Berlin . Im Seniorenzentrum „Kardinal Bengsch“ der Caritas in Charlottenburg arbeiten Altenpfleger aus Lateinamerika – wie Idalberto Ramos.

Hedwig Pohland ist begeistert, wenn Altenpfleger Idalberto Ramos ihr Zimmer betritt. „Er hat immer gute Laune“, sagt die Seniorin. „Wir kommen gut miteinander aus.“ Sein Schritt ist so beschwingt, dass sie ihn „meinen Traumtänzer“ nennt. Das Besondere: Ramos, 38 Jahre alt, stammt aus Kuba.

Hedwig Pohland ist 101 Jahre alt. Bis vor zehn Jahren lebte sie in ihrer Wohnung, dann zog sie, aus eigenem Entschluss, in das Seniorenzentrum „Kardinal Bengsch“ der Caritas in Charlottenburg. „Ich habe es nicht bereut“, sagt sie.

Das Pflegeheim des Zentrums hat 63 Plätze. Die Zimmer sind mit Bad, Telefon und Fernseh-Anschluss ausgestattet. Jede Etage hat eine Wohnküche. Die Altersspanne der Heimbewohner reicht von 60 bis 102 Jahre. Speisesaal, Garten und Hauskapelle gehören zum Seniorenzentrum, zu dem auch ein Seniorenwohnhaus gehört.

Die Pfleger begleiten die Heimbewohner zum Frühstück

Pfleger Idalberto Ramos ist im Frühdienst, von 6.45 bis 14.15 Uhr, eingeteilt oder im Spätdienst von 14 bis 22 Uhr. Wenn er morgens beginnt, gibt er Hedwig Pohland und anderen Bewohnern die Medikamente, misst den Blutdruck und bei Diabetes-Kranken den Blutzuckerwert. Manchmal sind Spritzen zu setzen. Anschließend werden die Bewohner zum Frühstück begleitet. Auch Telefonate mit der Hausärztin oder dem Augenarzt gehören zu den Aufgaben des Pflegers sowie die Bestellung von Arzneien in der Apotheke.

Seit vier Jahren arbeitet Ramos im Heim am Iburger Ufer. Dort hat er auch seine Ausbildung als Fachpfleger abgeschlossen. Das erste Jahr absolvierte er in Wiesbaden, das zweite und dritte in Berlin. Früher, in seiner Heimat, arbeitete er als Lebensmittelkontrolleur. Er lebte bei seinen Großeltern und pflegte sie auch. Vor elf Jahren kam er nach Deutschland, der Liebe wegen, lebte zunächst in Wiesbaden. Dort bekam er die Möglichkeit zu einem Praktikum in einer Pflegeeinrichtung. „Das hat mir gefallen“, erzählt er. „Da wusste ich, dass ich diesen Beruf ausüben will.“

Es hat lange gedauert, bis er sich gut verständigen konnte

Er absolvierte einen Sprachkursus und begann dann die Ausbildung. Es habe lange gedauert, bis er sich gut deutsch verständigen konnte, erzählt er. Ein Pflegehelfer, der ebenfalls aus Kuba stammt, half ihm dabei. Auch die Heimbewohner tragen dazu bei, seinen Sprachschatz zu erweitern. Wenn ihm ein Wort nicht einfällt, ein Satz nicht stimmt oder die Aussprache nicht korrekt ist, dann verbessern sie ihn: „Alberto, das muss aber soundso heißen.“ Ramos akzeptiert das, es trägt zum Lernprozess bei.

Auf seine Hautfarbe sei er nie angesprochen worden, sagt Idalberto Ramos, dass er kein Deutscher sei, spiele keine Rolle. Der Kubaner schätzt das gute Arbeitsklima im Seniorenzentrum und die Hilfsbereitschaft. Etwa, wenn es darum geht, die Tagesaufgaben zu dokumentieren. „Wenn meine Kollegen sehen, dass ich etwas nicht kann, sagen sie: Komm wir machen das zusammen.“ Deutsch zu sprechen falle ihm leichter als zu schreiben.

