Trenitalia

Wo Hunde in Zügen eine letzte Chance erhalten

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Martin Zöller

Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb / dpa

Nach heftigen Protesten will Trenitalia vorerst doch nicht die Hunde aus den Zügen aussperren. Tierschutzvereinigungen feiern "einen großen Sieg für die Rechte der Tiere". Über die Verbesserung der Sauberkeit soll jetzt ein runder Tisch beraten. Doch die Bahn nimmt jetzt die Reinigungsfirmen ins Visier.

Vielleicht waren es die bösen Leserbriefe, vielleicht der angedrohte Hungerstreik von Tierschützern oder vielleicht die Hundeaugen selbst, die in den vergangenen Tagen das Herz von Vicenzo Soprano erweichten und ihn vor die Kameras treten ließen: „Bis auf weiteres können Kunden der Trenitalia ihre Hunde im Zug mit sich führen wie bisher", sagte der Geschäftsführer der italienischen Bahn mit einem müden Gesichtsausdruck und beendete damit eine Woche der Diskussionen. Italienische Herrchen und Frauchen können aufatmen und ihre Hunde weiter Zug fahren.

Doch Waldi, in Italien häufiger: „Bobby" muss sich bewähren.. „Wir sagen nicht, dass Hunde für alle Zeit mit uns fahren können", präzisierte ein Pressesprecher von Trenitalia, „wir haben bis nur bis auf weiteres auf die Bedenken unserer Kunden gehört." Und die waren gewaltig gewesen, nachdem die „Trenitalia" vergangene Woche die Hunde als Zugverschmutzer enttarnt hatte: Ab 1. Oktober, so war der Plan, sollten nur noch Hunde unter sechs Kilo Gewicht im Zug fahren dürfen! Mit Leine! Mit Maulkorb! Mit Unbedenklichkeitserklärung des Tierarztes! Im Käfig! Und alle anderen Hunde über sechs Kilo, von schmalen Windhunden bis zum kräftigen Schäferhund sollten Züge nur noch von außen sehen.

„Es ist ein großer Sieg für die Rechte der Tiere", schrieb umgehend die italienische Tierschutzvereinigung „Liga gegen die Selektion von Lebewesen", „es war eine idiotische Idee und gegen alle Menschen gerichtet, die mit ihrem Tier verreisen wollen." Auch Putzkräfte sehen wenig Sinn im Hausverbot für Hunde. „Es bringt nichts, die Hunde auszusperren", meint Signor Gianni, der jene Züge putzt, die in Rom ihre Endstation haben. „Ich bin mir sicher, dass es nicht die Hunde sind, die Dreck und Insekten in die Züge bringen, sondern die Menschen." Trenitalia hatte die strengen Regeln für Hunde bekannt gegeben, nachdem interne Berichte über Schaben, Zecken und Flöhen in den Zügen an den „Corriere della Sera" gelangt waren. Bereits im Jahr 2005 hatte die italienische Bahn 630 Millionen Euro ausgegeben, um 1700 von Ungeziefern befallene Wägen zu desinfizieren.

Rebellion der Hundebesitzer

Auch jetzt soll noch einmal Geld in Sauberkeit investiert werden: „Wir geben 200 Millionen Euro für die Sauberkeit unserer Züge aus und damit mehr als die deutsche und italienische Bahn, wenn man es auf die Waggons umrechnet", sagt Marco Mancini von Trenitalia. „Da kann es nicht sein, dass die Züge schmutzig sind." Deshalb wolle sich die Bahn jetzt statt der Hunde erst einmal die beauftragten Reinigungsfirmen vorknöpfen: „Wir hoffen, dass wir bis Ende des Jahres neue Firmen haben." Außerdem sollten Waggons mit -25 Grad kaltem Gas desinfiziert werden. Ob das geht? Putzmann Signor Gianni vom Bahnhof Termini zweifelt. „Ich habe auch schon in Bussen und Straßenbahnen geputzt und das Problem ist immer dasselbe: Wie soll ich vernünftig saubermachen, wenn die Züge fast 24 Stunden am Tag in Betrieb sind?"

Einem ihrer Angestellten hat Trenitalia mit ihrem Gnadenerlass gegenüber den Hunden einen großen Gefallen getan. Seit 27 Jahren ist der 51-jährige Emiddio Schaffner auf der Strecke von Rom nach Pisa – und er ist Herrchen von Hund „Theo". „Weil ich selber einen Hund habe, würde ich nie übers Herz bringen, einem anderen Hund das Mitfahren im Zug zu verbieten", sagt er.

Auch „Drilli" muss er ab 1. Oktober nicht aus dem Zug werfen. Der kleine Hund ist mit Herrchen Claudio Perrazza am römischen Bahnhof unterwegs. Aufmerksam guckt der Hund von links nach rechts und wieder zurück. Claudio Perrazza sagt finster: „Wenn irgendwann noch einmal diese Idee aufkommt, Hunde auszusperren, dann gibt es eine Rebellion." „Drilli" guckt treu herum. Er kann wieder mit dem Zug fahren – noch.