Berlin . Wer im Alter selbstständig bleiben will, sollte Veränderungen in der Wohnung vornehmen. Die Kassen gewähren Zuschüsse für Umbauten.
Möglichst lange in den eigenen vier Wänden leben, auch bei Pflegebedürftigkeit – das möchten viele Menschen. Doch im Alter können Türschwellen, Stufen zum Balkon oder die Wände der Badewanne zu Barrieren werden. Wenn die Sehkraft nachlässt, bemerkt man Gegenstände auf dem Boden nicht rechtzeitig, kann über den Teppich stolpern oder auf der Fußmatte ausrutschen.
Es lohnt sich zu prüfen, welche Veränderungen möglich sind, um Gefahrenquellen auszuschalten und Barrieren zu überwinden. Einige zentrale Tipps: Das Telefon sollte leicht erreichbar sein, ebenso die Lichtschalter. Gute Beleuchtung ist wichtig, ein elektrischer Türdrücker und eine Sprechanlage sind hilfreich. Das Badezimmer kann mit einem Hocker für die Dusche und Haltegriffen ausgestattet, die Sitzhöhe der Toilette angepasst werden. Zudem sollten Türen breit genug für den Rollator oder den Rollstuhl sein. Beratung und Unterstützung in diesen Fragen geben zum Beispiel die Mitarbeiter in den Pflegestützpunkten, die es in allen Bezirken gibt.
Barrierefreie Duschen sind ein wichtiger Beratungspunkt
Um den Einbau einer ebenerdigen Dusche geht es sehr häufig in den Gesprächen, die Cornelia Neubert im Pflegestützpunkt im Gesundheitszentrum am Unfallkrankenhaus Berlin in Marzahn führt. „Das birgt viele Herausforderungen, gerade, wenn es eine Mietwohnung ist“, sagt die Pflegeberaterin. Zu klären sei, „wie die Bausubstanz beschaffen ist und ob Bodengleichheit möglich ist, und ob der Vermieter zustimmt“.
Handele es sich um hochbetagte Mieter, so Cornelia Neubert, „dann kommen oft die Angehörigen mit einer Vollmacht zu uns, und wir besprechen das mit ihnen.“ Bei alleinstehenden Senioren regeln die Pflegestützpunkte das im Rahmen des Case-Managements. Dann helfen die Mitarbeiter, den Antrag für den Einbau der Dusche zu stellen und helfen auch bei der Argumentation gegenüber dem Vermieter. Sie suchen Firmen und schauen sich die Situation in der Wohnung an. „In der Regel muss man damit rechnen, dass es ein halbes Jahr dauert, bis die Dusche eingebaut ist.“
Pflegekassen zahlen bis zu 4000 Euro pro Maßnahme
Die Pflegekasse unterstützt den barrierefreien Umbau der Wohnung. Bis zu 4000 Euro pro Maßnahme zahlt sie. Wohngruppen können bis zu 16.000 Euro erhalten, vorausgesetzt, der Umbau erleichtert die häusliche Pflege oder ermöglicht wieder die selbstständige Lebensführung.
Dazu zählen die Entfernung von Türschwellen, der Einbau einer Dusche anstelle einer Badewanne und auch der Umzug in eine Wohnung mit Fahrstuhl. Für Menschen, die lange oder dauerhaft liegen müssen, ist ein Pflegebett sinnvoll. Es kann bei der Krankenkasse oder der Pflegekasse beantragt werden. Langlebige technische Hilfsmittel wie Pflegebett, Hausnotruf oder Rollator werden dem Pflegebedürftigen ausgeliehen.
Bei anderen technischen Hilfsmitteln trägt die Pflegekasse den größten Teil der Kosten, wenn ein Pflegegrad vorliegt. Ein Eigenanteil ist zu zahlen. Er liegt bei zehn Prozent, beträgt jedoch maximal 25 Euro. Dazu zählen auch Duschwagen, Bettpfannen und Urinflaschen. Die Hilfsmittel müssen beantragt werden. Ob sie notwendig sind, das lässt die Pflegekasse von einer Pflegefachkraft oder vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) überprüfen.
Hausnotruf kann Leben retten
Ein Hausnotrufsystem kann erforderlich sein, wenn ein Pflegebedürftiger häufig allein ist und bei einem Sturz nicht in der Lage wäre, telefonisch Hilfe zu holen. Der Funksender ist am Handgelenk oder als Kette am Hals befestigt. Per Knopfdruck wird der Pflegebedürftige mit der Hausnotruf-Zentrale verbunden. Sie informiert Verwandte, Nachbarn oder den Pflegedienst und schickt auch Hilfe, wenn der Betroffene nicht mehr sprechen kann.