Die Senioren erzählen ihm aus ihrem Leben

Den Heimbewohnern hat er von seiner Heimat Kuba berichtet, und davon, wie Familien dort leben. Die Senioren erzählen ihm von Ereignissen aus ihrem Leben, die lange zurückliegen, auch von den Erfahrungen aus dem Krieg und der Nachkriegszeit. Über die fitten Hochbetagten wie Hedwig Pohland, die schon 100 Jahre oder sogar älter sind, staunt Ramos immer wieder. „Das ist unglaublich“, sagt er. „So möchte ich auch mal sein.“

Die alte Dame macht kein Hehl daraus, wie sie zu ihrer Kondition kommt. „Ich habe mein Leben gearbeitet“, sagt sie. „Und ich habe immer Zeitung gelesen. Das mache ich auch heute, jeden Tag.“ Auch die gute Pflege im Heim trage dazu bei.

45 angestellte Mitarbeiter hat das Seniorenzentrum, mehr als die Hälfte von ihnen stammt aus dem Ausland. Nicht nur aus Kuba, sondern auch aus Nicaragua, aus Peru, der Türkei, aus Polen, Russland und aus Afrika.

Das Team ist unterschiedlich – das ist gewollt

„Eine bunte Mischung“, sagt die Leiterin des Zentrums, Sigrid Malinowski. „Das Team ist sehr unterschiedlich.“ Das sei so gewollt. Jeder Mitarbeiter bringe eigene Stärken und Fähigkeiten mit. „Manch einer ist sehr penibel und genau, und kann gut mit älteren Menschen umgehen, die auf solche Eigenschaften Wert legen.“ Andere seien besonders aufmerksam und könnten gut zuhören – auch das sei gefragt, betont Malinowski. Und dass die Kollegen aus Lateinamerika eine besondere Mentalität mitbringen. „Sie sind fröhlich und positiv eingestellt.“

Die Kommunikation sei wichtig, sagt Sigrid Malinowski. „Man muss sich verständigen und die wichtigen Dinge dokumentieren können.“ Das sei die Grundvoraussetzung für Fachkräfte. „Auch die Unterhaltung mit den Senioren ist wichtig.“ Das Seniorenzentrum am Iburger Ufer bildet auch aus und hat derzeit sechs Azubis. „Wenn jemand den Abschluss gemacht hat, ist er nicht gleich der perfekte Mitarbeiter, der alles kann“, sagt Zentrumsleiterin Malinowski. „Man lernt dazu und entwickelt sich weiter.“ Entscheidend sei nicht, die Sprache gleich perfekt zu beherrschen. „Wichtig sind Empathie und das Interesse an alten Menschen. Das andere kommt mit der Zeit.“

Berliner Bündnis für Altenpflege

Auch andere Berliner Pflegeeinrichtungen beschäftigen Fachkräfte aus dem Ausland. Zwischen 2013 und 2018 kamen etwa 352 vietnamesische Altenpfleger zu Vivantes. Der landeseigene Gesundheitsversorger ist Mitglied des Berliner Bündnisses für Altenpflege, dem auch die Charité, die Arbeiterwohlfahrt, das DRK und die Volkssolidarität angehören. Das Bündnis, 2013 von der damaligen Arbeits- und heutigen Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) gegründet, will den Zugang ausländischer Fachkräfte zum Berliner Pflege-Arbeitsmarkt erleichtern.

Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) beschäftigt sich mit der Anerkennung der ausländischen Berufsabschlüsse und prüft die vorgelegten Zeugnisse. Die Abschlüsse beziehen sich immer auf Ausbildungen in der Krankenpflege, die Ausbildung zum Altenpfleger gibt es nur in Deutschland. 2013 führte das Lageso etwa 70 Verfahren, 2017 waren es bereits etwa 400. In Deutschland werden immer mehr ausländische Pflegefachkräfte beschäftigt. Nach Angaben der Bundesregierung stieg ihre Zahl von 79.000 im Jahr 2013 auf etwa 133.000 im Juni 2017.