Berlin. Auch dieser Bann ist nun also gebrochen. Fünf Mal (dreimal im DFB-Pokal, zweimal in der Bundesliga) war der 1. FC Union auf Bayer Leverkusen getroffen, immer waren die Berliner als Verlierer vom Feld gegangen. Am Freitagabend sprang mit dem 1:0 (0:0) nun endlich etwas Zählbares für Union heraus. Die Köpenicker düpieren nach dem FC Bayern (1:1) und Borussia Dortmund (2:1) die nächste Spitzenmannschaft der Fußball-Bundesliga und rücken auf Rang vier vor.
"Keine Mannschaft spielt gerade gern gegen uns", sagte Cedric Teuchert, der den Siegtreffer kurz vor Schluss erzielte. "Es macht einfach extrem viel Spaß. Wir haben uns belohnt und den Sieg hierbehalten."
Die Partie war gerade wenige Minuten alt, als hinter dem Stadion nahe der Trainingsplätze plötzlich ein kleines Feuerwerk den Abendhimmel erhellte. War es wegen des 50. Bundesligaspiels der Köpenicker? In jedem Fall war es eine Aktion von eher zweifelhaftem Vergnügen. Angesichts drohender weiterer Einschränkungen wegen der Coronavirus-Pandemie scheint die Unvernunft bei dem einen oder anderen Unverbesserlichen die Oberhand zu gewinnen.
Union Berlin muss Becker früh ersetzen
Im Stadion selbst wurde schnell klar, dass Union einer echten Spitzenmannschaft gegenüberstand. Nicht nur des Kaders wegen, sondern auch wegen des Auftritts, den die Werkself hinlegte. Vor allem die Außenverteidiger Christopher Lenz (links) und Christopher Trimmel (rechts) bekamen gegen die pfeilschnellen Moussa Diaby und Leon Bailey arge Probleme.
Zu allem Überfluss musste auch noch Sheraldo Becker früh raus. Der Niederländer, am Freitagabend zweite Sturmspitze neben Taiwo Awoniyi, war nach 20 Minuten umgeknickt, versuchte es zwar noch einmal, jedoch vergeblich. Cedric Teuchert ersetzte den Niederländer (24.). Union spielte dennoch weiter im 5-3-2-System.
Angesichts der Verletztenmisere gerade in der Offensive (Max Kruse, Joel Pohjanpalo, Anthony Ujah, Becker) macht es durchaus Sinn, dass Union laut des Fachmagazins „Kicker“ mit dem 19 Jahre alten Leon Dajaku vom FC Bayern München offenbar den ersten Winterzugang an der Angel hat. Der Offensivmann hat bislang jeweils zwei Erstliga-Einsätze für den deutschen Rekordmeister sowie für den VfB Stuttgart absolviert.
Union Berlin mit glücklichem Remis in die Pause
Leverkusen zeigte die weitaus bessere Spielanlage, die besseren Chancen hatte aber zuerst Union. Robert Andrichs Schuss war zu unplatziert (5.), und Marvin Friedrich brachte nach einer Trimmel-Ecke das Kunststück fertig, aus sechs Metern einen Kopfball völlig freistehend neben das Tor zu setzen (15.).
Doch mit zunehmender Spieldauer drängten die Leverkusener immer mehr auf den Führungstreffer. Nadiem Amiri wurde nach einem der zahlreichen schnörkellosen Bayer-Spielzüge freigespielt, zog aus 13 Metern ab – Friedrich und Union-Torwart Andreas Luthe konnten klären. Nur Sekunden später strich ein Schuss von Kerem Demirbay knapp am Union-Tor vorbei. Vier Minuten vor der Pause versuchte es Julian Baumgartlinger von der Strafraumgrenze, Luthe ließ den Ball nach vorn abprallen und hatte dann Glück, dass das Spielgerät Diaby an den Arm sprang. Keine Frage, der Tabellendritte war dem Führungstreffer näher als der Liga-Fünfte.
Das hatte offensichtlich auch Unions Trainer Urs Fischer bemerkt. Der Schweizer, in der ersten Halbzeit durchaus engagiert an der Seitenlinie, schien in der Pause die richtigen Worte gefunden zu haben. Denn seine Mannschaft agierte nach Wiederbeginn mutiger und zielstrebiger. Knapp 50 Minuten waren vorbei, als im Stadion schon der Torschrei angestimmt wurde. Doch der Schuss von Teuchert, nach einem Konter von Grischa Prömel herrlich in Szene gesetzt, klatschte gegen den Innenpfosten, kullerte quer zur Torlinie – und schließlich hinaus zur Eckfahne. Das hätte die Führung für Union sein müssen.
Hübner von Union Berlin soll Amiri rassistisch beleidigt haben
Gut zehn Minuten später blieb die nächste Riesenchance ungenutzt – trotz einer Drei-gegen-eins-Überzahl. Wieder Teuchert, wieder knapp vorbei (61.). Dann versuchte es Trimmel nach guter Kombination, ausgehend von Marcus Ingvartsen – vergeblich (64.).
Wieder war Union einem Spitzenteam der Bundesliga ebenbürtig, was fehlte, war die Belohnung in Form eines Tores. Fischer brachte mit Marius Bülter für Awoniyi noch einen frischen Offensivmann - dann kam Teuchert, und sorgte mit seinem Tor (88.) für die nächste Überraschung in der Liga.
Einziger Wermutstropfen: Unions Florian Hübner soll Leverkusens Amiri in einer Diskussion als „Scheiß Afghane“ bezeichnet haben. Bayers Kapitän Jonathan Tah erklärte nach dem Spiel: „So etwas geht einfach gar nicht.“
Mehr über Union Berlin lesen Sie hier.