Berlin. Das Fest der Liebe steht vor der Tür, die Arbeitswelt der meisten Menschen kommt langsam zur Ruhe, und die Inzidenzen in der Corona-Pandemie sinken von Tag zu Tag. Eigentlich könnte man zum Jahresende etwas durchatmen, wäre da nicht Omikron. Die „Monsterwelle“, die „Wand“, der „ultimative Belastungstest“ für unsere Kliniken und Intensivstationen.
Der neue Expertenrat arbeitet schon an Empfehlungen zu kurzfristigen Kontaktbeschränkungen, so hört man. Dieses Weihnachten könnte also leider wieder sehr still werden.
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Warnungen und Mahnungen werden im Ton immer drastischer
Die Warnungen und Mahnungen sowohl von echten Experten als auch von selbst ernannten Corona-Durchblickern werden im Ton immer drastischer, und ihre Absicht ist klar und durchaus verständlich: Auch der letzte Impfzauderer soll endlich an die Spritze. Wie schlimm Omikron in Deutschland wirklich wird, bleibt aber abzuwarten.
Über die hohe Ansteckungsgefahr wissen wir schon viel, weniger aber über den zu erwartenden Verlauf der Krankheit. Erste Studien sprechen davon, dass sich die Omikron-Viren in den Bronchien deutlich stärker vermehren als in der Lunge. Was daraus folgt, ist schwer abschätzbar. Auch Epidemiologen lagen in Voraussagen schon gewaltig daneben.
Vernunft, Rücksicht und ein umsichtiger Umgang
Grundsätzlich ist es sicher richtig – Omikron hin oder her – sich maximal vernünftig zu verhalten, um sich, andere und das Personal in den Kliniken zu schützen. Denn eines ist sicher: Wer glaubt, dass allein die offiziellen Corona-Regeln schützen, der irrt. Zur pandemischen Gefahrenabwehr gehören auch Vernunft, Rücksicht und ein umsichtiger Umgang mit der Seuche und ihren Regeln.
Auch im zweiten Corona-Winter wird den Bürgerinnen und Bürgern erneut eine ganze Reihe von Maßnahmen zugemutet, die manchmal eher willkürlich als logisch erscheinen. Dabei entscheiden sie, ob Menschen pleitegehen oder die Pandemie wirtschaftlich überleben. Lesen Sie hier: Corona - Omikron zwingt Nachbarländer in den Lockdown
Auch auf eigene Vorsichtsmaßnahmen setzen
Warum darf sich zum Beispiel in der Hauptstadt der Ungeimpften in einer Parfümerie ins Gedränge stellen oder in der Zoohandlung Katzenstreu kaufen, während der Möbelhändler oder das Modehaus alle Ungeimpften abweisen muss?
Ein anderes Beispiel: Wer als Reisender in München am Flughafen landet, flog im voll besetzten Flugzeug Schulter an Schulter mit seinen Sitznachbarn nach der 3G-Regel. Will der Reisende am Flughafen im fast leeren Restaurant noch etwas essen, gilt die 2G-Regel, und man landet als Ungeimpfter vor der Tür. Niemand versteht eine solche Priorisierung, und dem Virus ist ohnehin egal, wo es auf seinen Wirt trifft.
Natürlich müssen alle Bestimmungen eingehalten werden, nur so funktioniert unsere Gesellschaft. Aber außer auf diese Verordnungskakophonie sollten Bürgerinnen und Bürger auch auf eigene Vorsichtsmaßnahmen und Klugheit setzen. Schließlich ist nicht alles, was erlaubt ist, ungefährlich. Und nicht alles Verbotene war wirklich gefährlich – wie das kurze Ausruhen auf der Bank im Park.
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Nicht jeden Urlauber pauschal verunglimpfen
Und natürlich sollten Skiurlauber jetzt nicht die stickigen Hütten stürmen und versuchen, mit Geselligkeit und Zirbenschnaps das Virus zu bekämpfen. Wer aber einsam in der Natur mit seiner Brotzeit im Rucksack auf Skitour geht, trifft auf vieles, aber bestimmt nicht auf das Virus.
Jeden Urlauber also pauschal als unverantwortlich zu verunglimpfen, wird der Sache nicht gerecht und steigert in der Bevölkerung das Gefühl der Gängelung. Es ist dieser absolute Ansatz, dieser Versuch, wirklich alles mit Regeln zu erfassen, der grundsätzlich vernünftigen Menschen das Leben in der Pandemie so verwirrend und anstrengend macht.