Leverkusen. Union ist nach dem 0:4 in Leverkusen und der neunten Niederlage in der Bundesliga in Folge Tabellenletzter. Bonucci verletzt sich.

Die rund 1300 Fans von Union Berlin? Sie schwiegen nach dem Abpfiff. Die Spieler des Berliner Fußball-Bundesligisten? Sie gingen wortlos durch die Mixedzone der BayArena. Lediglich Christopher Trimmel kam aus der Nummer nicht heraus. Und der Kapitän nahm nach dem 0:4 (0:1) bei Bayer Leverkusen kein Blatt vor den Bund und sprach von einem „Klassenunterschied“.

Ja, die Niederlage gegen eine „Top-Mannschaft muss man akzeptieren“, wie es Trimmel bezeichnete. Doch die Art und Weise, mit der Union diese neunte Niederlage in der Bundesliga in Folge hinnahm, ließ nichts anderes zu als den Sturz auf den letzten Tabellenplatz. Union ist am Ende der Bundesliga angekommen und muss diesen Zustand nun in der zweiwöchigen Länderspielpause verarbeiten.

Das ist nach dem Leverkusen-Spiel sicher leichter gesagt als getan, zumal Trimmel zugab: „Wir sind fast schon ratlos.“ Der Verteidiger glaubt „schon, dass es bei allen angekommen ist, dass es nur um den Klassenerhalt geht. Nur wir müssen das eben auch auf den Platz bekommen.“ Das Vertrauen in Trainer Urs Fischer sei laut Trimmel ungebrochen: „Wir haben so einen Charakter in der Mannschaft, dass wir das nie hinterfragen werden. Da lege ich meine Hand für ins Feuer.“

Fischer deutlich: „Das war ungenügend“

Die angesprochene Ratlosigkeit wollte Fischer so nicht bestätigen. Dennoch musste auch der Coach eingestehen: „In der ersten Hälfte hat uns der Mut gefehlt. Das hat wahrscheinlich auch ein bisschen mit der Situation zu tun. Die Leichtigkeit ist nicht da, wie sie wäre, wenn du auch mal das eine oder andere Spiel gewinnst.“ Den Sturz ans Tabellenende kommentierte Fischer wie folgt: „Wir haben uns deutlich geäußert, dass es nur um den Klassenerhalt geht. Aber dafür war das heute zu wenig.“

Fischer nutzte vor 29.387 Zuschauern die Gunst der Stunde und änderte seine Startelf im Vergleich zum Remis in der Champions League bei der SSC Neapel (1:1) nur im defensiven Mittelfeld. Alex Kral spielte für den gesperrten Rani Khedira. Soll heißen: Erstmals startete Leonardo Bonucci statt Robin Knoche in einem Bundesligaspiel als Abwehrchef für Union, wenn beide fit waren. Bis zur 23. Minute, dann musste Bonucci mit einer Verletzung im rechten hinteren Oberschenkel vom Feld.

Italiens Europameister organisierte bis dahin die Defensive der Köpenicker ähnlich umsichtig wie vier Tage zuvor in Neapel. Mit einem Unterschied: Er tat es nur so gut, wie es die Leverkusener zuließen. Es war nicht zu übersehen, wie sehr das Bayer-Spiel von Trainer Xabi Alonso und damit vom FC Barcelona der Pep-Guardiola-Ära geprägt war. Der unglaubliche Ballbesitz wurde nur noch von der Passsicherheit übertroffen.

Kral-Fehlpass leitet Niederlage von Union Berlin ein

Jeremie Frimpong wirbelte, Florian Wirtz zauberte, Victor Boniface wuchtete – weil den Köpenickern gar nichts anderes übrigblieb. Selbst jeder eigene Ballgewinn fand sofort wieder den Weg zum Meisterschaftskandidaten vom Rhein. Bei allem Einsatz, den Union auch an diesem Sonntagnachmittag zeigte: Leverkusen war in der ersten Halbzeit eine Nummer zu groß für die Gäste.

Dass das 0:1 kurz vor Bonuccis verletzungsbedingter Auswechslung durch einen individuellen Fehler eingeleitet wurde, passt ins Bild der bisherigen Köpenicker Bundesliga-Saison. Kral mit kapitalem Fehlpass, nach einem Doppelpass mit Wirtz nahm sich Alejandro Grimaldo ein Herz und zauberte das Spielgerät von der linken Strafraumkante ins rechte obere Toreck. Für Torwart Frederik Rönnow gab es nichts zu halten (23.).

Unions Zweikampfquote von bis dahin 64 Prozent? Makulatur. Und Leverkusen legte los. Frimpong schüttelte Diogo Leite spielend ab (26.), Boniface versuchte es aus Nahdistanz (30.), dann kam Witz nach Ballverlust von Paul Jaeckel (45.) – drei Szenen, in denen Rönnow alles aufbieten musste, damit Union nicht schon zur Pause einem Debakel nahe war.

Tella schießt Union Berlin ans Tabellenende

Union-Chancen? Ein Kopfball-Versuch von Janik Haberer (43.), ein Schüsschen von Aissa Laidouni (53.) und die Gewissheit, dass es gegen das Bayer-Kollektiv kaum mehr geben würde. Im Gegenteil: Auf der anderen Seite durfte Odilon Kossounou nach einer Ecke von Jonas Hofmann ungehindert zum 0:2 einköpfen (57.). „Wie wir die Standardgegentore verteidigen, das war ungenügend. Wir haben genug zu arbeiten in den kommenden zwei Wochen“, sagte Coach Fischer.

Ob Laidounis Querschläger, der den Eckball erst möglich gemacht hatte, tatsächlich noch von einem Leverkusener abgefälscht wurde und somit gar keiner gewesen wäre – geschenkt. Niemand hatte in der Folge den Berlinern verboten, entsprechend zu verteidigen. Knoche und Jaeckel dürfen sich angesprochen fühlen. Roussillon war nach einem Leverkusener Konter direkt nach dem zweiten Gegentor aufmerksamer, als er den Ball vor dem leeren Tor im letzten Moment über die Latte köpfte (58.).

Mit dem 0:3 durch Jonathan Tah nach einer Ecke, bei dem Torwart Rönnow alles andere als gut aussah, musste nur noch die Frage beantwortet werden, ob Union den Sturz ans Tabellenende verhindern könnte. Leverkusens erneuter Konter nach einem missglückten Freistoß des eingewechselten Trimmel gab bittere Gewissheit. Nach Nathan Tellas 0:4 ist Union Berlin am Ende der Liga angekommen (83.). „Wir haben die Bälle zu schnell wieder weggegeben, das zermürbt natürlich“, sagte Trimmel. Der Rest war Schweigen.

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