Berlin. Der Ex-Präsident lenkt beim Berlin-Besuch von Krieg und Skandalen ab – und verleitet unsere Kolumnistin zu unvernünftigem Optimismus.
So lässige Bilder. Da tingelt der frühere US-Präsident durch Europa und lässt sich als Rockstar der Politik feiern. Ein echter Entertainer, dem das Publikum in der Mercedes-Benz Arena zu Füßen liegt, nur weil er mit seinem wundervollen Lächeln erzählt, was er so macht in Berlin. Barack Obama ging mit Angela Merkel aus zum Essen („eine alte Freundin“, haha), traf Olaf Scholz („wir hören uns zu“).
Er redet vom Krieg („fürchterlich“), von Rassismus, Demokratie, Klima, Polarisierung, Desinformation. Und seiner Hoffnung, der nächsten Generation. Es sind schöne Worte, mal freundlich, mal fordernd, aber immer richtig, eben wie Balsam. Klar, Obama war und ist ein echter Menschenfänger, so schlaksig, smart, attraktiv, wie er daherkommt. Mit seinem Humor. Mit seiner Kultur. Und singen kann er auch.
Es ist wohltuend, diesen coolen Präsidenten von früher mal wieder in den Schlagzeilen zu haben. Und nicht diese glattgebügelten Gesichter, die den Weltfrieden zerstören oder damit drohen (Putin, Xi Jinping), diese Autokraten, die auf Rechtsstaatlichkeit pfeifen (Erdogan, Orban), die Vertreter der Terrorregime, die wegsperren, die töten, die quälen (Revolutionsgarden, Taliban). Diesen spaltenden, rechtspopulistischen Trump, der sich als Kettenhund ins Hosenbein der Vereinigten Staaten festgebissen hat.
Mathias Döpfner, der Lästernde. Til Schweiger, der Saufende
Schauen wir auf die Schlagzeilen aus Deutschland. Da geht es meist um Heizungstausch, Energiepreise, Krieg – und Skandale. Und bei denen gibt es einen roten Faden, der mit dem über Ostdeutsche lästernden Medienmogul und Milliardär Mathias Döpfner neulich einen Höhepunkt fand. Seine geleakten Kurznachrichten legten offen, wie er Journalismus für Kampagnen missbraucht.
Lesen Sie auch: Ist Matthias Döpfner Opfer seines Machthungers?
Dann Til Schweiger, Held des deutschen Films, Garant für Kassenschlager („Honig im Kopf“, „Keinohrhasen“, „Manta Manta“ und so was). Er soll ganz schön fies sein, sagten Insider dem „Spiegel“, vor allem wenn er besoffen ist, heißt es.

Diese Woche trifft es noch so einen vermeintlich Begnadeten, dem Mitarbeiter Machtmissbrauch und ein insgesamt übles Verhalten (wieder gegenüber dem „Spiegel“) nachsagen: Christian Jürgens. Das ist der Sternekoch vom Tegernsee, der als Ruhrgebietstellerwäscher startete und sich über Gastronomietempel („Käfer“, Witzigmanns „Aubergine“) hochgearbeitet hat.
Der „Spiegel“ nennt Details, ich lasse sie weg, mir hat das ja niemand persönlich erzählt. Und noch so ein Stern schwindet: Patrick Graichen, Staatssekretär von Robert Habeck. Mit seiner filzigen Familienbande droht er nun, den grünen Wirtschaftsminister mit runterzuziehen.
Patricia Schlesinger zeigt: Frauen können das auch
Ja, stimmt, sind alles Männer, die aus ihrer Machtposition heraus schmuddeln. Doch Frauen, haben sie die Spitze erst mal erreicht, können das auch, wie die Ex-RBB-Intendantin Patricia Schlesinger mit ihrer Selbstbedienungsmentalität unter Beweis stellte.
Offenbar haben Abhängige immer öfter keine Lust mehr, sich Macht, Gier, Vetternwirtschaft, schlechtem Benehmen, Sexismus oder Mobbing zu unterwerfen. Womöglich ist das auch dem Fachkräftemangel geschuldet, der – kombiniert mit einer neuen Einstellung der jungen Generation zur Arbeit – immer mehr Halbgötter wie Schießbuden umfallen lässt.
Bolsonaro: Abgewählt. Trump: Vor Gericht. Erdogan: Verliert vielleicht die Wahl
Ziehen wir nun den Bogen zur großen Politik: Mit ganz viel Optimismus betrachtet sieht es so aus, dass ganze Gesellschaften die Nase voll haben von diesen Typen mit ihren unsauberen Machenschaften. Immerhin wurde Jair Bolsonaro, die brasilianische Trump-Version, abgewählt.
Ob Trump es noch mal schafft mit all seinen Straf- und Zivilprozessen, die ihm drohen, wird unwahrscheinlicher. Erdogan könnte nächste Woche zur Geschichte werden. Und die Mullahs schaffen es trotz Folter, Todesstrafen, Vergiftungen nicht, die Proteste im Iran zu unterdrücken.
Ich blende jetzt mal Putin aus, der zerstört meinen positiven Flow, und komme zurück zu Obama. Dass er als Ex-Präsident Arenen füllt, dass ihm Hunderte Euro gezahlt werden für ein Selfie mit ihm (die Einnahmen seiner Europatour will er der Obama Foundation zukommen lassen, die Benachteiligte fördert), zeigt die Sehnsucht nach Typen wie ihm. Die Frage nach seiner politischen Leistung stellt sich da schon gar nicht mehr. Was auch wieder schlecht ist.
Weitere Frauengold-Kolumnen:
- E-Mobilität: Ich will Hybrid mit Reichweite. Und Ladesäulen!
- Vintage: Meine Miele-Waschmaschine kommt niemals auf den Müll
- Feminismus: Meine Abrechnung mit dem Frauentag
- Fernsehen: Das ZDF will jünger werden – was für ein Quatsch
- Livestyle: Dry January – das ist nur was für Boomer
- Gesundheit: Mit Achtsamkeit total selbstoptimiert ins Burn-out
- Zeitgeist: Wer woke ist, muss gendern
- Gesundheit: Holen wir die Menstruation aus der Tabuzone