Bundesliga

Hopp-Schmähungen überschatten Unions Remis

| Lesedauer: 5 Minuten
Michael Färber
Unions Profis sind nach dem Remis gegen Wolfsburg nicht nur wegen des verspielten Vorsprungs enttäuscht.

Unions Profis sind nach dem Remis gegen Wolfsburg nicht nur wegen des verspielten Vorsprungs enttäuscht.

Foto: Andreas Gora / dpa

Aufsteiger Union holt gegen Wolfsburg einen Punkt. Doch auch die Partie ist überschattet von Diffamierungen gegen Hoffenheims Mäzen.

Berlin. An einem für den deutschen Fußball denkwürdigen Wochenende rückte auch im Stadion an der Alten Försterei der Fußball in den Hintergrund. Nach den Diffamierungen gegen Dietmar Hopp vom Sonnabend stimmten auch Fans des 1. FC Union in den abscheulichen Kanon der Fehlgeleiteten ein.

Kurz vor Ende der ersten Halbzeit in der Bundesliga-Partie gegen den VfL Wolfsburg wurde jene Grenze übertreten, die bereits am Sonnabend in den Spielen in Sinsheim zwischen der TSG Hoffenheim und dem FC Bayern sowie in Dortmund und in Köln übertreten worden war.

Spiel musste 15 Minuten unterbrochen werden

Mit einem Transparent, das Hopp im Fadenkreuz zeigte, sowie einem großen Transparent mit der Aufschrift „Hurensohn“ verunglimpfte Unions Fanblock den Hoffenheimer Mäzen. Die Partie vor 22.012 Zuschauern in der Alten Försterei wurde von Schiedsrichter Bastian Dankert für eine Viertelstunde unterbrochen und stand kurz vor dem Abbruch.

Bemerkenswert war die Reaktion der Zuschauer auf der Haupttribüne und auf den Rängen der Gegengerade. Sie skandierten sofort nach dem Auftauchen des Fadenkreuz-Plakats laut „aufhören, aufhören“. Wirklich zur Vernunft rufen konnten sie den Fanblock jedoch nicht.

Im Gegenteil: Als Unions Stadionsprecher Christian Arbeit nach Aufforderung Dankerts über das Stadionmikrofon aufrief, die Transparente zu entfernen, da sonst ein Spielabbruch drohe, wurden die Proteste noch wütender.

Union-Manager Ruhnert verurteilt die Fan-Aktion

Bereits nach einer halben Stunde hatten jene Unverbesserlichen im Union-Fanblock massiv ihren Unmut gegen den Deutschen Fußball-Bund (DFB) geäußert. Zum lautstarken Gesang „Ihr macht unseren Sport kaputt, ihr Wichser“ war auf mehreren Transparenten zu lesen: „2017 Kollektivstrafen abgeschafft, nun Hopp hofiert und zwei Schritte zurück gemacht! Fick dich DFB!“

Hintergrund der Aktionen ist die Kollektivstrafe gegen die Fans von Borussia Dortmund. Die BVB-Anhänger dürfen in den kommenden beiden Spielzeiten wegen ihrer immer wieder geäußerten Hopp-Schmähungen nicht ins Sinsheimer Stadion.

Oliver Ruhnert, Unions Geschäftsführer Profifußball, verurteilte die Aktion, die offenbar bundesweit geplant gewesen ist. „Persönliche Beleidigungen sind nicht akzeptabel. Das erste Banner war eine Äußerung der Fans, die vollkommen legitim ist. Da gab es aus meiner Sicht keinen Grund einzugreifen. Man darf sich als Fangruppe auch kritisch gegen Dinge äußern, wenn man nicht einverstanden ist, wie gegen Kollektivstrafen. Aber die Dinge, die am Ende passiert sind, die gehen überhaupt nicht. Das ist ein No-Go und da stehen wir auch absolut dahinter, das wird von uns nicht akzeptiert“, sagte Ruhnert.

Union-Trainer Fischer fordert von den Fans Anstand und Respekt

Auch Union-Trainer Urs Fischer kritisierte das Vorgehen der Fans: „Ich verstehe, wenn man seine Meinung sagt, aber mir geht es darum, wie du sie sagst. Für mich hat das mit Anstand und Respekt zu tun.“

Der Schweizer verdeutlichte, wie die Fans mit ihrem Gebaren der Mannschaft sogar schaden: „Es war wirklich sehr unangenehm für die Jungs. Vor allem die zweite Unterbrechung war nicht toll, du gehst für gefühlte zehn Minuten in die Kabine, musst dann nochmal raus, weil noch fünf Minuten zu spielen sind. Das kann ein Spiel in eine völlig andere Richtung bringen. Damit habe ich auch so meine Mühe.“

Spieler von Union Berlin verurteilen das Vorgehen der Fans

Unions Profis erklärten sich mit dem Verhalten der Fans ebenfalls nicht einverstanden. Christopher Trimmel machte deutlich: „Wir haben ganz klar kommuniziert, dass wir solche Plakate nicht sehen wollen.“ Unions Kapitän stand vor dem Union-Fanblock im kurzen Dialog mit einem Capo (Vorsänger) der aktiven Fanszene. „Ich finde es auch nicht schlecht, dass wir Spieler alle geschlossen reagieren und in die Kabine gegangen sind“, sagte Trimmel zur Spielunterbrechung.

Teamkollege Marvin Friedrich ergänzte: „Das hat mit Fußball nichts zu tun, das geht nicht. Wir dürfen so etwas nicht zulassen.“ Und Christian Gentner fügte hinzu: „ Wir wollen keinen Keil zwischen Fans und Mannschaft treiben, aber dass wir anderer Meinung sein dürfen, muss auch akzeptiert werden.“

Für Wolfsburgs Profi Maximilian Arnold geht die DFB-Vorgabe in solchen Fällen noch nicht weit genug: „Ich würde beim ersten Vergehen das Spiel abbrechen, damit die Leute das merken.“ Bislang sieht der Drei-Stufen-Plan des DFB vor, bei den ersten zwei Vergehen die Partie nur zu unterbrechen.

Union Berlin verspielt einen 2:0-Vorsprung

Das Sportliche spielte jedenfalls nur eine Nebenrolle. Dass Gentner für sein 400. Spiel in der Bundesliga vor dem Anpfiff von Geschäftsführer Ruhnert geehrt wurde, zum Beispiel. Oder dass der Aufsteiger durch das zehnte Saisontor von Sebastian Andersson (41.) sowie den ersten Saisontreffer von Friedrich (56.) sogar mit 2:0 führte.

Auch dass Union den Sieg gegen stärker werdende Wolfsburger verspielte, weil Yannick Gerhardt (60.) und Wout Weghorst (81.) auf 2:2 stellten. Für Union-Trainer Fischer war es „ein korrekter, ein wichtiger Punkt gegen einen ganz starken Gegner. Das Unentschieden spiegelt das Spiel wider.“

Mit dem Unentschieden, dem ersten in der Alten Försterei in der Bundesliga, hielt Union den Abstand zu Fortuna Düsseldorf auf Relegationsplatz 16.

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