Berlin. Vor der Alten Försterei hatten sich ein paar Schaulustige eingefunden. Das rot-weiß-blaue Logo auf den Bussen des FC Bayern, die direkt vor der Haupttribüne standen, sieht man eben nicht oft in Köpenick. Doch nach einem Erinnerungsfoto und freundlicher Ansprache durch Ordnungskräfte hatte sich auch diese Zusammenkunft vor dem Stadiongelände in Wohlgefallen aufgelöst.
Zurück blieb eine Arena, in der der 1. FC Union bei seinem Re-Start in die Fußball-Bundesliga mit 0:2 (0:1) gegen den deutschen Meister verlor. Eröffnet durch die Klubhymne von Nina Hagen als einzigem Unterhaltungselement, das angesichts der fehlenden 20.000 Mitsänger zu einem Soundcheck verkam.
Und beendet mit dem Schlusspfiff, dem umgehend die Stille nach 90 keineswegs begeisternden Minuten folgte. „Wir haben unsere Chancen gehabt, waren aber vielleicht nicht so kaltschnäuzig wie die Bayern“, bilanzierte Unions Co-Trainer Markus Hoffmann, der Chefcoach Urs Fischer vertrat, die Partie.
Union Berlin hat die Chance zur Führung
Schnell war die Charakteristik dieses Geisterspiels sichtbar. Auf der einen Seite die Münchner, die sich in ihrem Ballbesitz zeitweise sonnten, auf der anderen Seite die Köpenicker, die mit mehr gewonnenen Zweikämpfen dagegenhielten. Es war ein gefälliges Spiel, das beide Mannschaften unter absolut surrealen Bedingungen boten. Echte Spannung wollte jedoch nie so richtig aufkommen.
Statt Anfeuerungen von den Rängen waren es die Ersatzspieler, die ihre Teamkollegen anzutreiben versuchten – mit Mundschutz im Gesicht und von ihren Sitzplätzen auf der Haupttribüne aus, um die Abstandsregelungen auch einzuhalten.
Und wenn es vor dem Tor mal gefährlich wurde, dann zunächst durch den Außenseiter. Marius Bülter nahm eine Vorlage von Grischa Prömel direkt, Bayern-Torwart Manuel Neuer war aber zur Stelle (4.). Prömel spielte erstmals seit dem zweiten Spieltag wieder von Beginn an. Nachdem er seine Patellasehnenreizung auskuriert hatte, kam er nur zu fünf Teileinsätzen.
Bayern-Profi Müller fühlt sich wie bei den „Alten Herren“
Es schien sich zu bewahrheiten, was Union-Coach Hoffmann vor dem Spiel gemutmaßt hatte. „Ich glaube, Bayern hätte es auch lieber, wenn hier Zuschauer wären. Das ist eine Mannschaft – je mehr Zuschauer auswärts sind, desto mehr pusht sie das“, so der Österreicher.
Bestätigt wurde Hoffmann von einem Landsmann: David Alaba war es, der nach gut einer Viertelstunde seine Mannschaft aufzuwecken versuchte. „Ein Gang mehr“, rief der Bayern-Verteidiger, nicht die einzige Anweisung oder Diskussion auf dem Platz, die klar zu vernehmen gewesen ist.
Bayern-Profi Thomas Müller fühlte sich atmosphärisch gar an Spiele der „Alten Herren um 19 Uhr“ erinnert. Am Ende musste er aber eingestehen, dass die fehlenden Fans schon ein kleiner Vorteil für die Bayern gewesen sein könnten, „weil die Stimmung hier schon das Zünglein an der Waage sein kann.“ Union-Verteidiger Neven Subotic, der sich im Vorfeld nicht als Freund des Re-Starts entpuppt hat, meinte: „Wir merken auch, was diesen Job so besonders macht, das sind auf jeden Fall die Fans. Unser Job ist es, Fußball zu leisten. Auf dem Platz hat sich das dann wieder richtig gut angefühlt.“
Union Berlin mit Rückstand nach Elfmeter
Nach einer Viertelstunde legte der Favorit, gespickt mit seinen Robert Lewandowskis, Serge Gnabrys und Leon Goretzkas zu. Gedankenschnelligkeit war das Stichwort für den Rest der ersten Halbzeit. Zunächst war Thomas Müller ein wenig übereifrig, als er einen Kopfball von Gnabry über die Linie drückte. Dem vermeintlichen 0:1 verweigerte Schiedsrichter Bastian Dankert (Rostock) nach Videobeweis zu Recht wegen Abseits die Anerkennung.
Wenige Minuten vor der Pause brauchte Subotic dann zu lang, um den Ball wegzuschlagen. Goretzka sprang dazwischen, wurde getroffen – Elfmeter. Lewandowski ließ sich die Chance nicht entgehen und verwandelte im polnischen Duell gegen Union-Torwart Rafal Gikiewicz (39.).
Union Berlin kassiert das 0:2 nach einer Ecke
Goretzka leitete mit der Großchance zum 0:2 (49.) eine zweite Halbzeit ein, in der der Spitzenreiter auf eine frühe Entscheidung drängte, um den Vier-Punkte-Vorsprung vor Borussia Dortmund in der Tabelle zu wahren. Benjamin Pavard setzte einen Kopfball knapp neben das Union-Tor (55.).
Unter dem Druck der Bayern fehlte Union auch ein wenig der Mut für eigene Offensivaktionen. Gnabry vergab nach einem feinen Konter über Kingsley Coman (78.) sowie kurz darauf durch Alphonso Davies (78.) die nächsten Chancen. Pavard machte es bei seinem Kopfball nach einer Ecke von Joshua Kimmich besser (80.).
Für zwei Union-Sympathisanten endete die Partie mit Platzverweisen durch die Polizei. Sie waren auf einen Baum neben dem Stadion geklettert, um doch noch einen Blick auf das Spiel zu erhaschen.
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