„Wir brauchen neue Ideen und müssen uns nach neuen Konzepten für den elektronischen Verkauf von Waren umschauen. Dafür schaffen wir jetzt eigens eine Gesellschaft, die wir E-Venture Capital Partners nennen“, sagte Vorstandschef Hans-Otto Schrader der Morgenpost Online. Dieses Beteiligungsunternehmen wird mit einem mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Betrag ausgestattet.
Sitz der neuen Firma ist Hamburg sowie San Francisco. „Wir beteiligen uns an neuen Netzwerken für digitale Medien und geben Neugründungen eine Starthilfe“, sagte Schrader weiter. Die Idee dazu stammt von seinem Vorstandskollegen Reiner Hillebrand. „Ganz generell müssen wir einen institutionellen Rahmen schaffen für mehr Innovation: Das fängt mit den Büroräumen an, wie sie gestaltet sind, und es geht bis zu der Frage, wer überhaupt im Unternehmen befördert wird“, sagte Schrader weiter. Ein Unternehmen dürfe sich nicht wundern, keinen ausgeprägten Innovationsgeist zu haben, wenn nur die absichernden und bewahrenden Manager Karriere machten.
Geplant ist, in den nächsten fünf Jahren pro Jahr sechs bis zehn Beteiligungen einzugehen. Am Ende könnte daraus dann ein Gebilde von rund 40 neuen Firmen entstehen. Angestrebt werden Beteiligungen von fünf bis 49 Prozent. Im späteren Verlauf gibt es dann diese Optionen: Entweder Otto integriert die Gesellschaften in den Konzern, betreibt sie mit einem strategischen Partner oder aber verkauft sie an andere Investoren. Auch ein Börsengang ist zumindest eine theoretische Möglichkeit, diese neuen Gesellschaften nach der Startphase weiter zu entwickeln.
„Indem wir uns in den innovativen Wachstumsmärkten als Investoren engagieren und, wenn gewünscht, auch die operative Geschäftsentwicklung der jungen Unternehmer mit den Möglichkeiten von Otto unterstützen, fördern wir einen Lernprozess. Wir lernen von den Startups und sie lernen von uns“, sagte Otto-Vorstand Reiner Hillebrand. Gesucht werden Firmen, die sich etwa mit mobilen Verkaufskonzepten für das Handy, mit Suchmaschinen im Internet oder der Kundenkommunikation beschäftigen. Geschäftsführer von E-Venture Capital Partners sind Ludwig Richter und Andreas Haug. Mittelfristig soll die Firma rund ein Dutzend Beschäftigte haben.
Zuversichtlich in das Weihnachtsgeschäft
In den vergangenen Jahren wurden Tausende Internetfirmen auf ähnliche Weise mit dem Geld von Risikokapitalgebern gegründet. Allein in Deutschland waren es im vergangenen Jahr rund 370 Unternehmen. Da die Kapitalgeber nun aber ihr Geld zusammenhalten und ein Ausstieg über einen Börsengang aktuell kaum mehr eine Chance ist, fehlt vielen dieser kleinen Gesellschaften oftmals die Anschlussfinanzierung. Hier könnten sich für Otto mit der neuen Strategie Chancen eröffnen. Gerade hat Tim O'Reilly, amerikanischer Verleger und Vordenker des Internets, eine Bereinigung dieses Wirtschaftsbereiches vorausgesagt. „Der wirtschaftliche Abschwung wird viele Web 2.0 Startups umbringen“, sagte O'Reilly bei der Internetkonferenz Web 2.0 Expo.
Anders als manch anderes Handelsunternehmen schaut die Otto-Gruppe noch nicht pessimistisch in das startende Weihnachtsgeschäft. „Zurzeit spüren wir über die allgemeine Konsumschwäche hinaus noch keine Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf den Umsatz“, sagte Konzernchef Schrader Morgenpost Online. Sicher sei jedoch, dass die Krise auf die Konsumkonjunktur und den Handel durchschlagen werde. „Wann und mit welcher Wucht sie das tut, hängt wie noch nie zuvor von psychologischen Faktoren ab“, sagte er. Wirtschaft und Medien könnten eine Konsumkrise auch herbeireden.