Duisburg. Die aufgeschlagene TV-Zeitschrift auf dem Wohnzimmertisch stammte vom Mai 2015. Dies war für die Polizei nur ein Indiz dafür, wie lang die stark verweste und teils skelettierte Leiche eines Rentners unentdeckt in der Wohnung eines Mehrfamilienhauses in Marxloh gelegen hatte.
Handwerker fanden die sterblichen Überreste des Mannes am 16. Januar 2018 – also fast drei Jahre nach dem vermutlichen Todeszeitpunkt. Bei der kurz darauf durchgeführten Obduktion stellte sich heraus, dass er kein Opfer eines Gewaltdeliktes war. „Wir gehen von einer natürlichen Todesursache aus“, erklärte Polizeisprecher Ramon van der Maat.
Toter hatte keine Angehörigen
Die Frage, die alle umtreibt, lautet natürlich: Wie kann der Tod eines Menschen derart lang unentdeckt bleiben? „Nach unseren bisherigen Ermittlungen hat der Mann, der zum vermutlichen Todeszeitpunkt 73 Jahre alt war, keine Angehörigen“, so der Polizeisprecher am Mittwoch.
In dem Mehrfamilienhaus sei er der letzte verbliebene deutsche Staatsbürger gewesen, ansonsten würden dort laut van der Maat ausschließlich bulgarische Familien leben. Kontakt untereinander gab es offensichtlich nicht. Dafür sei die Mieterfluktuation im Haus laut Polizei recht hoch.
Verwesungsgeruch fiel offenbar niemandem auf
Dennoch ist es kaum zu erklären, warum kein Einziger der Nachbarn den Verwesungsgeruch, der dort spätestens ab Ende Mai 2015 durchs Haus gezogen sein muss, bemerkt und anschließend bei der Polizei oder beim Vermieter gemeldet hat.
Ein Kuriosum: Vor einigen Wochen waren bereits Handwerker in der Wohnung. Sie hatten die verweste Leiche damals aber nicht entdeckt. Ihr Job: Sie sollten im Auftrag des Vermieters – einer Wohnungsbaugesellschaft – die Schlösser austauschen. Denn im Januar 2016 hatte es eine Mieterhöhung gegeben. Weil der Mieter die neuen Zahlungsforderungen aber fast zwei Jahre ignoriert hatte, ließ der Vermieter das Schloss an der Wohnungstür austauschen. Erst der Handwerkertrupp, der einige Wochen später die Wohnung ausräumen und renovieren sollte, machte dann den grausigen Fund.
Der Alleinstehende hatte laut Polizei von seiner Rente und monatlichen Sozialleistungen gelebt. Von der Stadt Duisburg bezog er etwa Wohngeld. Keiner der betroffenen Behörden war es in diesem langen Zeitraum aufgefallen, dass der Mann verstorben war.
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