Berlin. Brad Pitt ist als Schauspieler Weltstar. Nun versucht er sich an Skulpturen. Was eine Berliner Kunstexpertin über seine Kunst sagt.

Angelina Jolie (47) macht Brad Pitt (58) das Leben zur Hölle – so zumindest seine Sichtweise. In dem Gewirr aus Klagen, Widerklagen und Gegenklagen durchzublicken, mit dem das einstige Hollywoodpaar Nr. 1 seit seiner Trennung 2016 seine Anwälte reich macht, ist kompliziert.

Zuletzt spülte Jolie einen mutmaßlichen hässlichen Vorfall in angenehmer Umgebung aus dem Trennungsjahr wieder hoch: Damals soll ein betrunkener Pitt im Privatjet gegen seine Frau und zwei seiner sechs Kinder hangreiflich geworden sein. Dann ist da noch der ewige Zank um einstige Liebesnest, das südfranzösische Weingut Château Miraval: Ihre Hälfte verkaufte Jolie nun an einen Dritten. Pitt, inzwischen anerkannter Hobbywinzer, schäumte.

Hin und wieder tauchen Frauen an seiner Seite in Klatschmagazinen auf, doch etwas Festes wurde daraus nie. Wenn der Pitt aber von seinen Kumpels erzählt, gerät er ins Schwärmen. „Je älter ich werde, desto mehr Geborgenheit finde ich in Freundschaften“, sagt Brad Pitt jetzt im Interview mit der „Financial Times“. So war es der britische Bildhauer Thomas Houseago (50), der ihn nach der Trennung auffing – und ihn mit in sein Atelier in Los Angeles nahm.

Brad Pitt: In der Männerhöhle die Schmerzen wegtöpfern

Dort töpferte sich Pitt seinen Schmerz weg, bis zu 15 Stunden am Tag. Bildhauer Houseago selbst verarbeitet mit seiner Kunst traumatische Kindheitserlebnisse. Ein weiterer Mann mit einer versehrten Seele stieß zu den beiden: der australische Düster-Indie-Rocker und Dichter Nick Cave (65).

„Trauma und Katastrophe brachte uns zusammen“, sagt Houseago. Das Atelier wurde zum „Safe Space“, zur Männerhöhle, geschützt vor den komplexen Anforderungen einer Liebesbeziehung und einer Familie.

Die drei verwundeten Musketiere schildern geradezu idyllische Tage in einem Haus am See: Cave machte sich morgens in Unterhose einen Kaffee, während Pitt schon auf dem Hocker saß und auf der Gitarre den Cave-Song „Palaces of Montezuma“ klimperte. Dann kam Houseago in seinem Pyjama hineingeschlurft und sagte: „Jungs, ich liebe euch.“ Das nennt man dann wohl eine „Bromance“, Fachbegriff für eine platonische Männerliebe.

Das sagt die Kunsthistorikerin über die Arbeit Brad Pitts

Mann bei der Arbeit: Skulptur von Brad Pitt.
Mann bei der Arbeit: Skulptur von Brad Pitt. © The Sara Hilden Art Museum | The Sara Hilden Art Museum

Wenn Otto Normalmann aus den Trümmern seiner Liebe etwas bastelt, schafft oder gestaltet, fliegt das meist völlig zu Recht irgendwann auf den Müll. Wenn man aber Brad Pitt heißt, landet es im Museum. „We“ heißt die Ausstellung des Künstler-Kumpels-Kollektivs im Sara-Hildén-Museum im finnischen Tampere – für Pitt und Cave das erste Mal, dass sie Kunst ausstellen.

Es ginge ihm um Selbstreflexion, erklärte Pitt bei der Eröffnung, darum, „wo ich in meinen Beziehungen etwas falsch gemacht habe, wo ich mich vertan habe, wo ich mitschuldig bin“. Eine „radikale Selbstbestandsaufnahme“, bei der er „wirklich brutal ehrlich“ mit sich sein wollte. Und so sind seine Werke Kunst gewordener Rosenkrieg.

„Aiming at you“, ich ziele auf dich, heißt das aufwändigste Exponat: eine Gipswand, deren Relief eine wüste Scheißerei zeigt. Seine Haus-Skulpturen aus Holz und Silikon laufen unter dem Dachtitel „Selbstverursachte Schusswunden am Haus“: Das Eigenheim, es ist kein sicherer Ort.

„Gar nicht so schlecht“, fällt das Urteil der Kunstkennerin aus

Sara Hildén, Chefkuratorin des Museums, schätzt die „einfache, starke Botschaft von Liebe, Hoffnung, Freundschaft und Vergebung“. Die drei würden Kreativität feiern, die sich über dunkle Kräfte erhebe. Solche Sätze sind ihr Job. Was aber sagt eine neutrale Kennerin?

Helen Dengler (41) ist Kunsthistorikerin und arbeitet für das berühmte Kunsthaus Boros in Berlin. „Man möchte das ja gerne banal finden, wenn ein Hollywoodstar plötzlich ein ,echter‘ Künstler sein will, aber für einen Hobbykünstler ist das alles gar nicht so schlecht und visuell macht es durchaus was her“, sagt die Expertin.

Auf der Gipswand von Brad Pitt geht es um Kampf

„Inhaltlich wird es dann ein wenig dünn – wobei der Kunstmarkt schon dünnere Bretter gesehen hat! Das eigene Scheitern in Beziehungen darzustellen, indem man im wahrsten Wortsinn die Häuslichkeit beschießt, ist ein wenig kurz gesprungen. Ja, ich verstehe, er selbst ist das Haus, auf das er schießt. Doch die Geschichte dahinter ist schnell auserzählt.“

Bei der Gipswand „Aiming at you ...“ sei die Idee dahinter noch offensichtlicher. „Trotzdem bekommt man – damit es wirklich jeder versteht – den deskriptiven Titel dazu. Sicher ist sicher“, so Dengler. Ihr Fazit: „Brad Pitt beschäftigt sich hier mit Themen, die wir alle aus der persönlichen Erfahrung kennen und die uns deshalb per se interessieren. Er beschreibt diese Zustände allerdings nur, ohne dass er einen wirklichen Erkenntnisgewinn transportiert.“

Das sei solide gemacht und die Themen seien gut. „Doch brutal und radikal ehrlich, wie er sagt? Dafür ist es noch viel zu allgemein.“ Sie fordert: „Brad Pitt, Hosen runter!“Die Ausstellung ist noch bis zum 23. Januar zu sehen.

Der Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.