Die ohnehin schon strengen Vorschriften für Hersteller und Importeure von Spielwaren will die EU nun noch schärfer machen. Dadurch sollen Kinder besser vor Giftspielzeug geschützt werden. Die deutsche Spielwaren-Industrie hält dies nur für “Aktionismus“.

Brüssel will bei der Sicherheit von Spielzeug keine Kompromisse mehr erlauben. Verschärfte Vorschriften für Hersteller und Importeure sollen Kinder vor verschluckbaren Kleinteilen oder giftiger Chemie in Puppen, Teddys und Baukasten schützen. Die Spielzeug-Richtlinie, die eine fast 20 Jahre alte Version ablösen soll, verbietet Stoffe, die Krebs erregen, das Erbgut verändern oder die Fortpflanzung gefährden können. Außerdem werden die Grenzwerte für Blei und Quecksilber stark gesenkt.

Die deutsche Spielwaren-Industrie kritisiert die von Industriekommissar Günter Verheugen vorgelegten Vorschriften jedoch als „bloßen Aktionismus“: Die meisten der als neu präsentierten Auflagen seien seit Jahrzehnten in Kraft, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Verbands der Spielwaren-Industrie (DVSI), Volker Schmid. Das Spielzeug sei bereits sehr sicher. „Unsere Industrie verfügt schon über 420 Seiten an Normen zur Produktsicherheit.“ Zugleich habe die Kommission wesentliche Sicherheitsaspekte außen vor gelassen, die eine Verbesserung der Lage gebracht hätten. So zwinge Brüssel Hersteller immer noch nicht zur Zertifizierung ihres Qualitätsmanagements. „Da hätten strengere Regeln hergehört.“

Qualitätsmanagement bedeutet, dass ein Hersteller nachweisen kann, nicht nur bei einem Prototyp alle Vorschriften einzuhalten, sondern auch bei der späteren Massenproduktion. So hatte der US-Konzern Mattel im vergangenen Jahr 4,4 Millionen Puppen der Marke Polly Pocket zurückrufen müssen, weil sich kleine Magnete gelöst hatten. Das sei kein Problem des Erstmusters gewesen, so Fachleute, sondern der Fertigung.

Der Zoll soll künftig genauer hinsehen

Hersteller müssen nach Vorstellung der Kommission zwar künftig eine technische Dokumentation für jedes ihrer Produkte erstellen lassen. Doch auch Verheugen räumte ein: „Dass tatsächlich alle produzierten Puppen oder Teddys den Anforderungen entsprechen, kann nie hundertprozentig sichergestellt sein.“ Daher sollen die Kontrollen durch nationale Behörden verschärft werden, und auch die Zollbeamten sollen ein noch wachsameres Auge auf Spielwaren haben. Sollte die Richtlinie, wie von Verheugen erhofft, 2009 in Kraft treten, bekämen die EU-Länder Auflagen gemacht, wie oft ihre Zöllner etwa Container in Häfen öffnen und Proben entnehmen müssen.

Verschärfen will Verheugen auch die Vorschriften für Spielzeug, das im Zusammenhang mit Lebensmitteln verkauft wird. Spielzeuge, die fest mit Schokolade oder Gel verbunden seien, würden künftig verboten, sagte Verheugen. Das bekannteste Beispiel für „Schokolade und spielen“, das Überraschungsei, ist nicht betroffen, weil es von Hand geöffnet werden kann.

Auch eine Zahl der durch Produktfehler, giftige Stoffe oder Kleinteile verursachten Unfälle hat die EU-Kommission nicht parat. Verheugen versicherte allerdings, sein Team habe „zahlreiche Studien und wissenschaftlichen Erkenntnisse“ in die Richtlinie eingebracht. Im Einsatz bleibt das von Verbraucherschützern kritisierte CE-Zeichen. Es soll künftig sogar noch lesbarer auf der Verpackung angebracht werden, mitsamt einer Kontakt-Adresse, bei der Kunden ihre Beschwerden vorbringen können. Doch auch Verheugen räumte Probleme mit dem europäischen Zeichen ein. Denn es wird von Herstellern selbst angebracht, um zu dokumentieren, dass bestimmte Standards eingehalten wurden. Eine Sicherheit, dass dem tatsächlich auch so ist, besteht entgegen der Überzeugung vieler Verbraucher keineswegs. Eine Überprüfung von dritter Seite findet nicht statt. „Es kommt immer häufiger zu Produktfälschungen und CE-Zeichen, die zu Unrecht angebracht sind“, sagte Verheugen. Daher wolle er das System überarbeiten lassen. Hersteller, die sich nicht an die EU-Regeln halten, sollen künftig strafrechtliche Sanktionen zu befürchten haben.