Facebook wird Daten aggressiver verbreiten als bisher. Beim Einkauf im Internet sollen Nutzer erfahren, wie ihre Kollektion bei Freunden ankommt. Auch Google sammelt fleißig Informationen. Was die Welt von ihnen erfährt, können Nutzer aber selbst bestimmen. Sie müssen dabei einige Tricks beachten.
„5000 Freunde in nur 90 Tagen“, verspricht die Ratgeber-Website Chrisrecord.com. Gemeint sind allerdings nicht unbedingt Menschen, die vorbeikommen und beim nächsten Umzug helfen. Vielmehr handelt es sich um Freunde im Sinne der Online-Plattform Facebook. Und die werden bald über fast jeden Schritt des Nutzers im Internet informiert sein.
Die Sozialplattform Facebook plant eine umfangreiche Ausdehnung ihres Netzwerks. Ziel: mehr Nutzerdaten an andere Firmen zu liefern. Auch über Google werden immer mehr Details der Datensammelaktivität bekannt. Internetnutzer sollten die Tricks der wissbegierigen Konzerne kennen und ihr Surfverhalten sowie ihren technischen Schutz anpassen.
So erfährt Facebook die Vorlieben seiner Nutzer
Auf Facebook stellen sich die Teilnehmer vor, oft mit Foto und persönlichen Informationen. Zu sehen ist auch, welche „Freunde“ man hat, Einträge ins Gästebuch sowie Kommentare zu Fotos und Mitteilungen. Zusätzlich gibt es noch einen „Gefällt mir“-Button.
Damit können Nutzer zeigen, wenn sie das iPad, die neue CD von Lady Gaga oder Bilder von Freunden gut finden. Viele dieser Informationen gehen auch an Facebook-Geschäftskunden, damit sie auf der Profilseite des Nutzers gezielt für ihre Produkte werben können.
Schon das ist datenschutzrechtlich heikel. Doch der „Gefällt mir“-Button wird künftig auf vielen anderen Webseiten auftauchen. Die persönlichen Informationen bleiben nicht mehr in der begrenzten Facebook-Welt, sie gelangen bis in die hintersten Winkel des Internet-Universums. Die Technik dafür hat Facebook jetzt vorgestellt.
Wer sich künftig morgens bei Facebook anmeldet und dann eine völlig andere Website besucht, könnte dort persönlich begrüßt werden. Es wird angezeigt, was den Nutzer wohl interessieren könnte und was Facebook-Freunde dort gesucht und für gut befunden haben.
Anders als bisher üblich, funktioniert es auch dann, wenn der Nutzer vorher noch nie auf der Seite gewesen ist. Facebook schickt die Nutzerdaten automatisch an den Betreiber der Website. Selbst das Ausloggen bei der Profil-Plattform nützt wenig: Denn auch über die Facebook-Freunde können Informationen über den Teilnehmer an die besuchte Webseite gelangen.
Andererseits hat die Technik auch Vorteile: Websurfer bekommen schon beim Anklicken der Seite Hinweise darauf, was für sie vielleicht interessant ist. Schon jetzt zeigt zum Beispiel das Magazin „Time“ auf seiner Seite an, für welche Themen sich die Freunde interessiert haben.
Doch es gelangen nicht nur Informationen von Facebook an die Betreiber der besuchten Seite, der Datenstrom verläuft auch in die andere Richtung: Wird zum Beispiel bei einem Musikdienst ein Titel mit „Gefällt mir“ kommentiert, erscheint die Empfehlung nach wenigen Sekunden im Online-Profil. Außerdem kann der Onlineshop gezielt Werbung für CDs mit ähnlicher Musik schalten.
Alle diese Informationen landen letztlich bei Facebook: wer wie oft welche Webseiten besucht hat und was ihm dort besonders gut gefallen hat. Daraus kann das Unternehmen umfangreiche Profile seiner Teilnehmer erstellen – und diese aggregierten Daten an Werbefirmen weitergeben.
So wissen Facebook, Unternehmen und Freunde fast alles über einen. „Das Internet wird dadurch besser, weil es sozialer wird“, sagte Facebook-Chef Mark Zuckerberg bei der Präsentation. So kann man es auch sehen.
