Es ist die größte Evakuierung nach 1945: In Koblenz muss eine 1,8-Tonnen-Bombe entschärft werden. Komplette Krankenhäuser werden verlegt und künstliche Dämme gebaut.

Vor der großen Bombenentschärfung in Koblenz haben Helfer den Bau eines provisorischen Damms um die Luftmine im Rhein größtenteils abgeschlossen. „Wir haben die Mine umschlossen“, sagte Thomas Weckop vom Wasser- und Schifffahrtsamt Bingen.

Große Sandsäcke – sogenannte „Big Bags“ – seien nun u-förmig um das explosive Überbleibsel aus dem Zweiten Weltkrieg gelegt. Am Sonntag soll die riesige Fliegerbombe entschärft werden, Zehntausende müssen deshalb stundenlang ihren Wohnungen fernbleiben.

Teilweise rage der Damm einen Meter aus dem Wasser, sagte Weckop. Am Freitag soll testweise das Wasser aus dem Raum zwischen den Säcken gepumpt werden. Die Bombe kann nur dann entschärft werden, wenn sie im Trockenen liegt.

In Bingen entdeckten derweil Mitarbeiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes nahe des Mäuseturms im Rhein im Schlick eine weitere Bombe, sie sich aber als harmlos herausstellte.

Es habe sich um eine 50 Kilogramm schwere US-Fliegerbombe gehandelt, sagte ein Polizeisprecher. „Die Zünderplatte mit dem Zünder war aber nicht mehr vorhanden, so dass keine Gefahr gegeben war.“

Der Kampfmittelräumdienst habe die rund 50 Zentimeter lange Bombe aus dem Wasser geholt und abtransportiert. Straßen oder den Schiffs- und Bahnverkehr musste die Polizei in Bingen nicht sperren.

Ganzes Krankenhaus wird verlegt

Etwa 70 Kilometer rheinabwärts in Koblenz soll die Verlegung von stationär untergebrachten Patienten in zwei Krankenhäusern der Sperrzone am Samstag anlaufen, wie die Stadt mitteilte. Bereits am Vortag hatten Helfer damit begonnen, erste Patienten aus Intensivstationen zu verlegen.

Unterstützt wird die Aktion auch vom Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz. Dieses werde insgesamt neun Patienten aus Intensivstationen sowie rund 70 stationär untergebrachte Kranke und 70 weitere pflegebedürftige Menschen aufnehmen, teilte das Sanitätskommando der Bundeswehr in Diez mit. Die Zahl der Ärzte im Bereitschaftsdienst werde für dieses Wochenende verdoppelt.

Schwimmkran „Atlas“ als Wellenbrecher

Experten versicherten derweil, dass von der großen Luftmine im Rhein bei Koblenz vor der Entschärfung keine Gefahr ausgeht. „Die Bombe liegt stabil“, sagte Feuerwehrsprecher Norbert Gras. Der Uferabschnitt auf Höhe der 1,8 Tonnen schweren britischen Bombe sei abgesperrt. „Außerdem müssen Schiffer die Stelle langsam passieren, damit es keinen Sog oder Wellenschlag gibt“, sagte Gras.

Der Schwimmkran „Atlas“ liege darüber hinaus vor der Bombe und halte Wellen ab. „So sicher hat die Bombe wohl seit ihrem Abwurf nicht gelegen.“

Der Kampfmittelräumdienst gehe bisher von einer problemlosen Entschärfung am Sonntag aus. „Die Zünder sind in einem relativ guten Zustand“, sagte Gras. Da die Bombe aus Stahl und die Zünder aus Messing seien, dürfte es auch keine Probleme mit Korrosion geben.

Größte Evakuierung nach dem Zweiten Weltkrieg

Bislang ist vorgesehen, am Sonntag um 15 Uhr mit der Entschärfung dieser Bombe sowie einer kleinere US-Bombe und eines Nebelfasses zu beginnen.

Zuvor müssen bis 9 Uhr rund 45.000 Menschen in einer Sperrzone im Umkreis von 1,8 Kilometern zu dem Überbleibsel aus dem Zweiten Weltkrieg ihre Häuser räumen. Es ist die größte Evakuierung wegen einer Bombenentschärfung nach dem Zweiten Weltkrieg.

Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) appellierte unterdessen an die Bevölkerung, sich von der Bomben-Fundstelle in Koblenz fernzuhalten. „Es darf nicht sein, dass sogenannte Katastrophentouristen sich und andere in Gefahr bringen“, sagte der Minister laut einer Mitteilung in Mainz.