Jeden Tag sterben in Deutschland drei Menschen, weil zu wenig Organe verfügbar sind. Aus lauter Verzweiflung werden schon eigentlich ungeeignete Transplantate verwendet.

In Deutschland warten 12.000 Menschen auf ein Spenderorgan – viele von ihnen vergebens. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) sterben jeden Tag drei Menschen, weil es nicht genügend Organspender gibt. "Die Wartezeiten auf eine Herztransplantation sind skandalös", sagte Friedhelm Beyersdorf, ärztlicher Direktor der Abteilung Herz- und Gefäßchirurgie der Universität Freiburg beim Chirurgenkongress in München.

Heute würden nur noch Transplantationen durchgeführt, die ganz dringend sind. "Sogar eigentlich ungeeignete Organe werden aus Verzweiflung transplantiert", sagte Beyersdorf. "Die Anzahl der Wartenden steigt, die Transplantationen in Deutschland sinken, und selbst diejenigen, die auf der hochdringlichen Warteliste stehen, warten zwischen 80 und 100 Tagen, da ist es dann oft einfach zu spät." Man komme nur noch auf die Warteliste, wenn man in den nächsten drei bis zehn Tagen sterben könnte.

"Das sind extrem schreckliche Zustände für Patienten, die auf ein Organ warten." Es gibt zwar immer noch die Möglichkeit, ein Kunstherz einzusetzen, aber eine echte Alternative sei das nicht. Denn die Überlebensdauer ist mit maximal 7,5 Jahren zu gering. Auch die Forschung mit Schweineherzen sei noch zu unausgereift, als dass Patienten schon darauf hoffen könnten.

Auf dem Chirurgenkongress in München stellten Mediziner verschiedene Lösungsansätze für eine Neuregelung vor. Besonders die Widerspruchserklärung ist in der Diskussion. Das bedeutet, dass alle Deutschen nach dem Hirntod zu Organspendern werden – es sei denn, sie haben zuvor widersprochen. Vorbilder sind Länder wie Österreich und Spanien, wo es immer genügend Spenderorgane gibt.

"Das kann über ein Kreuz im Führerschein oder Personalausweis geschehen. Wichtig ist, dass sich jeder Mensch wenigstens einmal im Leben mit dem Thema auseinandersetzt und seine Entscheidung trifft", sagte Axel Haverich, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. "Österreich versorgt sogar manchmal Ungarn mit, weil es so viele Organe gibt".

Österreich hat knapp 8,5 Millionen Einwohner – nur rund 2000 Befragte hätten sich bei der Widerspruchsbefragung gegen eine mögliche Spende entschieden. Auch Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) hat sich für diese Lösung ausgesprochen.

Wichtig seien außerdem mehr Transplantationsbeauftragte in den einzelnen Kliniken. "Es könnte viel mehr Spendenorgane geben, wenn es von Experten koordiniert würde", sagte Haverich. Ein weiterer Punkt ist der sichere Transport der Organe durch das "Organ Care System". Hierbei wird das Herz unter natürlichen Bedingungen transportiert, so dass es so weiter schlagen kann, als wäre es noch in einem menschlichen Körper. Das Gewebe bleibt so unbeschädigt.

Der Bundestag will noch in diesem Jahr über eine Reform der Transplantationsgesetze verhandeln. SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier wurde für den Abend beim Kongress erwartet. Der Politiker, der seiner Frau eine Niere gespendet hatte, sollte in einem Vortrag "Lebendspende als Ausweg aus der Organknappheit" am Mittwoch über seine Erfahrungen als Betroffener berichten.