Ist der Patient nach der Schönheits-Operation hässlicher als vorher, muss er dennoch zahlen. Die Autoreparatur hingegen ist juristisch ein Werkvertrag mit Erfolgsgarantie, die Nasenneuerung nicht.
Der Ruf der Schönheitsmediziner ist nicht der beste. Immer wieder erzeugen Pfusch-OPs Schlagzeilen. Vertreter der Zunft haben mit Auftritten in zweifelhaften Fernsehshows auch nicht gerade das Renommee der Branche gehoben. Diese Erkenntnis ist bei Ärzten und Managern langsam angekommen. Immer mehr Kliniken geben Qualitätsversprechen. Marken und Siegel sollen Vertrauen schaffen. Krankenhäuser schließen sich zu kleinen Schönheitskonzernen zusammen. Die Branche will die Lotterjahre hinter sich lassen.
„Clinic im Centrum“ (CiC) aus Dortmund steht für diesen Trend. Nach eigenen Angaben sind sie Marktführer in Deutschland. 35 Kliniken hat Gründerin Elke Schwiegel, 44, seit 2000 zusammengeführt. Die frühere Unternehmensberaterin wirbt damit, dass ihre Ärzte Spezialisten sind. Das ist im Reich der Brustvergrößerer und Faltenglätter keine Selbstverständlichkeit. Wer sich in Deutschland Schönheitschirurg nennen will, muss sich kaum weiterbilden. Die wahren Spezialisten heißen jedoch Fachärzte für Plastische und Ästhetische Chirurgie. Sie haben eine insgesamt sechsjährige Zusatzausbildung durchlaufen.
Auf 1,8 Milliarden Euro schätzen Experten die Größe des deutschen Marktes für ästhetische Operationen und Faltenbehandlungen. Elf Milliarden Euro schwer ist der Markt für klassische Kosmetik. Wenn die nicht mehr hilft, kommt das Skalpell zum Einsatz. Seit Ende der 90er-Jahre legt der Nasen-, Busen-, Hinternmarkt pro Jahr um 10 bis 15 Prozent zu. Allerdings sind das nur grobe Schätzungen. „Nicht einmal die Finanzämter werden wissen, wie groß der Markt wirklich ist“, sagt Hans-Detlef Axmann, Chef der Klinik am Aegi in Hannover und Vorstand des Berufsverbandes Deutsche Gesellschaft für Ästhetische und Plastische Chirurgie (DGÄPC). Martin Reinboth, Anwalt in der auf Medizinrecht spezialisierten Kanzlei Meinecke&Meinecke in Köln, sagt: „Da fließt viel Geld in bar, vorab und ohne Rechnung. Das macht die Branche so undurchsichtig.“
900.000 OPs im Jahr
Geschätzte 900.000 Operationen hat es 2006 in Deutschland gegeben. Dieses Jahr sollen es deutlich mehr sein. Offizielle Zahlen gibt es jedoch nicht. Rund 400 Fachärzte für ästhetische Chirurgie sind in Deutschland zugelassen. Es operieren aber rund 5000 Mediziner jeglicher Fachrichtung gegen das Alter an. Möglich, dass diese Mediziner tagsüber etwa als Handchirurgen tätig sind und abends des Geldes wegen ein Gesicht liften. Wolf Lüerßen, von dem es bei CiC heißt, er „mache wunderbare Brüste“, sagt: „Ein Urologe hat nichts an der Brust verloren.“
Eine „steigende Zahl an schönheitschirurgischen Eingriffen ohne entsprechende Weiterbildung“ registriert auch das Bundesgesundheitsministerium. Schärfere Gesetze sind aber nicht geplant. Die Zahl der Unzufriedenen ist hoch. 40000 sind es inzwischen pro Jahr. Aber nur sieben Prozent der Beschwerden sind nach einer Untersuchung der Uni Bonn gerechtfertigt. Urteile gegen die Schönheitsindustrie sind dennoch selten: „Bevor es dazu kommt, zahlen die Ärzte lieber außergerichtlich. Öffentlicher Wirbel um einen Prozess wäre das letzte, was eine Praxis gebrauchen könnte“, sagt Anwalt Reinboth.
Brustüberarbeitungen werden in Deutschland am liebsten vorgenommen – Vergrößerungen fast ebenso viele wie Verkleinerungen. Es folgen Nasen- und Ohrenkorrekturen sowie Fettabsaugungen. Das Geld dafür kommt fast immer von den Privatkonten der Patienten. Die Krankenkassen zahlen nur, wenn es medizinisch notwendig ist. Etwa dann, wenn ein Kind wegen seiner Segelohren gehänselt wird und dadurch seelischen Schaden zu nehmen droht. „Wenn ein junges Mädchen unter einer zu kleinen Busen leidet, zahlen die Krankenkassen aber leider lieber den Psychologen als die Operation“, sagt Elke Schwiegel. Ihrem Geschäft würde das Gegenteilt gut tun.
Millionen-Umsatz in der Klinik
Grundsätzlich hat die Managerin aber wenig Grund zur Klage. Mit 20.000 Operationen und 65 Millionen Euro Umsatz 2006 ist CiC nach Worten der Chefin sogar die Nummer eins in Europa – allerdings in einem sehr unübersichtlichen Markt. 2008 soll die Schwelle von 100 Millionen Euro geknackt werden. Ein Börsengang wird für die Zukunft nicht ausgeschlossen.
Die Schönheitsärzte profitieren von einer Art natürlicher Kundenbindung, um die sie andere Branchen beneiden dürften. Für jede Alterungsstufe gibt es die passende Operation. Patientinnen in ihren Zwanzigern verlangen vor allem Brustoperationen für rund 5000 Euro. Sind sie zehn Jahre älter, ist die Fettabsaugung oder die Bauchdeckenstraffung interessant, ab 40 das Gesicht-, Hals- oder Wangenlifting und jenseits der 50 die Bearbeitung des kompletten Gesichtes. Kostenpunkt: 12.000 Euro.
Hinter CiC hat sich als zweiter großer Anbieter „Mang Medical One“ mit knapp 20 Standorten positioniert, mit dem schillernden Dr. Werner Mang als Chefmediziner. Er verschaffte sich Bekanntheit als Experte bei RTL und in zahllosen Frauenzeitschriften. Er bietet gar Operationen mit TÜV-Siegel an.
Mang, der Direktor der Bodenseeklinik, fusionierte im Frühjahr seine Klinik mit Medical One des früheren Metro-Chefs Erwin Conradi. Das Unternehmen soll über Jahre chronisch Geld verbrannt haben. Der Zusammenschluss gilt nicht gerade als Schönheits-OP. Eher schon als Notoperation.