Ihr Markenzeichen ist die schwarze Brille, ihre Stimme ist für viele die Stimme Griechenlands. Am heutigen Montag wird Nana Mouskouri 80 Jahre alt. Vor einer Woche ist die Sängerin im Admiralspalast aufgetreten. Wir haben sie zum Gespräch getroffen.
Berliner Morgenpost: Wollen wir das Interview auf Deutsch führen? Oder ist es besser, wenn wir Englisch sprechen?
Nana Mouskouri: (Sie antwortet auf Deutsch.) Deutsch ist eine schöne Sprache, ich kann sie auch lesen, aber wenn es um wirklich wichtige Dinge geht, dann kann ich mich besser ausdrücken. (Sie wechselt zu Englisch.) Ich habe immer so viele Sprachen im Kopf, da muss ich dann so oft improvisieren.
Sie singen Ihre Lieder in zahlreichen Sprachen. Wie viele sprechen Sie denn tatsächlich?
Wie gesagt, ein bisschen Deutsch. Italienisch, Griechisch natürlich, Englisch, Spanisch, Französisch. Gesungen habe ich aber in zahlreichen weiteren Sprachen, weil ich einfach durch so viele andere Länder getourt bin.
Sie singen überall in der Landessprache?
Nein, nicht ausschließlich. Aber manchmal habe ich am Ende eines Konzerts ein traditionelles Lied aus dem jeweiligen Land gesungen. In Holland habe ich das gemacht, in Belgien. Ich habe sogar auf Gälisch gesungen. Als ich in Japan aufgetreten bin oder Korea, da habe ich nichts Traditionelles gesungen, aber eines meiner Lieder habe ich in ihrer Sprache gesungen.
Wollten Sie den Fans damit gefallen?
Das ist alles eine Frage der Kommunikation. Mit der gleichen Sprache schafft man eine Nähe zu seinen Fans. Gleichzeitig habe ich eine große Verantwortung, wenn ich in deren Sprache singe. Da kann ja auch einiges schief gehen.
Ihren Song „Weiße Rosen aus Athen“ – auf Deutsch gesungen – haben Sie in Berlin aufgenommen.
Ein Produzent hat den Song für eine deutsche Dokumentation über Griechenland aufgenommen – zumindest mit dem deutschen Text. Das Lied selbst stammt von einem griechischen Komponisten. Und diese Dokumentation sollte auf der Berlinale laufen. Der Song war auf einer Doku über Griechenland und lief auf der Berlinale. Er gefiel so gut, dass man einen deutschen Text gemacht hat. Und so wurden die weißen Rosen geboren und in viele Sprachen übersetzt.
Erinnern Sie sich noch an diesen Tag?
Ja, und zwar weil mein Gepäck verloren gegangen ist – was übrigens auch gestern wieder passiert ist. Man konnte damals nicht von Athen direkt nach Berlin fliegen, sondern wir mussten in Frankfurt umsteigen. Und da ist mein Gepäck dann wohl liegen geblieben. Also das erste, was ich in Berlin gemacht habe, war der Kauf einer Zahnbürste.
Wissen Sie noch, wo das Studio war?
Das war irgendwo in der Nähe des Potsdamer Platzes. Eigentlich war es auch kein echtes Studio, sondern wir haben das Lied im Ballsaal des alten Hotel „Esplanade“ aufgenommen. Das Mikrofon stand auf der Bühne. Die Akustik war ganz besonders da. Das war, glaube ich, Ende 1961. Und von dem Hotel aus konnte ich die Mauer sehen, das war schon eine ziemlich skurrile Situation für mich. Ich war 24 Jahre alt und musste an die vielen jungen Menschen in meinem Alter denken, deren Leben durch diese Trennung massiv eingeschränkt war. Und ich habe mir damals für sie gewünscht, dass es diese Mauer irgendwann nicht mehr geben wird.
Und wie haben Sie den Mauerfall vor 25 Jahren erlebt?
Ich war damals auf Tour in den USA, weshalb ich nicht gleich Berlin besuchen konnte. Aber ich bin in den letzten Jahren oft bei Jubiläumsfeiern zum Mauerfall hier gewesen.
Apropos USA: Sie haben Musik mit vielen bekannten Sängern gemacht, zum Beispiel mit Harry Belafonte und Quincy Jones. Auf ihrer aktuellen Tour stehen Sie hauptsächlich allein auf der Bühne. Was gefällt Ihnen besser?
Es ist wunderbar mit anderen zu singen, aber man muss wirklich aufpassen, dass man zusammen passt. Beide müssen bei dem Lied etwas fühlen, man muss sich das Lied sozusagen teilen.
