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1. FC Union wird zum 1. FC Umbruch

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Michael Färber
Auch Union-Torjäger Steven Skrzybski (l.) dürfte ein Kandidat für einen Vereinswechsel sein

Auch Union-Torjäger Steven Skrzybski (l.) dürfte ein Kandidat für einen Vereinswechsel sein

Foto: Matthias Koch / imago/Matthias Koch

Die bevorstehende Trennung von Leistungsträgern wie Toni Leistner wird bei den Köpenickern nicht die letzte bleiben.

Berlin.  Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die Maßnahme des 1. FC Union, Anfang Dezember vergangenen Jahres mit dem Trainerwechsel von Jens Keller zu André Hofschneider „Konstanz in die sportlichen Leistungen“ (Sport-Geschäftsführer Lutz Munack) zu bekommen, ist gescheitert. Das gilt für die Ergebnisse, die der Berliner Fußball-Zweitligist seit jener Personalie eingefahren hat. Acht Zähler in neun Spielen – nur der abstiegsbedrohte VfL Bochum war einen Punkt schlechter. Relegationsplatz drei ist für den Tabellenachten wieder sechs Punkte entfernt, die beiden Aufstiegsplätze selbst mit dem Fernglas kaum wahrnehmbar.

Den Aufstieg haben alle so gut wie abgeschrieben

Das Scheitern gilt insgesamt aber auch für die Auftritte der Köpenicker. Fußballerischer Aufschwung ist nur mit viel Wohlwollen erkennbar, in irgendeiner Form von einer Spitzenmannschaft zu reden, verbietet sich sogar. Selbst die Verantwortlichen bei Union scheinen ihr Feuer, den Aufstieg in die Bundesliga in dieser Saison noch zu schaffen, bis auf ein Restglimmen verloren zu haben. Anders ist die Entwicklung, die der Kader in den vergangenen Wochen genommen hat, nicht zu erklären. Der Umbruch bei Union ist in vollem Gange.

Bislang letzter Beleg dafür sind die von Union beendeten Vertragsgespräche mit Toni Leistner. Damit verlässt nicht irgendein Spieler den Klub, sondern der Abwehrchef. Helmut Schulte, Leiter von Unions Lizenzspielerabteilung, sagte zwar: „Wir würden unabhängig vom Saisonergebnis gern mit Toni weiterarbeiten.“ An die automatische Verlängerung des aktuellen Vertrages, die nur beim Aufstieg wirksam wird, glaubt aber offenbar auch er nicht mehr.

Torjäger Skrzybski wird kaum zu halten sein

Leistners Weggang am Saisonende ist nur logisch, nachdem Union ihm vorigen Sommer einen Wechsel nach England mit der Perspektive, im Aufstiegsrennen richtig angreifen zu wollen, untersagt hatte. Diese Perspektive sieht Leistner, mit 27 Jahren im besten Fußballeralter, offenbar nicht mehr gegeben. Wohl auch angesichts der Schwergewichte, die aus der Bundesliga abzusteigen drohen (Hamburger SV, 1. FC Köln). Und mit Innenverteidiger Marvin Friedrich, aber auch mit Lars Dietz, beide in der Winterpause verpflichtet, steht zumindest quantitativer Ersatz schon bereit.

Für einen anderen Profi könnte es auch die letzte Saison bei Union werden. Es ist kein Geheimnis, dass Steven Skrzybski längst die Aufmerksamkeit aus dem Oberhaus auf sich gezogen hat. Das Eigengewächs wird derzeit mit Schalke 04 in Verbindung gebracht. Vor dieser Saison hatte zudem Aufsteiger VfB Stuttgart ein Auge auf den Torjäger geworfen, obwohl der erst kurz vorher seinen Vertrag bei Union bis 2020 verlängert hatte. Und da sich der 25-Jährige (13 Tore) auf dem Weg zum Torschützenkönig in Liga zwei befindet, wird das Interesse nicht abflauen.

Kreilachs Abgang in die USA spricht Bände

„Zu Gerüchten werde ich auch wie in der Vergangenheit nichts sagen“, gab Skrzybski mit schelmischem Grinsen zu verstehen. Er sagte aber auch: „Der Wunsch Bundesliga ist ganz klar da, dafür ist jeder Fußballer. Wer mich kennt, weiß, dass ich versuche, meine eigenen Grenzen auszutesten. Das ist unabhängig davon, was noch passiert.“ Auch Linksverteidiger Kristian Pedersen (Vertrag bis 2019) hat die Konkurrenz längst auf sich aufmerksam gemacht.

Dass Union einen Vorzeigeprofi wie Damir Kreilach bereits in die amerikanische MLS zu Real Salt Lake City hat ziehen lassen, spricht ebenfalls Bände. Zum Saisonstart der MLS stand der Kroate gleich in der Startelf, spielte beim 1:1 beim FC Dallas 78 Minuten im zentralen Mittelfeld. Trainer Hofschneider hatte den 28 Jahre alten Ex-Kapitän in den „Herbst seiner Karriere“ verortet. Zudem laufen die Verträge der defensiven Mittelfeldspieler Stephan Fürstner und Dennis Daube im Sommer aus. Dass beide bei Union bleiben werden, darf bezweifelt werden.

Mit Torwart Mesenhöler noch keine Vertragsverlängerung

Selbst auf der Torwartposition könnte es Bewegung geben: Daniel Mesenhöler, Unions Nummer eins, ist im Sommer frei. „Momentan beschäftige ich mich nur mit jedem neuen Training und jedem neuen Spieltag. Alles andere ist zunächst unwichtig“, sagte der 22-Jährige nur zu seiner Situation.

Unions Chefetage wird sich auch die Frage stellen müssen, ob ein Umbruch im Team ausreichen wird für einen Neustart. Oder ob wie schon im Zuge der Trennung von Coach Uwe Neuhaus 2014 alles auf den Prüfstand gestellt werden muss. Hofschneiders Vertrag als Profitrainer ist bis 2019 datiert. Sport-Geschäftsführer Munack hat die Talfahrt als Initiator der Keller-Demission mitzuverantworten. Wichtig ist nur eines: Will Union das Ziel weiterverfolgen, sich in den Top 20 des deutschen Fußballs zu etablieren, dürfen die nächsten Maßnahmen nicht scheitern.