Dafür wird eine einmalige Anschlussgebühr erhoben, die je nach Anbieter zwischen 10 und 78 Euro beträgt. Die monatlichen Kosten liegen zwischen 14 und 25 Euro. Ist ein Pflegegrad zuerkannt worden, übernimmt die Pflegekasse diesen Betrag.
Auch der Einbau eines Treppenlifts wird bezuschusst
Viele Pflegebedürftige benötigen einen Treppenlift. Die Kosten richten sich danach, ob die Treppe innen oder außen, gerade oder in einer Kurve verläuft. Aber auch danach, ob der Lift für einen Rollstuhlfahrer bestimmt ist oder für jemanden, der sich selbstständig hineinsetzt. Ein einfacher Sitzlift kostet mehrere Tausend Euro, Plattformlift und Hublift meist mehr als 10.000 Euro. Die Pflegekasse gewährt auch hier bis zu 4000 Euro Zuschuss, wenn die Notwendigkeit des Lifts anerkannt wurde und der Betroffene einen Pflegegrad hat.
Für Pflege-Verbrauchsmittel wie Pflegehandschuhe, Desinfektionsmittel und Einmal-Unterlagen gewährt die Kasse bis zu 40 Euro im Monat. Die Quittungen werden eingereicht, die Kosten dann erstattet. Apotheken, Sanitätshäuser oder ein Pflegehilfsmittel-Service stellen die Produkte bereit.
60 Unternehmen stellen in der Musterwohnung Produkte aus
Eine Vielzahl technischer Hilfsmittel ist in einer Musterwohnung an der Meeraner Straße in Marzahn zu sehen. Das Projekt wurde 2014 vom Unternehmen OTB initiiert. Derzeitiger Betreiber ist das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf. Rund 60 Unternehmen stellen dort ihre Produkte aus. Darunter ist auch ein Aufstehbett mit verstellbarem Kopf- und Fußteil. Es fährt per Knopfdruck nach oben, dreht sich und senkt sich wieder ab. „Sie sitzen am Schluss wie in einem Sessel“, erläutert Anja Schlicht, Teamleiterin Marketing bei der GHD Gesundheits GmbH, zu der die OTB inzwischen gehört. „Sie können leichter aufstehen oder in den Rollstuhl hinüberrücken.“
Die Kosten für das Aufstehbett liegen bei etwa 9000 Euro. Es gebe Fälle, in denen die Pflegekasse diese Kosten übernommen habe, sagt Anja Schlicht. Eine absenkbare Gardinenstange kostet 3000 Euro. „Man fährt sie runter und kann, auch wenn man im Rollstuhl sitzt, die Gardine eigenständig abnehmen und aufhängen“, erläutert Schlicht. Für Kleiderschränke werden ebenfalls absenkbare Stangen angeboten. Licht in der Fußleiste weist nachts den Weg ins Bad, es wird per Funktaster angeschaltet.
Steckdosen werfen Stecker wieder aus
Das Bad in der Musterwohnung ist mit einer barrierefreien Duschbadewanne und einem Demenz-Waschtisch mit roten Markierungen bestückt. Kleine Hilfsmittel sind angeklebte Haltegriffe und Steckdosen, die den Stecker auswerfen. In der Musterwohnung führt Anja Schlicht auch eine so genannte Hauszentrale vor. Sie kann mit Sensoren an Wohnungstür, Fenstern und Bett gekoppelt werden und reagiert, wenn etwa die Tür nachts offen steht oder das Bett ungewöhnlich lange belegt ist. Dann wird zunächst der Bewohner über ein Display angesprochen. Auch Angehörige oder ein Notdienst können alarmiert werden.
An Herd und Kühlschrank sind ebenfalls Sensoren möglich. Auf dem Küchentisch liegen Hilfsmittel, die beim Essen unterstützen – eine Gabel etwa, deren mittlere Zinken weiter hervorstehen, so dass Scheiben leichter aufgespießt werden können, oder Teller mit Antirutschring an der Unterseite. „Das ist Sinn dieses Projekts, zu zeigen, wie man selbstbestimmt bleiben kann, um nicht unbedingt auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein“, sagt Anja Schlicht.