Todesfall

Wimmelbild-Erfinder: Alfons "Ali" Mitgutsch ist tot

| Lesedauer: 3 Minuten
Tobias Eßer
Alfons "Ali" Mitgutsch ist der Vater der Wimmelbücher. Mit 86 Jahren ist er nun gestorben.

Alfons "Ali" Mitgutsch ist der Vater der Wimmelbücher. Mit 86 Jahren ist er nun gestorben.

Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Seine Bücher haben viele Generationen von Kindern begeistert. Jetzt ist Alfons Mitgutsch im Alter von 86 Jahren in München gestorben.

München. Kinder, die im Freibar zusammen rutschen. Ein Bauernhof mit allerlei Tieren und Erntegeräten. Buntes Treiben auf einem verschneiten Hügel im Parkt. Alfons "Ali" Mitgutsch hat diese und andere Szenen wie kein Zweiter dargestellt und mit Leben gefüllt – mit viel Leben. Ali Mitgutsch war der Erfinder der Wimmelbild-Bücher. Am Montagabend starb der Münchner Künstler. Sein Freund und Biograf Ingmar Gregorzewski bestätigte den Todesfall.

Zwar sind die Auto- und Treckermodelle auf Mitgutschs Bildern mittlerweile veraltet, die Bilder an sich begeistern allerdings auch noch heute Kinder im ganzen Land. Immerhin erschienen die ersten Wimmelbücher des Künstlers vor mehr als 50 Jahren. Die abgebildeten Emotionen und kleinen Szenen sind allerdings auch heute noch aktuell.

Alfons "Ali Mitgutsch: Kindheit im Krieg

Mitgutschs Kindheit war zunächst vom Zweiten Weltkrieg geprägt. Sein großer Bruder starb als Soldat an der Ostfront. Als der Krieg Deutschland und damit auch München erreichte, floh Mitgutsch mit seiner Familie aufs Land. Dort wurde er von seinen Mitschülerinnen und Mitschülern gehänselt – und flüchtete sich in lange Spaziergänge, wie er in einem Interview mit der dpa erzählte: "Ich wanderte durch die Auen und den Wald allein und träumte mir die Abenteuer, die ich in Wirklichkeit nicht erlebt habe, weil ich keine Freunde hatte".

Auch nach dem Krieg besserte sich die Situation der Familie nicht wirklich. Alfons Mitgutsch und seine Geschwister spielten in der zerbombten Stadt und erkundeten die Ruinen des Dritten Reichs, zum Beispiel die zerstörte Gestapo-Zentrale in München. Die Geschichten seiner Mutter halfen Mitgutsch durch diese schwere Zeit, schrieb der Künstler in seinen Kindheitserinnerung: "Sie hüllte uns regelrecht ein mit ihren Worten, und wir gaben uns ihnen ganz und gar hin und fühlten uns darin geborgen".

Wimmelbücher: Inspiriert vom Riesenrad

Die Inspiration für die Wimmelbilder fand Mitgutsch in seiner Umgebung, etwa dem Riesenrad auf dem Münchner Jahrmarkt Auer Dult. Der junge Alfons war fasziniert von den vielen Szenen, die sich ihm aus der Gondel des Fahrgeschäfts offenbarten: "Es waren Bilder mit vielen Details, es passierte so viel gleichzeitig, die Geschichten gingen nicht aus: Menschen liefen über den Platz, kamen zu Gruppen zusammen, lösten sich wieder auf, Kinder jagten hintereinander her, Karren wurden gezogen, eine Frau sammelte ihren Einkauf vom Pflaster und ein Junge kletterte einen Laternenpfahl hinauf".

Das Riesenrad findet sich auch im ersten Wimmelbuch "Rundherum in meiner Stadt" von 1968. "Die Aufsicht auf Dinge und Situationen blieb für mich ein Leben lang ein spannendes Thema: Sie wurde die Perspektive all meiner Wimmelbilder." Mehr als 70 Bücher, Poster und Puzzles entstanden, darunter viele Wimmelbücher. Allein in Deutschland wurden mehr als fünf Millionen Bücher verkauft, im Ausland mehr als drei Millionen.

Mit seinen bunten Bildern wollte Mitgutsch die Fantasie von Kindern anregen. Viele Szenen in den Büchern lassen sich weiterdenken und zu eigenen kleinen Geschichten entwickeln. Und das war von Mitgutsch so gewollt: "Meine Wimmelbücher sind gemacht, um die Kinder in die Gärten der Fantasie zu führen, dass sie selber weitermachen." (mit dpa)