Berlin. Hängende Köpfe statt breiter Brust. Erklärungsversuche statt verbaler Vorfreude. Und mittendrin ein Trainer, der versuchte, das Positive herauszustellen – um im nächsten Atemzug doch die größte Schwierigkeit schonungslos anzusprechen. „Wir haben nach dem Rückstand eine gute Reaktion gezeigt“, sagte Urs Fischer, Coach von Union Berlin, aber: „Wir müssen einfach effizienter sein. Das ist sicherlich ein Vorwurf, den wir uns gefallen lassen müssen.“
Union kassiert mit dem 1:2 (1:2) beim VfL Wolfsburg die zweite Niederlage in der Fußball-Bundesliga in Folge und damit ausgerechnet vor der Premiere in der Champions League den nächsten Dämpfer. „Ich finde, wir hätten ein besseres Ergebnis verdient. Aber so läuft es im Fußball manchmal“, versuchte Danilho Doekhi die Partie vor 28.917 Zuschauern in der Volkswagen-Arena schnell abzuhaken.
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Die Frage, die die Köpenicker beantworten mussten, lautete: Kann die Champions-League-Premiere am Mittwoch bei Real Madrid ausgeblendet werden? Union lieferte die Antwort direkt mit Anpfiff: ja. Hellwach, den Gegner früh störend, mit schnellen Ballgewinnen in der gegnerischen Hälfte – die Mannschaft von Trainer Urs Fischer, mit zwei Änderungen in der Startelf (Janik Haberer für den gesperrten Kevin Volland, Christopher Trimmel für Josip Juranovic) legte mit viel Elan los: Haberer bugsierte den Ball nach nur 42 Sekunden an den Pfosten.
Wolfsburgs Wind nimmt Union Berlin den Schwung
Dann waren die ersten knapp zwölf Minuten vorbei und der VfL tat genau das, was sein Coach Niko Kovac verlangt hatte – Union seiner Stärken berauben. Kevin Behrens verlor den Ball im Mittelfeld, dann ging es schnell per Doppelpass an Doekhi und Diogo Leite vorbei, schon stand es 0:1. Jonas Wind nahm den Köpenickern den Schwung nach Vorlage von Lovro Majer (12.). Das ist durchaus wörtlich zu verstehen.
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Die Spielstärke der Wolfsburger stellte Unions Stärke, die Defensive, auf den Prüfstand. Nicht unwesentlich, wenn man bedenkt, dass am Mittwochabend im Bernabeu-Stadion ein ganz anderes Kaliber auf Union wartet. Doch immer, wenn die Wolfsburger das Tempo offensiv erhöhten, verlor Union ein wenig seine defensive Ordnung. Für Madrid sicher fatal, für Wolfsburg jedoch ausreichend, um im Spiel zu bleiben.
Alex Kral setzte nach einem schnellen Vorstoß einen Kopfball nicht platziert genug (24.). Doch es war das Signal für die mitgereisten 3600 Union-Fans: Die Berliner waren zurück im Spiel. Und sie belohnten sich durch Robin Gosens, dessen Kopfball die Flanke von Aissa Laidouni vollendete (28.). Unions größte Stärke, die defensive Ordnung, blieb dennoch im Stresstest.
Tousart feiert Bundesliga-Debüt für Union Berlin
Nicht einmal zwei Minuten nach dem Ausgleich lagen die Köpenicker schon wieder hinten. Nach einem Eckball drosch Joakim Maehle den Ball aus dem Hinterhalt ins lange Eck, nachdem Union-Torwart Frederik Rönnow direkt zum Dänen rausgefaustet hatte – und sich keiner bei Union für den Wolfsburger verantwortlich fühlte (30.). „Wir haben zwei Gegentore kassiert, die in der Entstehung vermeidbar gewesen sind“, sagte Gosens, „vor allem das erste Tor darf man so nicht bekommen.“
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Es war ein selbstbewusster Auftritt, den Union in Wolfsburg ablieferte, auch nach dem Seitenwechsel. Doch die Gastgeber machten sich zusätzlich eine Union-Schwäche zunutze: fehlende Kreativität in der Offensive gegen einen tiefstehenden Gegner. Fischer hatte inzwischen Lucas Tousart (Union-Debüt in der Bundesliga) und Sheraldo Becker (Comeback nach Verletzung, beide 61.) gebracht, später mit Juranovic (für Trimmel) und Brenden Aaronson (für Haberer, beide 72.) zwei weitere frische Kräfte.
Becker und Behrens verpassen Ausgleich für Union Berlin
Und Torschüsse gab es dennoch genug, insgesamt waren es 16 – aber nur ein Tor. „Das nervt schon“, so Gosens, „wir haben relativ unnötig verloren.“ Doch das Gefühl, Union könnte in Wolfsburg noch der Ausgleich gelingen, wollte sich nicht einstellen. Becker vergab die Riesenchance zum Ausgleich (86.). Behrens köpfte in der siebten Nachspielminute noch über das Tor. Dann war es vorbei.
„Jetzt müssen wir konzentriert bleiben, uns auf die positiven Dinge fokussieren und aus den negativen Dingen lernen“, erklärte Doekhi, „dann bin ich zuversichtlich, dass wir bald wieder Punkte holen.“ Vielleicht sogar schon am Mittwoch in Madrid.
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