Berlin. Natürlich wollte Urs Fischer lieber über den kommenden Gegner Eintracht Frankfurt reden. Die Aufgabe, die seiner Mannschaft am Freitagabend (20.30 Uhr, Alte Försterei) bevorsteht, hat es allemal in sich. Und der Schweizer steht ohnehin nicht in Verdacht, sich in den Vordergrund zu spielen.
Doch am Mittwoch blieb dem 53-Jährigen keine Wahl. Weil es Fischers Arbeitgeber, der 1. FC Union, höchstselbst gewesen ist, der ihn zum Thema vor dem sechsten Spieltag in der Fußball-Bundesliga gemacht hat: mit der Bekanntgabe, dass Fischer dem Aufsteiger bis 2021 erhalten bleiben wird.
Mit dem Sprung ins Oberhaus Ende Mai hatte sich der Vertrag mit Fischer, zunächst nur bis 2020 datiert, automatisch um ein weiteres Jahr verlängert. „Toll, dass es so ist“, kommentierte Fischer nun, sprach von einer „gewissen Wertschätzung, die dir entgegengebracht wird“.
Option im Vertrag tritt in Kraft
Es ist der Zeitpunkt, der überrascht. Gut und gern hätte man das Eintreten der vereinbarten Option schon während der Feiern rund um den Aufstieg verkünden können. Als ultimative Kirsche auf einer schon üppigen Sahnetorte.
Doch bei Union, das wurde nun wieder deutlich, ticken die Uhren ein wenig anders, wenn es um die wichtigste sportliche Personalie des Vereins geht. „Den richtigen Zeitpunkt wirst du nie kriegen“, sagte Fischer und machte deutlich, dass die Bekanntgabe „sicherlich nichts mit den beiden Niederlagen zu tun“ habe. Quasi als ein Schuss Extra-Motivation für die Mannschaft vor dem Frankfurt-Spiel.
„Ich hätte lieber Punkte gegen Bremen und Leverkusen geholt. Aber es war der passende Zeitpunkt“, erklärte Fischer. Dass dieser Zeitpunkt nichts – und wenn, dann nur wenig – mit der aktuellen Lage zu tun hat, dürfte klar sein.
Union als Mikrokosmos
Union, allen voran Klubchef Dirk Zingler, hat immer deutlich gemacht, dass eine Trainerfrage nicht ausschließlich von der sportlichen Situation abhängig ist. Das gilt für Vertragsverlängerungen ebenso wie für Entlassungen.
Der Köpenicker Klub begreift sich stets als Mikrokosmos, bei dem im Idealfall alles im Gleichgewicht ist. Nicht nur was das Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft angeht, sondern unter allen Geschäftsbereichen des Vereins, von der Klubführung bis hin zum technischen Angestellten.
Folglich sollte nicht aus der Euphorie des Aufstiegs heraus eine Entscheidung bekanntgegeben werden, die sich im Bundesliga-Alltag vielleicht zu schnell als Fehler entpuppen könnte. So sollte mit kühlem Kopf getroffen werden, durch alle Klubbereiche hindurch. Die offenbar positiven Signale haben Union nun veranlasst, die Vertragsverlängerung bekanntzugeben.
Fischer lässt sich auf Union ein
„Urs Fischer hat sich auf Union eingelassen und Unioner spüren so etwas sehr genau“, kommentierte Union-Präsident Zingler. Die „Überzeugung, die Position des Cheftrainers im Sommer 2018 mit Urs Fischer zu besetzen, hat sich auch darin ausgedrückt, den Erfolgsfall im Vertrag von vornherein mit zu regeln“, erklärte Zingler.
Dass dies auch dem Verhandlungsgeschick von Oliver Ruhnert, Unions Geschäftsführer Profifußball, geschuldet ist, soll hier nicht verschwiegen werden. Er hatte Fischer im Sommer vergangenen Jahres zu Union gelotst.
„Unsere Zusammenarbeit hat sich sehr schnell gut eingespielt, sie war zielführend und erfolgreich“, sagte Ruhnert nun. Wohl wissend, dass der Vertrag Fischers auch bei einem möglichen Abstieg in die Zweite Liga bis 2021 gültig ist.
Vertragsverlängerung ist ein richtiger Schritt
Fakt ist: Mit Fischer über 2020 hinaus zu verlängern, kann dem Verein nur gut tun. Es war der Schweizer, der Union eine neue Professionalität eingepflanzt hat. Ruhig, sachlich, immer von Spiel zu Spiel denkend, jedoch nie das große Ziel aus den Augen verlierend. Das galt für den Aufstieg in diesem Jahr und gilt auch für den erhofften Klassenerhalt im nächsten.
„Ich bin damals mit einem sehr guten Gefühl zu Union gekommen und meine positiven Erwartungen sind noch deutlich übertroffen worden“, fasste Fischer seine ersten 15 Monate bei den Köpenickern zusammen: „Der Zusammenhalt in diesem Verein, die Art und Weise der Zusammenarbeit mit den Gremien und Mitarbeitern und die Unterstützung durch die Fans sind wirklich außergewöhnlich. Es macht großen Spaß, hier zu arbeiten und gemeinsam ambitionierte Ziele zu verfolgen.“
Nach einem keineswegs unmöglichen Ligaverbleib kann dies nur die Etablierung des Klubs in der Bundesliga sein. So, wie die Mannschaft ihrem Cheftrainer in den vergangenen Wochen und Monaten gefolgt ist, stehen die Chancen nicht schlecht, dies auch zu erreichen.
Fischer soll für Kontinuität sorgen
Wie groß die Wertschätzung ist, die Union seinem Trainer tatsächlich zuteilwerden lässt, macht eine Zahl deutlich: 2194. So viele Tage ist es her, dass Union letztmalig mit einem Cheftrainer verlängert hat. Uwe Neuhaus durfte sich an jenem 22. November 2013 über einen neuen Kontrakt freuen.
Knapp sechs Jahre später ist Urs Fischer angetreten, um bei Union endlich wieder für Kontinuität auf dem Trainerposten zu sorgen.
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