Fleisch

Essen Sie lieber Steak als Salami und Schinken

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Jörg Zittlau

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Forscher suchten nach Zusammenhängen von Diabetes, Herzerkrankungen und Fleischkonsum. Ihr Fazit: Es kommt auf die Zubereitung an.

Ist Fleisch wirklich ungesund? Viele Mediziner und Ernährungswissenschaftler werden nicht müde, vor den Folgen des hohen Fleischkonsums zu warnen. Denn er würde, so eines ihrer Hauptargumente, den menschlichen Körper mit tierischen Fetten überschwemmen. Diese könnten schließlich zu Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Doch trotz der Warnungen wird noch immer viel Fleisch verzehrt: Jeder Bundesbürger isst pro Jahr 90 Kilogramm. Im internationalen Vergleich liegen wir damit im Mittelfeld. US-Amerikaner essen pro Jahr sogar 123 Kilogramm Fleisch.

Doch eine aktuelle Studie kommt nun zu einem etwas differenzierteren Schluss: Nicht das Fleisch und seine Fette an sich, sondern die Art der Zubereitung entscheidet offenbar darüber, ob es gesund oder ungesund ist.

Ein Forscherteam der Harvard School of Public Health in Boston analysierte die aktuellen Forschungsarbeiten zu den Zusammenhängen von Diabetes, Herzerkrankungen und Fleischverzehr. Eine Sysiphos-Aufgabe, denn es galt, insgesamt 1600 Publikationen zu sichten. Aus diesen blieben schließlich 20 Arbeiten übrig, in denen die Verarbeitung des Fleischs berücksichtigt wurde –- aber auch sie lieferten immerhin noch Daten von über 1,2 Millionen Menschen.

Im Ergebnis zeigte sich: Schon der tägliche Verzehr von 50 Gramm verarbeitetem Fleisch reicht aus, um das Diabetes-Risiko um 19 und das Risiko für eine Herzerkrankung um 42 Prozent ansteigen zu lassen. Wer jedoch die gleiche Menge an unverarbeitetem Fleisch isst, muss sich keine Sorgen machen: Er ist nicht mehr gefährdet als der Bevölkerungsdurchschnitt.

Als verarbeitetes Fleisch definieren die Forscher alle Produkte, die durch Räuchern, Salzen, nitrithaltiges Pökelsalz oder andere Chemikalien behandelt wurden, um sie haltbar zu machen oder ihnen zu besserer Farbe oder mehr Geschmack zu verhelfen. Wer also täglich ein Wurstbrot isst, einen Hotdog oder zwei Scheiben Salami, der gefährdet sein Herz und seinen Stoffwechsel. Wer sich hingegen täglich ein kleines Steak in die Pfanne haut, muss nichts befürchten.

Studienleiterin Renata Micha betont, dass auch andere Risikofaktoren für Herz und Stoffwechsel in ihren Ergebnissen berücksichtigt wurden oder aber einfach keine Rolle spielten: „Die Konsumenten von verarbeitetem und frischem Fleisch haben einen ähnlichen Lebensstil.“ Man finde unter ihnen beispielsweise ähnlich viele Raucher. Es sind also tatsächlich der Schinken und die Salami, und nicht die Lebensgewohnheiten der Salami- und Schinkenesser, die krank machen können.

Bleibt die Frage, warum verarbeitete Fleischprodukte so schädlich sind. Ihr Anteil an Cholesterin und ungesättigten Fetten spiele jedenfalls keine Rolle, erklärt Micha, denn darin unterschieden sich Wurst und Schinken nicht von unverarbeiteten Produkten. „Dafür enthalten sie 50 Prozent mehr Nitritsalze sowie vier Mal so viel Kochsalz“, sagt die Epidemiologin. Kochsalz gilt als Risikofaktor für Bluthochdruck, der wiederum zu den größten Risikofaktoren für Infarkte und andere Herzerkrankungen zählt. Und die konservierenden Stickstoffverbindungen gehen offenbar zu Lasten der Glukose-Toleranz. Die Körperzellen nehmen dann zu wenig Zucker auf – und das treibt den Blutzuckerwert nach oben und kann schließlich zu Diabetes führen.

Micha betont, dass man die Daten nicht im Hinblick auf das Risiko von anderen schweren Erkrankungen untersucht hätte, wie etwa Krebs und Parkinson. Allerdings werden auch hier ähnliche Zusammenhänge vermutet. So fand Neuropathologin Suzanne de la Monte vom amerikanischen Rhode Island Hospital heraus, dass die Zahl der durch Alzheimer und Parkinson ausgelösten Todesfälle in den letzten Jahrzehnten genauso angestiegen ist wie die Belastung durch nitrithaltige Speisen. „Der Verkauf von Fast Food und verarbeiteten Fleischprodukten stieg in den USA zwischen 1970 und 2005 um das Achtfache“, sagt de la Monte. Die Zahl der Parkinson- und Alzheimer-Toten sei ähnlich drastisch nach oben gegangen.

Wurst und Schinken werden oft mit nitrit- oder nitrathaltigem Pökelsalz konserviert. Diese Verbindungen werden bereits im Nahrungsmittel aber auch später im Körper zu Nitrosaminen umgewandelt. Diese gelten als krebserregend und erbgutschädigend. Beim Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg geht man aber davon aus, dass der in den letzten Jahren registrierte Rückgang der Magenkrebserkrankungen darauf zurückzuführen ist, dass immer weniger Lebensmittel gepökelt oder geräuchert werden.