Wegen Mordes an seiner eigenen Schwester bereits zu neuneinhalb Jahren verurteilt, wird dem Sohn einer kurdischen Großfamilie nun auch eine Falschaussage zur Last gelegt. Die Haftstrafe für den 21-Jährigen erhöht sich dadurch zwar nicht – dennoch kann die erneute Verurteilung Konsequenzen haben.

Der Mörder der Deutsch-Türkin Hatun Sürücü ist am Donnerstag von einem Berliner Jugendgericht wegen einer Falschaussage verurteilt worden. Die Haftstrafe von neuneinhalb Jahren für den 21-Jährigen, der seine Schwester im Februar 2005 wegen ihres westlichen Lebensstils erschossen hatte, sei aber nicht erhöht worden, sagte der Richter. Dies wäre mit dem Erziehungsgedanken des Jugendstrafrechts nicht zu begründen. Der im sogenannten Ehrenmord- Prozess Verurteilte hatte sich in der Haft bei einer Vernehmung fälschlicherweise damit gebrüstet, Täter eines Raubüberfalls zu kennen.

Der Täter war im April des Vorjahres von einer Jugendstrafkammer des Berliner Landgerichts zu neun Jahren und drei Monaten Haft wegen Mordes verurteilt worden. Unklar blieb, ob die Familien gemeinsam den Tötungsbeschluss fasste. Ein Jahr später wurde das Strafmaß nach einer Schlägerei in der Jugendhaftanstalt, wegen Drogenbesitzes und eines Fluchtversuchs aus einem Gefangenentransporter auf neuneinhalb Jahre Gesamtstrafe erhöht.

Auch ohne einen neuen Strafaufschlag kann die jetzige Verurteilung Konsequenzen haben, wenn in einigen Jahren eine vorzeitige Entlassung auf Bewährung in Frage kommen sollte. Das Verhalten während der Haftzeit werde dabei eine Rolle spielen, sagte der Jugendrichter.

Der Sohn einer kurdischen Großfamilie hatte seine 23-jährige Schwester mit Kopfschüssen getötet. Die Mutter eines kleinen Jungen verblutete an einer Bushaltestelle in der Nähe ihrer Wohnung im Stadtteil Tempelhof. Zwei inzwischen 26 und 28 Jahre alte Brüder hatte das Landgericht in dem „Ehrenmord“-Prozess zunächst freigesprochen. Der Bundesgerichtshof in Leipzig hob im August die Freisprüche auf und verwies den Fall zur neuen Verhandlung nach Berlin zurück. Wann es einen zweiten Prozess gibt, ist noch unklar.