Daniel Glasner hat jetzt einen neuen Chef. Vier Jahre jünger ist der, kommt aus Chicago und heißt Andrew Mason. Auf Masons Kopf und in seinem Gesicht wuchert das Haar. Ein Bauchansatz drückt sich durch das grüne T-Shirt. 29 Jahre alt ist er, sein Studium hat er abgebrochen. Glasner hingegen hat promoviert. Trotzdem ist es nur folgerichtig, dass Mason das Sagen hat. Schließlich geht es hier um eine Geschäftsidee, auf die er die Urheberschaft beanspruchen kann. Weil Glasners Firma Citydeal diese Idee so gut kopiert hat, kauft Mason, der Amerikaner, nun das Berliner Unternehmen.
Citydeal ist erst in diesem Jahr gestartet. Die Firma überträgt das Prinzip des Großeinkaufs ins Internetzeitalter. Jeden Tag wird auf der Internetseite ein Produkt oder eine Dienstleistung, beispielsweise eine Wellnessbehandlung in einem Spa, zu einem günstigen Preis angeboten. Möglich ist dies, weil Citydeal den Anbietern eine hohe Zahl von Kunden garantiert. Das Berliner Unternehmen schafft so viel Kunden heran, dass es einen Rabatt aushandeln kann. Das funktioniert gut. Mehr als 1,5 Millionen Menschen besuchen jeden Tag die Seite und finden für ihre Stadt ein Angebot.
Fotoshooting für 59 statt 599 Euro
Das sieht beispielsweise so aus. In Berlin bietet ein bekanntes Fotostudio ein Shooting für 59 statt 599 Euro. In Frankfurt/Main wird eine Zahnreinigung für 30 statt 70 Euro feilgeboten und in Düsseldorf kann man für acht statt 16 Euro in einem orientalischen Restaurant speisen gehen.
"Es ist beeindruckend, wie gut Citydeal gemanagt ist“, sagt Mason beim Besuch des Unternehmens in Berlin-Mitte. Und ein wenig stolz ist er auch. Schließlich setzen sie bei Citydeal seine Idee um, die er auf der anderen Seite des Atlantiks mit seiner Firma Groupon als Erster in ein Geschäft verwandelt hat.
Groupon selbst ist auch ein noch sehr junges Unternehmen. 2009 hat Mason angefangen, mittlerweile bietet er für 60 Städte in den USA jeden Tag ein Produkt mit deftigem Preisabschlag an. Insgesamt fünf Millionen Menschen haben bei Groupon schon mitgemacht. Mason sagt, dass hätte die Kunden insgesamt 200 Millionen Dollar gespart. Sein Unternehmen, und genauso Citydeal, bekommen einen Anteil dafür, dass sie die Geschäfte ermöglichen.
Unternehmen wie Citydeal und Groupon zählen zur zweiten Generation der Internethändler. Anfang des Jahrtausends waren es Amazon und Ebay, mittlerweile Konzerne mit Milliardenumsatz. Sie verkaufen Waren direkt wie Amazon, ein Einzelhändler, dessen Laden nur im Internet zu finden ist. Oder sie sind ein Marktplatz im Netz wie Ebay, auf dem Händler und Privatleute ihre Waren anbieten können.
Die neuen Internetshops setzen auf das Prinzip der sozialen Netzwerke, auf Interessengemeinschaften etwa. Die Berliner Firma Brands4Friends etwa zählt auch zu dieser neuen Generation. Brands4Friends ist ein Einkaufsklub, dessen Mitglieder in den Genuss verbilligter Edelmode kommen. Das Unternehmen existiert seit September 2007 und hat bereits drei Millionen Mitglieder. Längst haben auch Investoren mit viel Geld das Potenzial dieser neuen Internetläden erkannt.
Büros in London, Madrid und Paris
Groupon, das Unternehmen von Andrew Mason, hat unlängst eine üppige Geldtransfusion bekommen. Die Investmentfirmen Accel Partners und Digital Sky Technologies, haben sich mit 137 Millionen Dollar (111 Millionen Euro) beteiligt. Gemessen daran ist das Unternehmen von Mason, diesem unauffälligen Amerikaner, 1,3 Milliarden Dollar wert. Die Kapitalgeber von Groupon sind unter anderem auch am sozialen Netzwerk Facebook beteiligt, dem größten der Welt.
Das Geld seiner Investoren hat es Mason ermöglicht, auf Einkaufstour zu gehen. „Wir wollten nach Europa und haben uns angeschaut, welche Firmen dort unser Geschäftsmodell kopiert haben und wie gut sie sind“, erzählt er. Die Wahl, sagt er, sei schnell getroffen gewesen.
Denn Citydeal seinerseits hat seinen Start hierzulande in großem Stil hingelegt. Allein im Berliner Hauptquartier an der Rosenstraße in Mitte arbeiten insgesamt 200 Beschäftigte. Dicht gedrängt sitzen sie in der Fabriketage an ihren Computern. Telefonieren mit Kunden, kümmern sich um die Internetseite, handeln mit Unternehmen Konditionen aus, die ihr Schnäppchen auf Citydeal.de präsentieren wollen.
Und Citydeal ist inzwischen in mehreren anderen Ländern Europas tätig. Büros gibt es auch in London, Madrid und Paris. Das Berliner Unternehmen hat auch die Unterstützung prominenter Investoren. Die Internetunternehmer Samwer, drei Brüder namens Oliver, Marc und Alexander, zählten zu den Geldgebern. Die Samwers zogen in Deutschland die erste Internetseite für Online-Auktionen auf, Alando, und verkauften sie an den US-Branchenriesen Ebay.
Später gründeten die Samwers den Klingeltonanbieter Jamba und reichten auch dieses Unternehmen gewinnbringend weiter – an das US-Unternehmen Verisign. Wie viel sie für ihre Citydeal-Anteile nun bekommen haben, ist nicht bekannt. Gewinn dürften sie allemal gemacht haben.
Eine Million als Startkapital
Andrew Mason hatte eigentlich vor, einen Masterstudiengang für Politikwissenschaft zu belegen. Die Geschäftsidee für Groupon kam ihm, als er bei einer Firma als Software-Entwickler jobbte. Er erzählte seinem Chef von der Idee, dieser steckte eine Million Dollar in das Unternehmen. Das Investment hat sich gelohnt. Groupon, sagt Mason, sei profitabel. Und jetzt, mit 29 Jahren, gebietet er über eine internationale Firma. Mit einer Europazentrale in Berlin.