Zweite Liga

Union braucht den Befreiungsschlag

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Union-Stürmer Sebastian Polter (l., hier im Duell mit Kölns Jorge Mere) kann im engen Aufstiegsrennen den Unterschied ausmachen.

Union-Stürmer Sebastian Polter (l., hier im Duell mit Kölns Jorge Mere) kann im engen Aufstiegsrennen den Unterschied ausmachen.

Foto: Andreas Gora / picture alliance/dpa

Union braucht in Dresden einen Sieg, um nicht doch noch den Aufstieg aus den Augen zu verlieren. Das ist leichter gesagt als getan.

Berlin. Und dann kam der Moment, in dem Urs Fischer aus sich heraus ging, in dem er dem Fußball jenen Platz zuwies, den er tatsächlich hat. Weg von allem „Das muss doch“ hin zu einem „Das hätte auch anders laufen können“. Also hellte sich die Miene beim Trainer des 1. FC Union auf, als er ausrief: „Gott sei Dank ist es menschlich. Das ist doch schön, dass wir es immer noch mit Menschen zu tun haben. Würde man zwei Computer gegeneinander spielen lassen, das wäre wahrscheinlich sehr langweilig.“

Was das mit dem Berliner Fußball-Zweitligisten zu tun hat? Die Aussage des Schweizers dient als eine, am Ende vielleicht sogar die entscheidende Erklärung dafür, warum ein Laufweg in den vergangenen beiden Spielen dem Gegner Chancen und Tore ermöglichte. Und warum der Schuss von den eigenen Profis nur knapp das Tor verfehlte, statt es zu treffen.

„Wir hatten gegen Paderborn nach einer Minute eine ganz große Chance durch Carlos Mané, da muss er treffen. Hat er aber nicht. Das ist menschlich, schön“, erklärte der Schweizer: „Aber wir müssen weiter daran arbeiten. Wir haben auch in dieser Woche immer wieder Torabschlüsse trainiert, um dranzubleiben. Es nützt nichts, wenn ich ihm nur gut zurede, am Schluss hat er im Spiel eine ganz andere Situation. Das hat einen Einfluss darauf, wie du aufs Tor schießt, ist die Überzeugung da, ist sie nicht da.“

Union trifft auf einen Ex-Unioner

Diese Überzeugung braucht es, will Union am Sonntag bei Dynamo Dresden (13.30 Uhr, Sky) nicht nur bestehen, sondern nach den beiden Niederlagen in Heidenheim und gegen Paderborn wieder gewinnen.

Kein leichtes Unterfangen, nachdem die Dresdner unter ihrem neuen Trainer und Ex-Unioner Cristian Fiel in den vergangenen vier Spielen ihr Selbstvertrauen wiedergefunden haben, während die Köpenicker gerade viel dafür getan haben, dass das Nachdenken ein instinktiv richtiges Handeln verdrängt.

Alles menschlich und damit nachvollziehbar. Im Endspurt einer Saison, noch dazu in einem derart spannenden Aufstiegsrennen, ist dies jedoch der denkbar ungünstigste Zeitpunkt. Für Union heißt es im brisanten Ostderby: siegen oder kriseln.

Union kann sich auf die Verfolger verlassen

„Aufgepasst“, mahnt Fischer, „das ist für mich schon ein sehr negatives Wort.“ Tatsächlich spielt Union bislang eine Saison, die um einiges besser verläuft, als man nach einem solch großen Umbruch im Sommer vielleicht erhoffen, nicht jedoch erwarten durfte. Doch die Begehrlichkeiten bleiben groß, Rang zwei, ein direkter Aufstiegsplatz, ist trotz des Vier-Punkte-Rückstandes auf den Hamburger SV längst noch nicht abgeschrieben. „Der HSV liegt noch in Schlagdistanz“, machte Fischer deutlich.

Zumal der dritte Platz, der in die Relegation gegen den Bundesliga-16. führt (23. und 27. Mai), offenbar bereits fest in Union-Hand zu sein scheint. Die schärfsten Verfolger haben jedenfalls auch am 27. Spieltag alles dafür getan, um den Berlinern ihre Aufstiegschance zu erhalten.

Paderborn mit Trainer Steffen Baumgart („Als Vierter willst du sicherlich nicht Siebter werden“) rettete per Elfmeter in der Nachspielzeit ein 1:1 in Sandhausen. Und der FC St. Pauli kassierte bei Holstein Kiel trotz 1:0-Führung und Überzahl in der zweiten Halbzeit ein 1:2. Wodurch die Kieler zwar bis auf zwei Zähler an Union heranrücken konnten, Paderborn und St. Pauli jedoch die Chance verpassten, mit Union zumindest bis Sonntag gleichzuziehen.

Union-Stürmer Polter warnt

Die Konkurrenz spielt also wiederholt für Union. Kann nun auch Union wieder für Union spielen? Die vergangenen Trainingseinheiten geben Fischer Anlass zur Hoffnung, dass die Ergebniskrise ein Ende haben könnte. „Ich glaube schon, dass ich etwas Spezielles gespürt habe, dass die Mannschaft reagieren will“, sagte der Union-Trainer.

Laut Stürmer Sebastian Polter, der vor einer Woche sein Comeback nach einer Mittelfußverletzung gefeiert hatte, hat die Niederlage gegen Paderborn „noch einmal die Sinne geschärft“. Den Hoffnungen, dass die Rückkehr des Publikumslieblings den Köpenickern im Saisonendspurt einen kräftigen Schub verleihen könnte, nahm er selbst ein wenig den Zauber. „Nur weil ich wieder da bin, läuft es nicht von allein.“

Die mentale Wirkung, die sein Comeback – noch dazu gleich mit einem Tor veredelt – haben kann, ist dennoch nicht zu unterschätzen. Dass es manchmal solch kleiner „Wunder“ bedarf, um selbst wieder an ein großes zu glauben, ist nur allzu menschlich.

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( Michael Färber )