Wichtiger als bisher schon wird es für Facebook-Teilnehmer sein, sich genau auszusuchen, welche Daten sie veröffentlichen und welche anderen Nutzer unter den 400 Millionen sie als „Freunde“ zulassen. Möglichst viele virtuelle Freunde gesammelt zu haben mag in der Community kurzfristig für Berühmtheit sorgen. Privatheit ist damit aber nicht mehr möglich.
Facebook wird indes nicht locker lassen und weitere Dienste starten, um Daten zu sammeln. Angeblich planen die Techniker der Plattform, auch Funketiketten einzubinden. Ist das Handy mit solchen RFID-Chips ausgestattet, registrieren Scanner an der Eingangstür zur Bar, wer gerade gekommen ist. Die Information ist dann auch gleich auf der Facebook-Seite zumindest für alle Freunde zu sehen.
Google: Mehr eine Sammel- als Suchmaschine
Nicht viel anders läuft es bei Google, das gerade wieder ins Visier der Datenschützer geraten ist. Google sammelt noch mehr Daten als Facebook, kann sie allerdings nicht so zielgerichtet einzelnen Personen zuordnen. Dabei speichert das Unternehmen jede Suchanfrage und durchsucht die E-Mails bei Google-Mail und die Mitteilungen bei Google-Talk nach Schlüsselwörtern.
'Es darf sich also niemand wundern, wenn auf der Webseite plötzlich Werbung für Pizza auftaucht, wenn er das Wort zuvor in einem Chat verwendet hat. Google und seine Kunden erfahren aber noch mehr: Der Dienst Analytics zeigt Internetseiten-Betreibern an, wie Websurfer ihr Angebot nutzen oder welche Seiten sie angeklickt haben.
Vor allem aber sorgt Street View bei Datenschützern für Unbehagen: Google-Techniker steuern einen mit Kamera und GPS-Empfängern bestückten Spezialwagen durch die Straßen und fotografieren die Umgebung. Die Daten sind dann in Google-Maps zu sehen.
Bei den Fahrten erfasst das Unternehmen aber auch kabellose Netzwerke (WLAN), zum Beispiel den Namen des Netzwerks, die Verschlüsselungsart und den Standort. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Peter Schaar zeigte sich „entsetzt, zu welchen Zwecken diese Fahrten ohne Wissen Dritter genutzt worden sind“.
Für WLAN-Nutzer heißt das: Sie müssen ihr Funknetzwerk nach außen unsichtbar schalten, sicher verschlüsseln und nach Gebrauch ausschalten. Wichtig ist vor allem, dem WLAN keinen Echtnamen zuzuweisen. Paul Huber sollte sein Netzwerk also nicht ausgerechnet „Paul Huber“, nennen.
Alle Tricks schützen nicht davor, dass persönliche Daten öffentlich werden – häufig aber nur, wenn die Nutzer vorher zustimmen. Twitter hat auf einer Konferenz diese Woche ebenfalls neue Techniken vorgestellt. Teilnehmer, die den Nachrichtendienst über Handy nutzen, sollen künftig für jede verschickte Nachricht den aktuellen Standort preisgeben können.
Sein Leben im Netz weltweit auszubreiten liegt trotz aller Kritik im Trend. Zahlreiche Start-ups in den USA bieten neue Dienste an, die auch die letzten Bastionen der Privatheit schleifen. Bei Blippy zum Beispiel geben Nutzer alle Daten zu ihrer Kreditkarte an. Dadurch ist auf der Webseite immer zu sehen, was sie gerade für eine bestimmte Summe gekauft haben.
Amazon hatte den Dienst geblockt. Nutzer durften ihre Suchen beim Online-Händler nicht mehr automatisch durch Blippy veröffentlichen lassen. Doch da zeigte sich, wozu eine perfekte Vernetzung gut ist: Blippy durchsucht einfach die Inhalte des E-Mail-Postfachs des Nutzers, einschließlich der von Amazon verschickten Auftragsbestätigungen.
Es geht aber noch besser. Über den Dienst „Please, Rob Me“ („bitte raub mich aus“) können Nutzer die Diebe quasi gleich selbst einladen. Bei diesem Internetdienst geben sie an, wann sie nicht zu Hause sind – and lassen Einbrechern damit freie Bahn.