch für Birnen mit 75 Watt.

Laut der GfK-Untersuchung gingen auch nach dem Inkrafttreten des Energiebetriebene-Produkte-Gesetzes (EBPG) die Verkaufszahlen von Glühbirnen insgesamt um lediglich 22 Prozent zurück. Mit dem Gesetz setzte die Bundesregierung eine entsprechende Richtlinie der Europäischen Union aus dem Jahr 2005 um. Das Ziel der EU-Richtlinie ist, die Glühbirnen schrittweise durch umweltschonende Energiesparlampen zu ersetzen. Das Gesetz greift jedoch laut Umweltverbänden bisher kaum. „Der Sinn der EU-Richtlinie, die Glühbirnen so schnell wie möglich aus dem Handel zu nehmen, wird in Deutschland bisher komplett verfehlt“, sagte Maria Elander, Leiterin des Bereichs Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe in Berlin.

Insgesamt sank die Zahl der verkauften Glühbirnen laut GfK im ersten Halbjahr lediglich um ein Fünftel, von 38,7 auf 30,1 Millionen Stück. Und auch der erhoffte Zuwachs bei den Energiesparlampen fiel demnach enttäuschend aus: Von Januar bis Juni stieg die Zahl der verkauften Exemplare gerade mal um 3,2 Prozent auf 7,3 Millionen Stück. Trotz des offiziell beschlossenen nahen Endes der Glühbirne kauften die Deutschen damit rund vier Mal so viele Glühlampen wie Energiesparlampen.

Erst am 30. August 2012 soll in der EU die letzte Glühbirne vom Band laufen. Bereits dieser auf EU-Ebene beschlossene Zeitplan sei ein fauler Kompromiss, urteilt Christian Noll, Experte für Energieeffizienz beim Umweltverband BUND. „Ursprünglich war angedacht, die Glühbirnen früher vom Markt zu nehmen und so bis 2020 die vierfache Menge an Treibhausgasen einzusparen.“ Die Lobbyarbeit der Hersteller habe jedoch gebremst. Dass jedoch selbst der nun ausgehandelte Kompromiss sich so schwer in die Praxis umsetzen lässt – und selbst über ein Jahr nach dem Verbot noch 100-Watt-Birnen in den Läden stehen – lässt die Umweltverbände als Fazit ziehen: „Viele Händler haben die Regelung gezielt umgangen, indem sie Glühbirnen gehamstert haben und nun noch davon zehren“, sagt Elander.

Rechtlich bewegen sich die Händler in einer Grauzone. Laut deutschem Gesetzestext dürfen die Lampen mit 100 Watt Leistung oder mehr seit dem 1. September vergangenen Jahres nicht mehr „in Verkehr gebracht“ werden. Das bedeutet allerdings nur, dass Händler sie nach dem Stichtag nicht mehr bei den Herstellern in Auftrag geben und einkaufen dürfen. Alle Glühbirnen, die zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits im Zentrallager einer Handelskette lagen, dürfen unbegrenzt weiter abverkauft werden.

Restposten werden teurer

Die Umweltverbände vermuten daher, dass einige große Baumarkt- und Handelsketten vor dem 1. September 2009 noch Großbestellungen bei den Herstellern wie Philips und Osram getätigt und ihre Lager so weit wie möglich aufgefüllt haben. „Die Tatsache, dass Sie heute noch immer 100-Watt-Birnen finden – obwohl mittlerweile sogar schon die 75 Watt-Birnen verboten sind – ist zumindest ein eindeutiges Indiz dafür“, sagt Expertin Elander. Ebenso wie die Verkaufspreise: Kostete eine herkömmliche Glühbirne vor dem Verbot im Schnitt einen Euro, werden die Restposten heute für 2,50 bis drei Euro pro Stück gehandelt.

Die überwiegende Zahl der Handelsketten stellte sich im vergangenen Jahr offen gegen einen freiwilligen Verkaufsstopp ihrer Restposten. Die Deutsche Umwelthilfe hatte Mitte 2009 eine Anfrage an über 50 deutsche Verbrauchermärkte gestartet, darunter Elektro- und Baumärkte, Discounter, Möbelhäuser und Drogerieketten. Die Frage lautete, ob die Händler bereit seien, zum Stichtag des Verbots die entsprechenden Glühlampen aus dem Sortiment zu nehmen. Nur sechs Firmen erklärten sich dazu bereit: Die Versandhändler Otto, Schwab, Neckermann und Baur, außerdem Ikea und ProMarkt. Die restlichen Unternehmen lehnten ab, so wie Hornbach, oder beantworteten die Anfrage nicht, darunter Bauhaus.

In anderen EU-Ländern gab es derartige Eindeckaktionen kaum. Überhaupt scheint die Angst vor dem Ende der klassischen Glühbirne ein überwiegend deutsches Phänomen zu sein. Laut GfK gingen bereits im vergangenen Jahr die Verkaufszahlen der Glühbirnen in den Niederlanden um 35 Prozent, in Großbritannien um 23 Prozent und in Frankreich um immerhin neun Prozent zurück. In Deutschland dagegen stiegen sie 2009 – aus Torschlusspanik – noch einmal um 34 Prozent an.

Im Internet weiter erhältlich

Selbst, wenn die Lagerbestände der deutschen Handelsunternehmen in ein paar Monaten aufgebraucht sein sollten, dürfte es für Gegner der Energiesparlampe weiterhin kein Problem sein, weiter an die Stromfresser zu kommen: über das Internet. Dort entwickelt sich gerade ein regelrechter Schwarzmarkt. Verbraucher können Glühlampen von außerhalb der EU bestellen, aus China oder Russland etwa, oder aus anderen EU-Ländern, wo sie entgegen der gesetzlichen Vorschriften teilweise noch weiter in Fabriken gefertigt werden. Zwar ist all das illegal, für die deutschen Behörden aber sehr schwer nachzuvollziehen.

Wer bei Google als Suchbegriff „100 Watt Glühbirne kaufen“ eingibt, wird schnell fündig. Zum Beispiel bei einem Onlinehändler, der auf seiner Seite 100-Watt-Birnen der Firma Novalamp aus Tschechien anbietet. 100 Stück gibt es dort für 59,90 Euro. Auch die Nummer eines Kontaktmannes in Deutschland ist angegeben, eines Herrn Müller. Ruft man diese an, ist der Händler direkt am Apparat. Ob man die Glühbirnen aus solch einer Großbestellung nur für den Eigenbedarf nutzen dürfe – oder ob man sie auch weiterverkaufen dürfe? „Sie können die auch weiterverkaufen. Das sind Lagerbestände, die ganz legal abverkauft werden“, sagt Herr Müller. Ob denn noch genug Birnen in Vorrat seien, dass es sich lohne, in den Handel einzusteigen? „Ja, wir haben noch genug“, sagt er. Man solle ihm mal eine Email mit der konkreten Anfrage schreiben, und dann werde man sehen, was sich machen lässt.