Schlecht geschlafen, beim Frühstück das Hemd mit Marmelade bekleckert, dann den Autoschlüssel nicht gefunden und zu „guter“ Letzt einen Termin versäumt: An manchen Tagen läuft alles schief, da kann man auch bei der Arbeit im Büro oder auf der Baustelle nicht viel Leistung von sich erwarten.
Doch der subjektive Eindruck täuscht häufig, sagen Forscher um Florian Schmiedek vom Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. „Die tatsächlichen Schwankungen von Tag zu Tag sind vergleichsweise gering“, sagt der Bildungsforscher. So etwas wie gute und schlechte Tage gebe es also nur sehr eingeschränkt, zu Leistungsschwankungen komme es viel eher auf einer kürzeren Zeitskala innerhalb eines Tages: Wir haben vor allem gute Momente und schlechte Momente, sagen die Wissenschaftler aus Berlin, Frankfurt und Schweden, deren Arbeit Teil der sogenannten Cogito-Studie ist.
In Cogito mussten 101 Personen im Alter von 20 bis 31 Jahren und 103 Personen im Alter von 65 bis 80 Jahren zwölf verschiedene Aufgaben an 100 verschiedenen Tagen lösen. Mit den Aufgaben wurden verschiedene Parameter der geistigen Leistungsfähigkeit getestet: Wahrnehmungsgeschwindigkeit, Merkfähigkeit und Leistung des Arbeitsgedächtnisses. Durch die Wiederholung der Aufgaben konnten die Wissenschaftler Lernfortschritte, aber auch tägliche Leistungsschwankungen bestimmen.
Ältere arbeiten kontinuierlicher
Aber vor allem konnte das Forscherteam auch die Leistungen zwischen beiden Altersgruppen vergleichen. Und da bot sich Überraschendes: Die Älteren zeigten geringere Leistungsunterschiede im Tagesverlauf als die Jungen, sie arbeiteten als kontinuierlicher, und ihre geistige Leistungsfähigkeit war zuverlässiger.
Schmiedeks Kollege Axel Börsch-Supan vom Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik in München geht in einem Kommentar sogar noch einen Schritt weiter und betrachtet auch die Produktivität: „Die Produktivität und Zuverlässigkeit der älteren Mitarbeiter ist unter dem Strich höher als die der jungen“, sagt Börsch-Supan mit Blick auf die Diskussionen um die Leistung älterer Arbeitnehmer.
Er ergänzt: „Eine unserer Studien in der Automobilproduktion zeigt, dass ältere Mitarbeiter deutlich seltener schwere und teuer zu beseitigende Fehler machen als jüngere. Auch in den anderen von uns untersuchten Branchen findet man nicht, dass Jüngere produktiver sind als Ältere.“
Florian Schmiedek hat auch eine Erklärung für das positive Abschneiden der älteren Versuchsteilnehmer: „Auswertungen weisen darauf hin, dass für die höhere Zuverlässigkeit bei den Älteren erlernte Strategien bei der Aufgabenbearbeitung, eine gleichbleibend hohe Motivation sowie ein ausgeglichener Alltag mit stabiler Stimmungslage eine Rolle spielen.“
In Zeiten des demografischen Wandels werden die Älteren also nicht nur schlicht gebraucht, Arbeitgeber müssen sich offenbar auch keine Gedanken um Einbußen bei ihrer Produktivität machen.