Berlin. Lennart Grill, Torwart bei Union Berlin, kam aus dem Grinsen kaum noch heraus. „Turbulent trifft es schon ganz gut“, sagte der 24-jährige auf die Frage, wie er die vergangenen Tage empfunden habe. Erst vor wenigen Tagen hatte ihn der Berliner Fußball-Bundesligist fest verpflichtet, bislang war Grill vom Liga-Konkurrenten Bayer Leverkusen lediglich bis Saisonende ausgeliehen.
Am Sonnabendnachmittag war er dann einer der Hauptprotagonisten beim 3:0 (0:0) der Köpenicker gegen den VfB Stuttgart. Der höchste Heimsieg der Saison festigte nicht nur den dritten Platz, sondern auch den Abstand zu den Verfolgern SC Freiburg (1:1 gegen Hertha BSC), RB Leipzig (0:3 gegen Mainz 05) und Eintracht Frankfurt (1:1 gegen den VfL Bochum) auf vier, sechs und zehn Punkte vergrößerte.
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Der Champions-League-Traum ist an der Alten Försterei wieder ein Stück realer geworden. Auch dank Grill, der kurzfristig für Stammtorhüter Frederik Rönnow einspringen musste. Der Däne hatte wegen leichter muskulärer Probleme passen müssen. „Ich freue mich, wenn ich spielen kann. Und wenn es so läuft wie heute, umso besser“, sagte Grill.
Union Berlin liefert eine schwache erste Halbzeit ab
Dass es dieses persönliche Happy End für ihn geben würde, war nach den ersten 45 Minuten so nicht abzusehen. Das wusste auch Grill: „Die erste Halbzeit war nicht so, wie wir es wollten. Wir waren nicht so aggressiv, wie wir es sein müssen. Umso bemerkenswerter fand ich es, dass wir aus der Pause rauskommen und nach 68 Minuten stand es 3:0.“
Union habe ein weiteres Mal „in der ersten Halbzeit etwas gebraucht, um ins Spiel zu kommen. Zum Glück hat es wieder funktioniert“, erklärte Grill. Wohl wissend, dass auch er sich jene 45 Minuten Anlaufzeit genommen hat, um seiner Mannschaft dann nach dem Seitenwechsel der sichere Rückhalt sein zu können.
„Wir brauchen eine sehr gute Leistung, wenn wir was mitnehmen wollen. Wenn wir unsere Dinge gut machen, haben wir auch die Möglichkeit, gegen Stuttgart zu gewinnen.“ Die Vorstellung von Trainer Urs Fischer, wie der nächste Schritt auf dem Weg in die Königsklasse gelingen sollte, waren klar und deutlich. Und Union machte nicht viel falsch, aber auch zu wenig richtig.
Nach den gut 90 Minuten bilanzierte Fischer: „Das war ein glücklicher Sieg in der Summe. Die erste Halbzeit war schwach und enttäuschend, wir hatten keine Schärfe, keine Bereitschaft, keine Rhythmuswechsel, waren nicht konsequent genug in den Zweikämpfen.“
Union Berlin muss dem Videoassistenten danken
Nicht nur einmal hatte der Coach in den vergangenen Wochen angemahnt, dass seine Mannschaft bei Flanken präziser werden müsse. Auch gegen die Stuttgarter flogen wieder zahlreiche Bälle in den gegnerischen Strafraum, von rechts durch Kapitän Christopher Trimmel, von links durch Jerome Roussillon. Oder auch durch Freistöße von beiden. Doch weder Kevin Behrens (31.) noch Janik Haberer (37.) wussten die Vorlagen zu nutzen. Präzision bleibt die Baustelle, die es schnell zu schließen gilt, soll die Königsklasse erreicht werden.
Auf der anderen Seite musste Grill ran. Doch dem 24-Jährigen war die fehlende Spielpraxis anzumerken. Zuletzt hatte er Rönnow Mitte November beim 1:4 in Freiburg ersetzt. Hatte Grill zunächst gegen Dan-Axel Zagadou noch Glück, dass dessen Kopfball aus vier Metern über das Tor ging (29.), brauchte es fünf Minuten später schon den Videoassistenten, um den Rückstand zu verhindern.
Juan Perea hatte bei einer eher verunglückten Rettungsaktion Grills den Ball mit beiden Händen abgewehrt, ehe er ihn über die Torlinie schob (34.). Dennoch habe Grill durchgeatmet, dass es nicht 0:1 stand: „Eine Portion Glück gehört dazu. Ich habe direkt gesehen, dass der Ball an der Hand war, aber das Glück habe ich vielleicht auch gebraucht, um richtig ins Spiel zu kommen.“ Noch vor der Pause war er mit einer Parade gegen Tiago Tomas zu Stelle, nachdem er zuvor noch weggerutscht war (43.).
Becker bricht den Bann für Union Berlin
Nach dem Seitenwechsel brauchte Union 23 Minuten für die drei Tore. Der Führung durch Sheraldo Becker (51.), mustergültig vorbereitet durch Janik Haberer und Flankengeber Roussillon, folgte das 2:0 durch Kevin Behrens – weil der Stürmer nach einem Haberer-Kopfball im richtigen Moment an der richtigen Stelle stand (65.). Schließlich bugsierte Ex-Unioner Genki Haraguchi eine Behrens-Flanke noch ins eigene Tor (68.).
Was folgte, waren jene Momente, in denen sich auch Grill endlich auszeichnen konnte. „Er hat seine Sache da sehr gut gemacht“, sagte Fischer. Und er machte seiner Nummer zwei wenig Hoffnungen auf weitere turbulente Tage. Grill statt Rönnow ins Tor zu stellen, „war eine Vorsichtsmaßnahme. Ich denke, dass es bei Rönnow bis Dienstag reichen sollte“, verdeutlichte Fischer mit Blick auf das DFB-Pokal-Halbfinale gegen Eintracht Frankfurt.
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