Giftige Süßigkeiten und giftiges Spielzeug aus China sind keine Einzelfälle mehr. Brüssel und Peking wollen die Situation durch bessere Zusammenarbeit in den Griff bekommen. Das kommende Weihnachtsgeschäft wird der Testfall für die Form der Zusammenarbeit.
Die Bonbons waren billig, sie rochen süß und schmeckten gut. Sie kamen aus China, die Kinder in Baden-Württemberg waren begeistert. Das Problem war nur: Die Süßigkeiten enthielten Melamin. Die schädliche Chemikalie, die eigentlich zur Kunststoffherstellung verwendet wird, kostete als Milchzusatz vielen Kindern in China das Leben. In Deutschland kam zum Glück niemand zu Schaden, weil die Kontrollen im letzten Moment funktionierten.
Das ist kein Einzelfall. Immer wieder tauchen in Europa und in den USA gesundheitsschädliche Produkte aus China auf. Vor allem Spielzeug, gerade jetzt, zur Weihnachtszeit. Allein in den USA mussten im vergangenen Jahr mehr als 21 Mio. Artikel "Made in China" wegen zu hohen Bleigehalts zurückgerufen werden. Und in Europa meldete das EU-Alarmsystem "RAPEX" seit Jahresanfang immerhin 600 gefährliche Produkte aus China. Die Zahl ist alarmierend: Mittlerweile stammen 85 Prozent des in Europa verkauften Spielzeugs aus China.
Jetzt wollen die EU und China die Sicherheitsmängel bei chinesischen Produkten abstellen. Dazu unterzeichnete die zuständige EU-Verbraucherkommissarin Meglena Kuneva mit Vertretern der chinesischen Regierung eine "Absichtserklärung", die zu besseren Kontrollen bei Lebensmitteln und Spielzeug führen soll. Die chinesischen Behörden verpflichteten sich, die EU alle drei Monate über gefährliche Produkte zu informieren. Gleichzeitig sollen die chinesischen Aufsichtsämter künftig automatisch benachrichtigt werden, wenn im europäischen Alarmsystem gefährliche Produkte aus China gemeldet werden, um möglichst rasch den Hersteller ausfindig zu machen.
Kuneva setzt im Umgang mit China zunächst auf freiwillige Selbstregulierung, anstatt auf Druck durch Gesetze, die den Import chinesischer Waren erschweren. Das scheint zu wirken. Nach den ersten Skandalen im Herbst 2007 hatte China nach scharfen Protesten der zierlichen EU-Kommissarin aus Bulgarien damit begonnen, mehrere Tausend Fabriken zu überprüfen, 700 Exporteure verloren ihre Exportlizenz. Das ist bisher aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die chinesischen Behörden würden – so heißt es in Brüssel – höchstens in jedem zweiten Fall wirklich durchgreifen. Das liegt nicht unbedingt daran, dass sie faul oder korrupt sind. Die Kontrolleure können einfach die verantwortlichen Hersteller nicht finden. Handelsregister nach europäischem Vorbild gibt es in dem Schwellenland noch nicht.
Der erste Testfall für die neue Vereinbarung wird das Weihnachtsgeschäft sein. Kuneva kündigte bis Weihnachten strenge Überprüfungen durch die 27 Mitgliedstaaten an. Ein neuer "Spielzeugskandal" würde beiden Seiten schaden und den Ruf in Europa nach neuen Gesetzen verstärken. Das weiß die chinesische Regierung. Der Vizechef der chinesischen Aufsichtsbehörden kündigte bereits an: "Wir werden neue Produktsicherheitsvorschriften beim Spielzeug erlassen." China strebt eine Harmonisierung der internationalen Normen an. Bis dahin ist es allerdings noch ein langer Weg.