Berlin. Es ist ein Spiel, das in die Geschichtsbücher des 1. FC Union eingehen wird. Wobei der Berliner Fußball-Zweitligist wenig dazu beigetragen hat, dass es am Montagabend im Volksparkstadion zum ersten Duell überhaupt zwischen dem Bundesliga-Absteiger Hamburger SV und den Köpenickern geben wird (20.30 Uhr, Sky). Ein Duell, das für Union mehr ist als nur die Jagd nach drei Punkten. Es ist die Reifeprüfung für den Jahrgang 2018/19.
Trainer Urs Fischer spricht von einem „speziellen Spiel“, für Torjäger Sebastian Polter ist es „ein Highlight“ und Innenverteidiger Florian Hübner freut sich trotz eines gebrochenen und geschienten Fingers auf „ein geiles Spiel“. Die Brust der Union-Profis könnte nach 13 Spielen ohne Niederlage kaum breiter sein.
Kommt nun noch ein Erfolg in Hamburg hinzu, haben sich die Köpenicker nicht nur tabellarisch, sondern auch vom Status in der Liga her in die Rolle eines Aufstiegsfavoriten gespielt. Erinnerungen an das 1:1 am zweiten Spieltag werden wach, als Union beim ersten Aufstiegskandidaten 1. FC Köln punktete. Diesen Vergleich als Omen dafür heranzuziehen, dass nun auch in Hamburg zumindest nicht verloren wird, greift jedoch zu kurz.
Einsatz von HSV-Stürmer Lasogga fraglich
Der Fakt, dass sich die Bundesliga-Absteiger gerade zu Saisonbeginn eine Klasse tiefer erst noch zurechtfinden müssen, darf bei dem Remis von Köln nicht außer Acht gelassen werden. Beim Hamburger SV ist diese Findungsphase spätestens mit dem Trainerwechsel von Christian Titz zu Hannes Wolf Mitte Oktober abgeschlossen. „In der Umschaltphase, egal ob bei Ballgewinn oder Ballverlust, tritt das Team sehr solidarisch auf“, wie es Unions Coach Fischer umschreibt. Ähnlich wie Union agiert der HSV als funktionierende Einheit. „Sie suchen den direkten Weg, vielleicht mit etwas weniger Ballbesitz als unter dem alten Trainer“, analysierte Fischer.
Zugleich will der Schweizer die individuelle Klasse der Hanseaten nicht unter den Tisch fallen lassen. Denn selbst falls Torjäger Pierre-Michel Lasogga nicht spielen sollte (der Ex-Herthaner musste das Abschlusstraining am Sonntag mit Problemen in der rechten Wade humpelnd abbrechen), bleibt die Qualität bei den Hamburgern enorm hoch. Aaron Hunt und Lewis Holtby nennt der Union-Coach als weitere potenzielle Gefahrenherde für seine Mannschaft: „Sie suchen immer die 1:1-Situation und ziehen auch immer wieder zum Tor.“
Die ganze Mannschaft sei gefordert, insbesondere natürlich die Innenverteidiger Hübner und Marvin Friedrich. „Wir müssen sie in der Spieleröffnung stören. Ob uns das aber über 90 Minuten gelingt, wage ich zu bezweifeln“, sagte Fischer.
Beste gegen zweitbeste Defensive der Liga
Dass Union mit der besten Defensive nach Hamburg reist (nur acht Gegentore in zwölf Spielen), ist sicher kein Nachteil. „Union ist in Bezug auf die Disziplin eine absolute Spitzenmannschaft“, lobte HSV-Trainer Wolf den Kader der Berliner als „ein Best-of der Zweiten Liga“. Man brauche „unser höchstes Level, um gegen diese Mannschaft zu bestehen. Aber wir haben auch etwas dagegenzusetzen.“ Die mit zwölf Gegentoren zweitbeste Defensivabteilung der Liga zum Beispiel.
Dass Union-Trainer Fischer aus einem nahezu vollständigen Kader schöpfen kann, lässt in Hamburg auf ein echtes Spitzenspiel hoffen. Mittelfeldspieler Grischa Prömel kehrt nach seiner Gelb-Rot-Sperre wieder zurück und dürfte aller Voraussicht nach wieder das Bindeglied zwischen Defensive und Offensive geben. Lediglich Linksverteidiger Christopher Lenz kann – neben den Langzeitverletzten Marc Torrejon und Fabian Schönheim – wegen muskulärer Probleme nicht mitwirken.
„Es gilt, Organisation und Mut zum Fußballspielen zu haben“, appellierte Trainer Fischer an seine Mannschaft. Die gut 6000 Union-Fans unter den erwarteten 50.000 Zuschauern werden genau hinschauen, ob ihre Helden die Reifeprüfung im Volksparkstadion auch bestehen werden.