1. FC Union

„Wir wollen nicht absteigen“

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Michael Färber
Union-Präsident Dirk Zingler (l.) und Lutz Munack, Geschäftsführer Sport, haben derzeit wenig zu lachen

Union-Präsident Dirk Zingler (l.) und Lutz Munack, Geschäftsführer Sport, haben derzeit wenig zu lachen

Foto: Matthias Koch / imago/Matthias Koch

Sport-Geschäftsführer Lutz Munack sieht Union trotz sportlicher Talfahrt auf dem richtigen Weg – und ändert die Transferstrategie.

Berlin.  Lutz Munack versucht, Sicherheit auszustrahlen, auch Optimismus, dass der 1. FC Union im letzten Saisondrittel noch die Kurve bekommt, um den größten anzunehmenden Unfall noch rechtzeitig zu verhindern. Steckt der Berliner Fußball-Zweitligist nach sieben Spielen ohne Sieg (zwei Unentschieden), dem Absturz ins graue Mittelmaß und nur noch fünf Punkten Vorsprung auf den Ligakeller im Abstiegskampf? Munack zögert nur kurz: „Ich sehe uns nicht im Abstiegskampf. Die Liga ist sehr eng, wir sind momentan Neunter, es sind noch 14 Spieltage – nein.“

Der Aufstieg, das gesteckte Ziel der Köpenicker, ist so gut wie verspielt, da gilt es, Hoffnung zu verbreiten. Munack, Unions Geschäftsführer Sport, gelingt dies – nur im Ansatz. Stattdessen kämpft er um die Deutungshoheit über die sportliche Situation, die sich für ihn wie folgt darstellt: „Ich sehe, dass Trainer und Mannschaft miteinander sehr gut und sehr intensiv arbeiten. