Berlin. Seit einigen Tagen sinkt die Sieben-Tage-Inzidenz in vielen Bundesländern. Auch bundesweit verlangsamt sich die Ausbreitung des Coronavirus – zumindest, wenn man nur auf die Fallzahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) guckt. Die Inzidenz in Deutschland insgesamt sank im Vergleich zum Vortag von 123 auf 110,1. Im Februar war dieser Wert zwischenzeitlich auf unter 60 gefallen, bevor er wieder deutlich anstieg. Vor einer Woche hatte die Inzidenz bei 132,2 gelegen.
Sinkende Inzidenzen – das klingt erst einmal nach einem guten Trend. Doch der Schein trügt: Durch die Osterfeiertage ist laut RKI ein gewaltiger Meldeverzug in einem Großteil der deutschen Landkreise und Kommunen entstanden.
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Corona-Fallzahlen: RKI rechnet mit deutlichem Meldeverzug durch Osterfeiertage
Nach RKI-Annahmen werden derzeit aufgrund von Urlaub und geschlossenen Praxen gegebenenfalls noch mal etwas weniger Tests als vor den Ferien durchgeführt. Zudem sei es möglich, dass dass nicht alle Gesundheitsämter und zuständigen Landesbehörden an allen Tagen Daten an das Institut übermittelt haben.
Das RKI geht davon aus, dass die Testhäufigkeit erst nach den Osterferien, also in den meisten Bundesländern nach dem kommenden Wochenende, wieder auf einem mit den Vorwochen vergleichbaren Niveau liegt. „Sichere Aussagen zur Infektionsdynamik sind eher im Wochenvergleich möglich“, heißt es im Situationsbericht des RKI.
Nachmeldungen könnten die Corona-Statistik für mehrere Tage verzerren
So liegt aktuell beispielsweise auch der R-Wert unter 1 – es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass dies eine Folge des Meldeverzugs ist. So registrierte das RKI am Ostermontag zwar 6.885 Corona-Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Doch nach Recherchen von „Zeit Online“ meldeten nur 234 von 401 Kreisämtern an diesem Tag Daten an die Behörde. Am Ostersonntag waren es nur 196.
Inwiefern Nachmeldungen in den kommenden Tagen die Fallzahlen weiter nach oben treiben werden, ist noch nicht absehbar. Besonders hohe Tageswerte, die in der Statistik des RKI einen Ausreißer darstellen würden, könnten also auch durch den Meldeverzug entstehen. Es ist daher davon auszugehen, dass die Daten noch bis in die nächste Woche hinein verzerrt und damit nicht belastbar sind.
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Merkel will kurzen Lockdown – wegen Lage in den Krankenhäusern
Das kommt für politische Entscheidungen ungelegen, gerade jetzt, wo die Diskussionen um die richtige Strategie gegen die dritte Welle noch einmal deutlich an Fahrt aufgenommen haben. Die Rufe nach einem kurzen, konsequenten und bundesweit einheitlichen Lockdown zum Brechen der dritten Corona-Welle werden seit Tagen lauter, zuletzt durch die medienwirksame Forderung Armin Laschets (CDU), einen „Brücken-Lockdown“ durchzusetzen.
Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) befürwortet einen solchen Schritt, wie Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch in Berlin deutlich machte. Auf die Frage, wie die Kanzlerin den Vorstoß des CDU-Vorsitzenden und NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet für einen Brücken-Lockdown findet, antwortete die stellvertretende Regierungssprecherin, es gebe im Moment bei den Corona-Neuinfektionen keine gute Datenbasis. Die Zahl der belegten Intensivbetten spreche aber eine sehr deutliche Sprache. „Deswegen ist auch jede Forderung nach einem kurzen einheitlichen Lockdown richtig.“
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Dritte Corona-Welle: Zahl der freien Intensivbetten sinkt dramatisch
Tatsächlich ist die Lage in den Krankenhäusern zunehmend dramatisch: Die Zahl der freien Intensivbetten sank zuletzt auf 3105 (Stand 7. April). Das ist die höchste Belegung der Intensivstationen in Deutschland seit Beginn der Pandemie. Im Vergleich zur Vorwoche nahm die Zahl der Patienten über 20 Prozent zu. Allein in Berlin sind nur noch 97 Intensivbetten unbelegt.
Wer in den kommenden Tagen fundiert über die Infektionslage urteilen will, sollte den Blick also nicht auf das Dashboard des RKI, sondern das Intensivbettenregister richten. Hier macht sich laut RKI-Bericht die dritte Welle deutlich bemerkbar: „Momentan ist ein erneuter Anstieg der Anzahl hospitalisierter Fälle zu beobachten, der sich eventuell noch verstärkt, da Fälle häufig erst ein bis zwei Wochen nach Diagnose hospitalisiert werden und mit entsprechenden Nachübermittlungen gerechnet werden muss.“
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(mit dpa)