Spielwaren müssen vor dem Kauf genau unter die Lupe genommen werden. Es lauern abbrechbare Teile, scharfe Kanten und Gift. Doch ein verbindliches Gütezeichen für die Sicherheit und Qualität von Spielwaren gibt es in Deutschland nicht. Morgenpost Online zeigt, worauf Käufer achten sollten.

Strahlen werden sie, die Kinderaugen, wenn sich unterm Weihnachtsbaum die bunten Päckchen türmen. Was für die Kleinen das Größte ist, ist vielen Eltern jedes Jahr die größte Anstrengung: Auf den Wunschlisten ihrer Lieben sammeln sich jede Menge teurer Träume. Von Auto-Action bis Zirkuswelt bietet der Spielzeughandel alles, was Kinderherzen höher schlagen lässt. Playmobil oder Playstation, Puppe oder Ponyhof? Die Auswahl ist riesig und ein Überblick schwierig.


Es waren vor allem die Rückrufaktionen namhafter Hersteller, die in den vergangenen Wochen immer wieder für Aufmerksamkeit gesorgt haben. Blei im Lack von Holzspielzeug, Schwermetalle in Barbies Hund und abbrechbare Kleinteile in der „Lernspaßküche“ von Mattel – da hörte der Spaß für viele Verbraucher auf. Spielzeughersteller tragen eine große Verantwortung, denken viele. Doch gerade in diesem Milliardenmarkt wird häufig billig und schlecht produziert.

Grenzwerte für Schadstoffe in Spielzeug gibt es wenige. Das gilt vor allem für Spielzeugimporte aus Fernost, die inzwischen mehr als die Hälfte des Marktes ausmachen. Selbst die bereits schwachen EU-Vorschriften werden nicht immer erfüllt und schon gar nicht verlässlich kontrolliert. Mehr als die Hälfte der Produkte, die im europäischen Verbraucherschnellwarnsystem Rapex auftauchen, sind Spielwaren – Hunderte in jedem Jahr. Im Bereich Spielwaren sei erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist, kritisieren Verbraucherschützer.

Kaufzurückhaltung ist nach Angaben des deutschen Spielzeugwareneinzelhandels jedoch keine Konsequenz aus den Rückrufen der vergangenen Monate. Immerhin fast 2,3 Mrd. Euro werden in Deutschland in diesem Jahr in die Kassen des Spielzeughandels fließen – allein für traditionelle Spielwaren. Das sind drei Prozent mehr als im Vorjahr. Mehr als eine Milliarde Euro geben die Deutschen noch einmal für elektronisches Spielzeug aus. Doch worauf können Käufer sich im Spielzeug-Dschungel verlassen, in dem offenbar ungeahnte Gefahren für die Kinder lauern?

Kein verbindliches Gütezeichen

„Zunächst einmal ist ein kritischer Blick wichtig“, sagt Lore Herrmann-Karch von der Verbraucherzentrale Rheinlandpfalz. Sie empfiehlt einen Spielzeugkauf mit allen Sinnen: nach scharfen Kanten tasten, an Kleinteilen ruckeln und am Lack schnüffeln. Es gelte die Faustregel: „Was stinkt, bleibt im Regal“. Bei Spielzeugen, die Geräusche machen, sollte das Gerät zum Test ans Ohr gehalten werden. Piepst es laut, ist es für Kinder nicht geeignet.

„Leider gibt es in Deutschland kein verbindliches Gütezeichen für die Sicherheit und Qualität von Spielwaren“, sagt Verbraucherschützerin Herrmann-Karch. Zwar gibt es eine EU-Richtlinie zur allgemeinen Produktsicherheit, die im deutschen Geräte- und Produktsicherheitsgesetz ihre Umsetzung findet, doch die Anforderungen sind gering. Das CE-Zeichen auf Spielzeugverpackungen steht dafür, dass das Produkt den Vorschriften der Europäischen Union entspricht. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um eine Selbstauskunft des Herstellers, die meist nicht überprüft wird. Die Aussagekraft ist also niedrig, zumal Verbraucher anhand des CE-Zeichens nichts über die Qualität erfahren. Und auch beim GS-Zeichen, das für „geprüfte Sicherheit“ steht, berücksichtigt die unabhängige Prüfstelle, wie beispielsweise der TÜV, lediglich die Mindestanforderungen der europäischen Sicherheitsnormen. Und die Grenzwerte sind nach Angaben der Verbraucherzentralen nicht besonders hoch. Für elektronisches Spielzeug gibt es immerhin das VDE-Siegel des Verbandes Deutscher Elektriker, das zwar nichts über die pädagogische Tauglichkeit aussagt, aber immerhin die elektronische Sicherheit bei sachgemäßem Gebrauch signalisiert.

Zeichen als Hilfe für die Auswahl

Verlässliche Zeichen geprüfter Qualität für andere Spielwaren gibt es wenige. Bei Plüschtieren und Babyspielzeug beispielsweise ist das Öko-Tex Standard-100-Siegel eine vertrauenswürdige Angabe. Doch dann wird die Hinweislage auch schon wieder dünn. Selbst die Kriterien für das runde, rot-weiße Gütesiegel „Spiel gut“ sind laut Verbraucherzentrale Bundesverband „nicht sehr streng“. Immerhin werden vom „Spiel gut“-Arbeitsausschuss aber Sicherheit, Haltbarkeit, Material, Umweltverträglichkeit und Design begutachtet – leider nur bei rund 500 Artikeln pro Jahr.

Als Hilfe für die Auswahl von gutem Spielzeug kann das Markenzeichen „Spiel des Jahres“, „Kinderspiel des Jahres“ oder „Deutscher Spielepreis“ zu Rate gezogen werden. Doch hier gibt es nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Dickicht des Spielzeugangebots, denn die Jury konzentriert sich hauptsächlich auf Gesellschaftsspiele. Dass naturbelassenes Holzspielzeug dennoch nicht immer die Lösung sein kann, stellen Eltern schnell fest, wenn ihr Kind zum ersten Mal selbst wählen darf.

Das von den Kleinen so begehrte bunte Plastikspielzeug muss allerdings nicht schlecht sein. Der für Lego und Playmobil verwendete ABS-Kunststoff beispielsweise ist unbedenklich. Verbraucher sollten beim Kauf von Plastikspielzeug vor allem darauf achten, dass im Spielzeug keine chemische Zusätze wie schädliche Weichmacher (Phthalate) oder PVC verwendet wurden, wie dies bei vielen Puppen der Fall ist. Alternativen seien unbedenkliche Kunststoffprodukte aus Propyethylen (PP-Zeichen) oder Polyurethan (PE-Zeichen).

Der vom Verband des deutschen Spielzeugwareneinzelhandels in diesem Jahr vermerkte Trend vom Schnäppchenjäger zum Qualitätskäufer könnte den Weg in die richtige Richtung weisen. „Lieber ausgesuchte Sachen und dafür weniger“, empfiehlt auch Verbraucherschützerin Herrmann-Karch. „Stifte und selbst gemachte Knete fördern zudem die Kreativität von Kindern sicherlich mehr als Billigspielzeug aus dem Discounter.“