Koloniales Erbe

Verstimmungen vor Übergabe der Namibia-Schädel

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Die Charité will am Freitag 20 der geschätzt 300 Schädel an eine Delegation Namibias zurückgeben. Kurz vor dieser Geste der Versöhnung gibt es nun Differenzen. Der namibische Minister für nationale Angelegenheiten will die Versöhnungserklärung nicht unterschreiben.

Unmittelbar vor der geplanten Rückgabe von 20 namibischen Schädeln an den afrikanische Staat gibt es Verstimmungen auf diplomatischer Ebene. Die Bundesregierung „ignoriert uns vollständig“, sagte ein Mitglied des namibischen Parlaments, Katuutire Kaura, am Freitag in Berlin der Nachrichtenagentur dapd. Der Minister für nationale Angelegenheiten werde am Nachmittag (15.00 Uhr) nicht wie geplant eine Versöhnungserklärung („Reconciliation“) unterschreiben, da dies auch kein gleichrangiger Vertreter der deutschen Regierung tun werde.

Stattdessen solle eine Vertreterin des namibischen Rates für Nationales Erbe unterzeichnen. Von deutscher Seite werde der Vorstand der Berliner Charité , Karl Max Einhäupl, unterschreiben. „Solche Dinge müssen auf Augenhöhe geschehen“, sagte Kaura.

Das Auswärtige Amt hatte am Dienstag mitgeteilt, dass der offizielle Gastgeber der Zeremonie die Berliner Charité sei und damit nicht die Bundesregierung. Das war der Auslöser für die Unstimmigkeiten, die das Auswärtige Amt nicht bestätigen wollte.

Auswärtige Amt sieht keinen Streit

Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Andreas Peschke, sagte: „Es gibt keinen Streit. Mir ist von einem Versöhnungsschreiben nichts bekannt.“ Es habe vor der Übergabe umfangreiche gemeinsame Vorbereitungen von deutscher und namibischer Seite gegeben, um die Zeremonie möglichst würdevoll und respektvoll auszugestalten. Das sei gelungen und die Zusammenarbeit sei sehr gut gewesen.

Die Bundesregierung hatte sich am Dienstag zu ihrer „moralischen und historischen Verantwortung gegenüber Namibia“ bekannt. Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper, werde dieses in ihrer Ansprache vor Ort auch noch einmal zum Ausdruck bringen, sagte Peschke.

Der namibische Minister für Jugend, nationale Angelegenheiten, Sport und Kultur, Kazenambo Kazenambo, will trotz der Differenzen ebenfalls eine Rede halten.

Fraktion der Linken empört über vorgehen der Regierung

Derweil empörte sich die Bundesfraktion der Linken über das Verhalten der Bundesregierung. Das Vorgehen der Bundesregierung in dieser Angelegenheit sei ein „rechtlich fragwürdiger und würdeloser Trick“, sagte das Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Niema Movassat. Die Linke fordere die Bundesregierung auf, umgehend die „deutsche Schuld an dem Völkermord“ in Namibia anzuerkennen.

Die 20 Schädel, um die sich die Diskussion dreht, stammen von Mitgliedern der Stämme Herero und Nama, die zwischen 1904 und 1908 bei Aufständen gegen die Kolonialherrschaft der Deutschen ihr Leben ließen. Deutsche Wissenschaftler hatten die Köpfe vor über hundert Jahren nach Berlin gebracht und für ihre Rassenforschung benutzt.

( dpa/nbo )