Berlin. Nach dem Königsklassen-Debüt kassiert Union in der Liga die vierte Pflichtspiel-Pleite in Serie und stellt eigenen Negativrekord ein.

Sheraldo Becker ließ sich nur mühsam ein Lächeln entlocken. In den Katakomben der Alten Försterei bekam der Offensivmann von Union Berlin die Trophäe für Berlins Profifußballer des Jahres überreicht – seine herausragenden Leistungen in der vergangenen Saison und die unbeschwerte Union-Welt von damals schienen aber am späten Sonnabend recht weit weg.

Mit 0:2 (0:2) hatten Becker und der Köpenicker Fußball-Bundesligist gegen die TSG Hoffenheim verloren, es war die vierte Pflichtspiel-Niederlage in Serie und damit die Einstellung des eigenen Negativrekords von 2020. Damals verlor man unter anderem gegen Stadtrivale Hertha BSC. Jetzt setzte es Niederlagen gegen RB Leipzig und Real Madrid, was zeigt, wie sich der Klub weiterentwickelt hat. Ein schwacher Trost. „Wir sind Union“, sagte Becker kämpferisch, „wir müssen jetzt weiter als Team zusammenstehen!“

Kral fällt kurzfristig aus, Aaronson übernimmt

Gegen Hoffenheim hatte Trainer Urs Fischer ursprünglich nur eine Änderung im Vergleich zum Champions-League-Abenteuer in Madrid geplant, Janik Haberer ersetzte Aissa Laidouni. Dann brach jedoch Alex Kral das Aufwärmen ab, nachdem er angeschlagen aus Spanien zurückgekehrt war. Für ihn rückte kurzfristig Brenden Aaronson in die Startelf.

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Und der Amerikaner war dann auch der umtriebigste Unioner, er strotzte sichtbar vor Energie und hatte mit einem Fernschuss aus zentraler Position die beste Köpenicker Chance im ersten Durchgang (19. Minute). Er war einer der wenigen Lichtblicke in einer sonst schwachen ersten Hälfte, die Trainer Fischer wütend an der Seitenlinie toben ließ.

„Das war eine Nicht-Leistung in der ersten Halbzeit. Ich bin schon angefressen im Moment“, erklärte der Schweizer. In der Kabine erforderte der Auftritt seiner Mannschaft eine klare Ansprache des Übungsleiters, wie er hinterher offenlegte: „Ich sage es mal so: Ich war laut!“

Bonucci feiert Bundesliga-Debüt und verursacht Elfmeter

Das lag auch daran, dass Union zu diesem Zeitpunkt schon mit 0:2 in Rückstand lag. Gegentor Nummer eins: Nachdem Bundesliga-Debütant Leonardo Bonucci Hoffenheims Andrej Kramaric im Strafraum umgerissen hatte, zeigte Schiedsrichter Deniz Aytekin sofort auf den Punkt. Frederik Rönnow war zwar in der richtigen Ecke, der Gefoulte aber verwandelte sicher (22.).

Jetzt stellt ja allerdings ein 0:1 gegen Hoffenheim in der Alten Försterei für Union erst mal kein unlösbares Problem dar: Schon in den vergangenen beiden Heimspielen gegen die Gäste aus Baden-Württemberg lag die Fischer-Elf jeweils zurück, um dann beide Male noch zu gewinnen (2:1 und 3:1).

Wer aber aus einer englischen Woche kommt, hat logischerweise das Drehen von Rückständen nicht als allervorderste Kernkompetenz, und dieses Bild resultierte in Gegentor Nummer zwei: Verteidiger Danilho Doekhi war weit in die Hoffenheimer Hälfte aufgerückt und verlor den Ball. Wieder reichte ein langer Pass, um Unions komplette Hintermannschaft auszuhebeln. Grischa Prömel, der vor der Partie von den Zuschauern genau wie der andere Ex-Unioner Marius Bülter noch mit lautem Applaus und dem obligatorischen „Fußballgott“ empfangen wurde, bekam auf der rechten Seite mutterseelenallein den Ball und bediente im Zentrum Maximilian Beier, der zum 0:2 einschob (38.).

Fofana belebt Union Berlins Offensiv-Spiel

„Das war eine sehr schlechte erste Hälfte. Wir waren nicht aggressiv genug, haben nicht unser Spiel gemacht“, erklärte Sheraldo Becker. „Die zweite Hälfte war viel besser.“ Das lag auch an der Einwechslung von David Fofana, der für Aaronson ins Spiel kam. Fischers Hintergedanke: Umstellung auf ein 3-4-3 für mehr offensive Durchschlagskraft. Und tatsächlich, Union kam giftig aus der Kabine und entfachte mit einigen Ballgewinnen in der gegnerischen Hälfte neue Energie. Fofana mittendrin.

Der ivorische Stürmer scheiterte mehrfach nur knapp (68., 70. und 86.). „Er hat endlich mal Eins-gegen-Eins-Situationen provoziert“, lobte Fischer, der aber ausdrücklich seine gesamt verbesserte Mannschaft im zweiten Durchgang herausstellte: „Plötzlich waren die Basics bei allen da, wir sind aggressiv angelaufen.“

Allein der Treffer wollte aufs Verderben nicht fallen: „Wenn du den Anschlusstreffer machst, kann so ein Spiel vielleicht noch mal kippen“, sagte Fischer. Das tat es aber nicht. Was bleibt, ist eine kleine Ergebniskrise, die sich schon am nächsten Wochenende gegen Heidenheim zu einem Negativrekord entwickeln könnte.

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