Nachdem das einfache Pekinger Volk nicht mehr ungestraft in der Öffentlichkeit spucken darf, geht es nun auch der Polizei in der chinesischen Hauptstadt an den Kragen. Bis August haben die Ordnungshüter Zeit, gleich ob sie Verkehrspolizisten oder Schalterbeamte sind, um zu lernen, wie man sich zivilisiert verhält und mit Bürgern höflich spricht.
Das sieht Chinas neue Erziehungskampagne für die Olympischen Spiele 2008 vor. Ab August, wenn im Countdown zu den Spielen das letzte Jahr beginnt, wird es ernst für die Uniformierten.
Sie können dann nicht mehr mit ihren Dienstwagen gegen alle Verkehrsregeln verstoßen. Blaulicht dürfen sie nur noch zum Polizeieinsatz einschalten, nicht aber, um einkaufen oder zu anderen privaten Zwecken zu fahren. Polizisten, die sich nicht daran halten oder die Zivilbevölkerung weiter anpflaumen, müssen mit Verwarnung und Punkteabzug in ihrer Führungsakte rechnen. Die Bürger können sie über das Notfalltelefon 110 anzeigen nach dem Motto: „Streifenpolizist Nummer Soundso benimmt sich daneben.“
Verbotene Polizeisprüche
Einen Monat lang waren die Pekinger am Jahresanfang befragt worden, was ihnen an ihren Ordnungshütern am meisten missfiel. Die Lokalzeitungen veröffentlichten am Mittwoch zwei Dutzend Beispiele von Polizeisprüchen, die sich Bürger (zumindest bis zum Ende von Olympia 2008) verbitten dürfen: Megaout sind etwa: „Hey, Du bist gemeint. Komm her. Bist Du taub?“, oder „Ich sehe Dir an, dass bei Dir was oberfaul ist“. Von den Behörden möchte
man nicht mehr hören: „Du bist ja schon wieder da. Du nervst“, „Darum kümmern wir uns nicht. Basta.“, oder: „Wir haben zu. Komm ein andermal wieder.“ Bei der Schlichtung von Streitfällen dürfen Polizisten nicht mehr sagen: „Rück mit der Wahrheit raus, sonst lernst Du mich kennen,.“ oder: „Wenn Ihr weiter rumort, buchte ich Euch alle ein.“
Hörer wird ohne Antwort aufgelegt
Stattdessen sollen die Gesetzeshüter dem Bürger wohltemperiert und höflich bescheiden: „Wir verstehen gut, wie aufgeregt Sie sind. Wir werden Ihnen nach besten Kräften helfen.“...“Bitte nehmen Sie Platz. Sowie ich mit dem Fall hier fertig bin, helfe ich Ihnen weiter.“... „Sie müssen verzeihen, aber Ihre Unterlagen sind nicht vollständig. Wir können Ihren Antrag heute nicht entgegennehmen.“ Die Beamten dürfen bei telefonischen Anfragen den Anrufer auch nicht mehr anblaffen oder ihren Hörer ohne Antwort auflegen. In der Amtsstube müssen sie aufgucken, wenn sie einen Antragsteller bedienen und in ihrer Antwort „nicht beleidigend werden.“
Pekings fast 60.000 Polizeibeamte erhielten die neuen Benimmregeln als Lernheftchen ausgeteilt. Ihre „zivilisatorische Erziehung“ ist Teil der von der Stadt Peking beschlossenen Höflichkeitsbewegung, um sich vor der Weltöffentlichkeit zu den Sommerspielen 2008 von ihrer besten Seite zu zeigen. Bisher richtete sich die Kampagne bereits gegen spuckende Zeitgenossen und anderes rüpelhaftes Benehmen der Bürger sowie gegen falsch übersetztes Englisch auf den Straßenschildern und Anzeigentafeln. Bis 2008 müssen zudem alle Pekinger an jedem 11. eines Monats den „Tag des ordentlichen Anstellens“ vor Bussen, Bahnen und der U-Bahn einüben.