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Geiselnahme am Kölner Hauptbahnhof – Was wir bislang wissen

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Geiselnahme am Kölner Hauptbahnhof beendet

Geiselnahme am Kölner Hauptbahnhof beendet

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Ermittler schließen einen terroristischen Hintergrund bei der Geiselnahme in Köln nicht aus. Was ist am Hauptbahnhof genau passiert?

Köln.  Ein bewaffneter Täter zündete einen Molotowcocktail im Schnellrestaurant und verschanzte sich dann mit einer Geisel in der Apotheke. Nach den dramatischen Stunden im Kölner Hauptbahnhof am Montag mit vier Verletzten prüfen die Ermittler unter anderem einen möglichen terroristischen Hintergrund der Taten. Inzwischen hat die Generalbundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Was ist genau passiert?

Ein Mann hatte am Montagmittag in der Filiale eines Schnellrestaurants einen Molotow-Cocktail gezündet. Wahrscheinlich hat die dadurch ausgelöste Sprinkleranlage mit ihren Wassermassen den Täter dazu veranlasst, das Schnellrestaurant zu verlassen. Er verschanzte sich daraufhin in der gegenüberliegenden Apotheke. Dort nahm er eine Frau als Geisel.

Der Bahnhof wurde komplett gesperrt. Alle Züge wurden weiträumig umgeleitet oder endeten vorher. Die Polizei konnte Kontakt zu dem Mann aufnehmen. Der Mann verlangte freien Abzug, einen Koffer sowie eine Reisetasche, die er zuvor vor dem Schnellrestaurant deponiert hatte. Ein Spezialeinsatzkommando bereitete den Zugriff vor und drang nach Stunden der Anspannung schließlich gegen 14.45 Uhr in die Apotheke ein.

Wer wurde verletzt?

Der Geiselnehmer wurde beim Zugriff der Polizei durch mehrere Schüsse schwer verletzt. Er musste vor Ort wiederbelebt und im Krankenhaus notoperiert werden. Inzwischen ist er nicht mehr in Lebensgefahr, liegt aber auf der Intensivstation.

Die Geisel erlitt leichte Verletzungen und einen Schock. Außerdem war ein 14-jähriges Mädchen durch den Brandsatz im Schnellrestaurant verletzt worden. Die 14-Jährige erlitt schwere Brandverletzungen.

Augenzeugen berichten dem „Kölner Stadtanzeiger“, das Mädchen sei nach draußen gerannt. Seine Schuhe brannten. „Die Flammen wurden schnell größer und schlugen dem Mädchen bis zur Hüfte“, so die Augenzeugin. Passanten gelang es, der 14-Jährigen die Schuhe abzustreifen und die Flammen zu löschen. Das Mädchen wurde ins Krankenhaus gebracht.

Ein weiteres Opfer, eine Kundin im Schnellrestaurant, wurde mit Verdacht auf Rauchvergiftung behandelt.

Was ist über den Geiselnehmer bekannt?

Er ist nach Polizei-Angaben ein 55 Jahre alter anerkannter Flüchtling aus Syrien, der 2015 nach Deutschland kam. Er lebte in einer Wohnung in einer Flüchtlingsunterkunft im Kölner Stadtteil Neuehrenfeld. Aufgrund psychischer Probleme konnte er nicht arbeiten. Seine Frau lebt noch in Syrien, Sohn und Bruder sind in Deutschland.

Der Syrer ist für die Polizei kein Unbekannter: Seit 2013 ist der Mann selbst 13-mal straffällig geworden, unter anderem wegen eines Rauschgiftdelikts, wegen Betrug, Ladendiebstahl und Hausfriedensbruch.

Was ist über den Hintergrund bekannt?

Die genauen Hintergründe der Tat sind bislang unklar. Die Polizei schließt einen Terroranschlag aber nicht aus. Inzwischen ermittelt die Generalbundesanwaltschaft.

Der Mann war nach Angaben der Ermittler mit Gaskartuschen und Brandbeschleuniger bewaffnet. Passanten zufolge soll er gerufen haben, er würde zur Terrorgruppe „Daesh“ gehören. „Daesh“ ist der arabische Name für die Terrormiliz „Islamischer Staat“. Zudem soll der Mann die Freilassung einer inhaftierten Tunesierin gefordert haben. Weitere Hinweise dazu gibt es aber nicht. Die Polizei bittet Zeugen um Fotos und Videos.

Polizei setzt mit Spezialkräften Geiselnahme in Köln ein Ende
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Welche Auswirkungen auf den Bahnverkehr gab es?

Der Kölner Hauptbahnhof gehört zu den meistfrequentierten Bahnhöfen in Deutschland. Der Schienenknotenpunkt liegt im Stadtzentrum direkt neben dem Kölner Dom. Täglich durchströmen ihn rund 1300 Züge, bis zu 280.000 Reisende kommen hier auf elf Gleisen an oder fahren ab.

Kunden, die bis Montagabend nicht weitergekommen seien, hätten Taxi- und Hotel-Gutscheinen bekommen. Insgesamt seien mehrere Hundert Gutscheine ausgeteilt worden, hieß es bei der Bahn.

Nach der kompletten Sperrung am Montag sollte der Bahnverkehr bereits am Dienstag wieder recht reibungslos laufen, hieß es am Dienstag bei der Bahn. Der Nah- und Regionalverkehr sollte laut Bahn planmäßig fahren. Im Fernverkehr waren noch Verzögerungen und Ausfälle zu erwarten. (sh/dpa/jkali)