Weltumsegler Bodo Rufenach ist offenbar von Bord seiner Yacht gespült worden. Der 57 Jahre alte Oberpfälzer ist seit 2008 mit der “Balu“ unterwegs.
Seine Yacht hat Bodo Rufenach „Balu“ getauft: Wie der Bär aus dem „Dschungelbuch“ wollte es der 57-jährige Oberpfälzer auf seiner achtjährigen Weltumseglung gemütlich angehen lassen. Doch seit Sonntag ist der Skipper verschollen. Sein letztes Lebenszeichen war ein Eintrag in seinem Online-Logbuch am 8. Januar. Seine Position: 101 Seemeilen östlich vor Martinique.
In der Karibik herrscht hektische Betriebsamkeit, seit das Schiff „Makanikai“ die „Balu“ verlassen, aber mit gesetzten Segeln bei St. Lucia auffand. Die Gendarmerie Nautique schickte mehrere Helikopter und Propellerflugzeuge in das betroffene Seegebiet. Viertelstündlich geht die Suchmeldung über den Funk. Es ist Hochsaison in der Karibik – daher liegt die ganze Hoffnung der Familie Rufenachs nun auf der Aufmerksamkeit der Segler.
Mühsam versucht Thomas Rufenach von seinem Büro in der Pfalz aus das Rätsel um seinen verschwundenen Bruder zu lösen. Vom deutschen Konsulat auf Martinique erfuhr er, dass Bodo Rufenach vermutlich in der Nacht vom 8. auf den 9. Januar gegen vier Uhr morgens beim Versuch, die Kühlwasserpumpe zu reparieren, über Bord ging.
Eine Welle, eine zehntel Sekunde Unaufmerksamkeit – und der erfahrene Bootsfahrschulbetreiber aus Kümmersbruck bei Nürnberg könnte ins 28 Grad warme Meer gespült worden sein. Jeder Versuch, wieder auf die „Balu“ zu gelangen, dürfte zum Scheitern verurteilt gewesen sein – die von einem Autopiloten gesteuerte Stahlyacht tuckerte einfach weiter.
„Wir wissen nicht, wo Bodo über Bord ging“, sagte sein Bruder Thomas Morgenpost Online. Seine Hoffnung: dass es bei einem Wendemanöver beim Einfahren in eine Bucht passierte. „Vielleicht ist er dann gar nicht weit weg vom Festland.“
Ohne Risikobereitschaft könne man eine solche Tour gar nicht starten, sagte Bodo Rufenach beim Start seines Abenteuers im August 2008 im Nürnberger Hafen. Dennoch wollte er nie ungesichert an Deck gehen. Deshalb reagierte der Bruder verhalten erleichtert, als ihm das Konsulat mitteilte: „Man hat an Bord keine Rettungsweste gefunden und hofft somit, dass Ihr Bruder diese am Körper trägt.“ Als ehemaliger DLRG-Rettungsschwimmer müsste Bodo Rufenach durchtrainiert genug sein, um eine wenige Seemeilen entfernte Insel schwimmend zu erreichen.
Eine andere Hoffnung zerschlug sich jedoch, als die „Balu“ in den Hafen von Le Marin geschleppt und eingehend untersucht worden war: Das Rettungsboot wurde unter Deck aufgefunden. Hier fanden sich auch Anhaltspunkte dafür, was in den Sekunden vor dem Unglück an Bord geschah.
Auszug aus dem Protokoll des deutschen Konsulats: „Ihr Bruder hatte wohl Motorprobleme …, und es sieht so aus, als sei er über Bord gegangen, während er im hinteren Teil des Bootes nach Werkzeug suchte, um ein Teil aus dem Motor zu reparieren.“ Das Werkzeug lag noch ausgebreitet an Deck herum.
Dass es unruhige Stunden waren, darauf deutet schon Bodo Rufenachs letzter Blog-Eintrag (balu-auf-reisen.de/blog) vom 8. Januar hin. 28 Tage nach Beginn seiner Karibik-Überfahrt war er offenbar nur knapp der Kollision mit einem anderen Schiff entkommen. „Bei einer Distanz von 300 Metern fahre ich ein Manöver des letzten Augenblicks.“
Der Kapitän habe die ganze Zeit seinen Kurs beibehalten. „Ich werde mal sehen, dass ich die Reederei des Fahrzeugs herausbekomme, und mich dann schriftlich beschweren.“ Den Rest der Nacht habe er nur schlecht schlafen können.
In den Tagen zuvor schien Bodo Rufenach trotz immer wieder ins Cockpit schießender Wellen seinen Traum von Segler-Glück gefunden zu haben. Er schrieb, wie er im Schein der untergehenden Sonne sein Feierabendbier genoss und dass er am Heiligabend eine Kerze anzündete und Weihnachtslieder sang.
Über Satellitentelefon und den von einem Windrad mit Energie versorgten Computer hielt er Freunde und Familie auf dem Laufenden. Soweit er es selbst in der Hand hatte, versuchte er, die Risiken seines Trips gering zu halten: Mit einer Meerwasserentsalzungsanlage versorgte er sich mit Trink- und Duschwasser. Navigationsgeräte, Radar, ein weltweites Ortungssystem, Funk und Telex für den Wetterbericht sollten dafür sorgen, dass die „Balu“ auf Kurs blieb.
Seit Sonntag häufen sich auf Rufenachs Homepage die Einträge besorgter Freunde, die den Bayern auf seinen Zwischenstationen in der Türkei, Italien oder Gran Canaria kennengelernt hatten: „Diese Reise kann und darf so nicht zu Ende gehen“, heißt es da. Eigentlich wollte Bodo Rufenach am 21. August 2016, exakt acht Jahre nach seinem Start, wieder in den Nürnberger Hafen einlaufen. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt sein Bruder.