Nantes

Nantes erlebt heftige Krawallnacht

| Lesedauer: 2 Minuten

Ausschreitungen in Frankreich nach tödlichem Polizeischuss auf jungen Autofahrer

Nantes. Brennende Verwaltungsgebäude, Angriffe auf Sicherheitskräfte: Schwere Unruhen erschüttern seit Tagen die westfranzösische Stadt Nantes. Auslöser sind tödliche Schüsse eines Polizisten auf einen 22-Jährigen. In der Nacht zum Sonnabend erreichten die Proteste einen neuen Höhepunkt. Laut der Nachrichtenagentur AFP brannten Dutzende Autos in verschiedenen Stadtvierteln. Die Polizei wurde von aufgebrachten Randalierern mit Brandsätzen beworfen und setzte Tränengas ein. Schon in den drei vorherigen Nächten war es zu gewaltsamen Ausschreitungen gekommen. Auch das Auto der Bürgermeisterin Johanna Rolland wurde angezündet.

Der Polizist, der den 22-Jährigen erschossen hatte, hat mittlerweile Falschangaben eingeräumt. Der Beamte erklärte über seinen Anwalt, er habe den Mann versehentlich erschossen. Seine zuvor präsentierte Version, aus Notwehr geschossen zu haben, sei eine Lüge gewesen. Der Schuss traf den Autofahrer am Dienstagabend bei einer Kontrolle am Hals. Die Justiz leitete gegen den Polizisten ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung mit Todesfolge ein.

Der 22-Jährige war per Haftbefehl gesucht worden und hatte gegenüber den Polizisten laut Staatsanwaltschaft eine falsche Identität angegeben. Dann soll er den Anschein erweckt haben, sich der Kontrolle entziehen zu wollen. Nach Schilderung des Beamten fiel der Schuss, als er das Fluchtmanöver stoppen wollte und dafür ins Auto griff. Ursprünglich hatte er den Vorfall gegenüber den Ermittlern anders geschildert, wie sein Anwalt zugab. Der Polizist habe sich in eine Erklärung geflüchtet, die aus seiner Sicht einen respektablen Rahmen für den Schuss bot.

Frankreichs Polizei ist seit der Anschlagsserie überlastet

Der Beamte wurde wegen des Verdachts auf Körperverletzung mit Todesfolge in Gewahrsam genommen. Bei einem Gedenkmarsch für den Getöteten beteiligten sich laut einem Bericht der Regionalzeitung „Ouest-France“ mehr als 1000 Menschen. Premierminister Édouard Philippe hat „größte Transparenz“ bei der Untersuchung des Vorfalls versprochen.

Frankreichs Polizei gilt wegen der Terroranschläge mit mehr als 240 Toten seit Januar 2015 als überlastet. Zudem sehen sich viele Polizisten zunehmenden Attacken in Vorstädten ausgesetzt. Bewohner der Banlieues werfen den Beamten ihrerseits brutale Methoden vor.

( Joe )