Aber muss man sich dann nicht auch den Ruhm teilen?
Naja, ich habe ja auch viel alleine gesungen.
Gibt es einen deutschen Sänger oder eine Sängerin, mit der Sie gerne mal zusammen singen würden?
In der Vergangenheit habe ich das viel gemacht. Zuletzt mit Till Brönner zum Beispiel. Ich habe auch schon mit Udo Jürgens und Udo Lindenberg gesungen.
Wäre Helene Fischer nicht mal eine gute Kandidatin?
Ich kenne sie nicht gut. Habe Sie noch nicht live gesehen, kenne sie nur aus dem Fernsehen. Aber wieso nicht, vielleicht spricht sie mich ja mal an. Ich liebe es zu singen, ich freue mich immer, wenn jemand mit mir zusammenarbeiten möchte.
Sie sind mit Ihrer „Happy Birthday Tour“ unterwegs, sind vorvergangenen Sonnabend im Admiralspalast aufgetreten. Wird das Ihre letzte Tour sein?
Ich habe schon eine Abschiedstour vor einigen Jahren gemacht. Aber ich dachte mir: Wieso soll ich zu Hause rumsitzen, wenn ich viel lieber auf einer Bühne stehen würde – besonders, wenn es darum geht, seinen 80. Geburtstag zu feiern. Und jetzt feiere ich ihn nicht an einem Abend, sondern ein ganzes Jahr lang. Und den Tag meines Geburtstags feiere ich in Hamburg, der letzte Stop der Tour.
Woher nehmen Sie die Energie für die ganzen Reisen?
Ich liebe es einfach zu singen, das reicht. Wenn ich dann auf meine Fans, mein Publikum treffe, dann ist das eine ganz besondere Energie.
Wie würden Sie die Entwicklung ihrer Musik beschreiben?
Ich habe mit griechischer Musik angefangen, aber ich hatte immer schon einen Hang zum Jazz gehabt. Beim Reisen habe ich auch klassische Musik gemacht. Ich habe hart gearbeitet, habe viel gelernt – das hat mich hier her gebracht.
Was denken Sie über die aktuelle Musik? Songs, die beim Eurovision Song Contest gespielt werden.
Heute ist die Musik viel sichtbarer – es geht mehr ums Aussehen. Das ist nicht meine Art, aber alles im Leben verändert sich, auch die Musik. Es gibt viele Sänger, Nora Jones, Amy Winehouse, Whitney Houston. Es gibt viele Lieder, die mir gut gefallen – aber ich bin mir bewusst, dass sie niemals zu mir passen, sondern eben zu den jungen Künstlern. Dennoch suche ich immer wieder nach neuen Inspirationen.
Sie haben auf Ihrer Tour Ihre Tochter dabei, wie fühlt sich das für Sie an?
Es ist schön, aber sie ist eine sehr selbstbewusste Frau, die auch sehr eigenständig ist. Wir singen ein paar Duette, aber sie macht auch ihr eigenes Ding. Sie musste sich auch aus dem Einfluss ihrer Familie emanzipieren.
Wann wussten Sie persönlich, dass Sie Sängerin werden möchten?
Ich habe schon als Kind den Traum gehabt auf der Bühne zu stehen. Und meine Eltern motivierten mich später, eine Ausbildung zu machen. Am Konservatorium habe ich klassische Musik studiert, aber besonders viel Jazz gesungen. Dann ging es los mit den kleinen Auftritten. Niemand kann einem sagen, wie man ein guter Musiker wird. Das geht Stück für Stück, irgendwann wusste ich, dass ich nichts anderes machen möchte als Musik.
Ein harter Weg?
Naja, aber alles im Leben ist hart. Man bekommt Nichts geschenkt. Erfolg kommt nicht von allein.
Sie sind über mehrere Jahrzehnte hinweg immer wieder in Deutschland aufgetreten. Sind die Fans hier anders als in anderen Ländern?
Jedes Land hat ein anderes Publikum. Ich habe viele Auftritte in Berlin gehabt, auch in der Philharmonie oder im Friedrichstadtpalast. In Deutschland ist meine Karriere aber eigentlich erst richtig gestartet, ich habe meinen Fans hier viel zu verdanken und freue mich jedes Mal, wenn ich wieder kommen darf – und es ist auch so schön, dann wirklich meinen 80. Geburtstag in Deutschland feiern zu dürfen. Ich fühle mich sehr heimisch hier. Ich habe hier meine loyalsten Fans.