Berlin. Vom Busfahrer-Sohn zum „Boss“ der Rockmusik: Bruce Springsteen galt als die „Zukunft des Rock’n’Roll“ – jetzt feiert er 70. Geburtstag.
Geschätztes Vermögen: 460 Millionen Dollar. Die Wohnsitze: Anwesen in New Jersey, Florida und Beverly Hills, die jeweils so groß sind, dass sie ihre eigene Postleitzahl verdienen. Anzahl der Grammy-Trophäen: 20. Und trotzdem würde Bruce Springsteen absolut überzeugend wirken als der Typ, der einem in einer Vorortwerkstatt erklärt, dass die Stoßdämpfer mal dringend erneuert werden müssen.
Dem Rockmusiker mit dem Arbeiterklasse-Nimbus nimmt man seine „Ich bin einer von euch“-Attitüde ab – auch nach 45 Karrierejahren. Am Montag wird der beneidenswert durchtrainierte „Boss“, wie man ihn mit der richtigen Mischung aus Liebe und Respekt nennt, 70 Jahre alt.
Kritiker bejubeln sein 19. Album

Gefeiert wird Springsteen schon seit Wochen euphorisch. Kritiker bejubeln sein 19. Studioalbum „Western Stars“. Es ist ein Album wie ein Roadmovie, in dem der leidenschaftliche Autofahrer melancholische Geschichten aus den endlosen Weiten Amerikas erzählt – von der Mitte und manchmal auch vom Abseits seines Landes. Springsteen schaffte es damit auf Platz eins der deutschen Charts.
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Zeitgleich eroberte „Blinded by The Light“ die Kinos. Der Film ist eine Hommage an den Boss und erzählt die Geschichte seines größten Fans, einem jungen Einwanderer im London der 80er-Jahre, dem die Songs seines Idols Halt geben.
Traurige Lieder, aber frei von Kitsch
Sowieso ist Springsteen längst ein Volksheld. Er gilt als uramerikanisch, obwohl er immer wieder die Risse der Nation beleuchtet: Seine Lieder sind traurig, aber frei von Kitsch. Sie sind wütend, aber frei von Rachsucht. Exemplarisch dafür steht sein wohl bekanntester Hit: „Born in The USA“ (1984) handelt von einem gebrochenen Vietnamveteranen, wurde aber zur patriotischen Hymne umgedeutet.
Der Song machte Springsteen auch international zum Superstar – Höhepunkt eines gelebten „American Dream“. „Ich komme aus einem Küstenstädtchen, in dem fast alles einen Anschein von Lug und Trug hat – genau wie ich“, beginnt er seine 2016 erschienene Autobiografie „Born to Run“.
Liebloser Vater, engagierte Mutter

Arm und katholisch ist sein Elternhaus in New Jersey. Sein liebloser Vater ist mal Busfahrer, mal Wachmann, mal arbeitslos. Gefördert wird der kleine Bruce von seiner Mutter, einer Sekretärin. Als er 13 ist, schenkt sie ihm für 18 Dollar eine Gitarre. „Die Gitarre ist das Werkzeug, mit dem ich versuche, der Welt einen Sinn zu geben“, sagte er einmal, „sie ist für mich eine Art Schutzengel.“
Springsteen spielt in örtlichen Bands und erhält bald seinen Beinamen „The Boss“, weil er seine geringe Gage so gerecht mit allen Musikern teilt. „Es loderte ein Feuer in mir“, sagte er. Und dieses Feuer fiel auch dem Musikjournalisten Jon Landau auf. „Ich sah die Zukunft des Rock ’n‘ Roll, und sie heißt Bruce Springsteen“, schrieb er 1974 in einer Konzertkritik.
„Stadionrock“ für 160.000 Zuschauer
Landau wurde Springsteens Manager. Ein Jahr später gelingt dem Sänger mit dem Album „Born to Run“ den Durchbruch – es gilt heute als eine der besten Rockplatten aller Zeiten. In den folgenden Jahren werden Titel wie „Hungry Heart“, „Dancing in the Dark“ und „I‘m on Fire“ Klassiker, auch weil sich ihre Refrains so schön mitgrölen lassen.
„Stadionrock“, spötteln Kritiker, aber vor Hunderttausenden textsicheren Fans in Arenen aufzutreten, kann ja nichts Schlechtes sein. Sein Konzert am 19. Juli 1988 in Ost-Berlin mit 160.000 Zuschauern gilt als das größte Musikereignis der DDR. Nebenbei macht er den „Double Denim“-Look populär: Jeansweste zu Jeanshose. Eine Kombination, die nach Meinung mancher Modeexperten der Boss tragen kann – und bitte niemand sonst.
Kampf gegen Depressionen
In den 1990er-Jahren wird es ruhiger um ihn, einzig sein Song „Streets of Philadelphia“ aus dem Aids-Drama „Philadelphia“ schafft es an die Chartspitze. Ab den Nullerjahren landet wieder fast jedes seiner Alben auf Platz eins.
- Hintergrund:
Broadway-Debüt von Bruce Springsteen

1991 heiratet er Patti Scialfa, Backgroundsängerin in Springsteens E Street Band. Die beiden bekommen drei Kinder, Tochter Jessica (27) wird erfolgreiche Springreiterin. Seine Frau hilft ihm in seinem Kampf gegen Depressionen. Seine Angst: „Kann ich so krank werden, dass ich wie mein Vater werde?“
Politisch hält Springsteen sich nie zurück. Er steht für das „gute“ Amerika. „Wir sind an eurer Seite. Wir sind der neue amerikanische Widerstand“, ruft er seinen Fans nach der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten zu. Trumps Vorgänger Barack Obama hatte noch eine klare Meinung zu dem Musiker: „Ich bin der Präsident, aber er ist der Boss.“
- Hintergrund: Obama überreicht dem Boss die Freiheitsmedaille