Berlin. Sheraldo Becker, Stürmer von Union Berlin und mit neun Treffern bester Torschütze der Köpenicker, stand regungslos vor der Fankurve im Augsburger Stadion. Die Hände in die Hüften gestemmt, den Kopf nach unten hängend, nahm der Angreifer die Ovationen der gut 2700 mitgereisten Anhänger entgegen. Neben ihm stand Danilho Doekhi und klatschte nur halbherzig mit, andere Team-Kollegen starrten ausdruckslos vor sich hin.
Das Bild, das der Berliner Fußball-Bundesligist kurz nach dem 0:1 (0:0) beim FC Augsburg abgab, strahlte Enttäuschung pur aus. Weil die vorzeitige Qualifikation für die Europa League, die bei einem Sieg perfekt gewesen wäre, verpasst wurde. Und obendrein ein sogenannter Big Point im Rennen um die Champions League.
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So aber rutschte die Mannschaft von Trainer Urs Fischer auf den vierten Platz zurück, weil im Verfolgerduell RB Leipzig mit 1:0 beim SC Freiburg gewann. Folglich wartet auf Union mehr denn je am kommenden Sonnabend (15.30 Uhr) in der Alten Försterei gegen die punktgleichen Freiburger ein Endspiel um die Königsklasse.
Union Berlin fehlt es erneut an Effizienz
Ins Kurztrainingslager nach Rottach-Egern an den Tegernsee hatte sich Union in der Vorbereitung zurückgezogen. Die Kräfte nochmals bündeln, den Teamgeist stärken vor den letzten vier Spielen einer Saison, die mit der „Vollendung eines Traums“ enden soll. So hatte es Oliver Ruhnert, Unions Geschäftsführer Profifußball, vor dem Anpfiff in Augsburg formuliert.
Dieser Traum hatte gut 90 Spielminuten später einen herben Dämpfer erhalten. Und Rani Khedira nannte auch ohne Umschweife den Grund dafür, warum Augsburg ein weiteres Mal kein gutes Pflaster für Union Berlin gewesen ist. „Die Effizienz hat gefehlt, in der ersten Halbzeit hatten wir schon drei recht gute Möglichkeiten. Wenn wir da treffen, kannst du dich ein bisschen zurückziehen“, sagte der Mittelfeldspieler.
Doch Union traf nicht, trotz der Rückkehr von Kevin Behrens. Der Stürmer stand nach abgesessener Gelb-Sperre wieder für Jordan Siebatcheu in der Startelf. Behrens sprach davon, dass sich Union „ins Spiel reingearbeitet“ und dadurch „die eine oder andere Chance erarbeitet“ habe. Nur genutzt wurde keine.
Behrens vergibt gute Chancen für Union Berlin
Das lag nicht zuletzt an Behrens selbst. Seine Kopfbälle, jeweils nach Vorlagen von Josip Juranovic, waren zu harmlos (16., 22.). Beckers Abschluss in der 26. Minute war kein Problem für Augsburgs Torhüter Tomas Koubek (26.), ebenso Janik Haberers Schuss von der Strafraumgrenze zwei Minuten später.
Stattdessen fast der Rückstand für Union, nachdem Torwart Frederik Rönnow gegen den Augsburger Arne Engels einen Ball vertändelt hatte. Dion Beljo konnte dieses Geschenk jedoch noch nicht nutzen (42.). Dennoch sollte der Augsburger zum entscheidenden Mann werden.
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Coach Fischer fasste die Phase nach dem Seitenwechsel wie folgt zusammen: „Wir bekommen ein Gegentor, das so nicht fallen darf. Das hat bei meiner Mannschaft etwas ausgelöst, da brauchten wir kurz, um uns wieder zu sammeln.“ Unkonzentriert bis schläfrig präsentierte sich Union bei einem Augsburger Einwurf, Ruben Vargas konnte flanken, Beljo sich von seinem Gegenspieler Paul Jaeckel lösen und zum 0:1 vollenden (53.).
Fischer setzt in der Schlussphase auf totale Offensive
„Ich kann es auch nicht erklären, warum uns nach der Pause die Power gefehlt hat“, konnte Behrens keine Begründung finden, warum es Union nicht mehr gelang, wenigstens noch einen Zähler mit nach Berlin zu nehmen. Zumal Fischer alles auf das Feld schickte, was er an Offensive aufzubieten hatte.
Jordan Siebatcheu (für Behrens), Andras Schäfer (für Aissa Laidouni) und Jamie Leweling (für Janik Haberer) kamen in der 69. Minute, später brachte Fischer mit Sven Michel (für Innenverteidiger Jaeckel/78.) noch einen weiteren Stürmer. Ein Schuss von Leweling (74.), ein zu hoch angesetzter Kopfball von Siebatcheu (89.) – mehr brachte Union in der Schlussphase nicht zustande.
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„Wir haben versucht, es spielerisch zu lösen, und haben dann nicht mehr so oft lange Bälle gespielt“, sagte Behrens zur Schlussphase, in der Union zu wenig einfiel, um die Niederlage noch abwenden zu können. Es war Khedira, der versuchte, Optimismus zu verbreiten nach der siebten Saisonpleite. „Wir sind immer noch Vierter und haben gesagt, dass wir international dabeisein wollen. Wir sind immer noch gut im Rennen.“
Union Berlin setzt auf seine Heimstärke
Doch das Spiel gegen Freiburg am nächsten Sonnabend wird somit mehr denn je zu einem Endspiel um einen Platz in der Königsklasse. Behrens: „Zu Hause sind wir stark, das wird ein geiles Spiel, darauf sollte man sich als Fußballer freuen. Wir müssen mit Spaß und Mut reingehen, damit wir das gewinnen.“ Um den Traum nicht nur von Manager Ruhnert auch vollenden zu können.
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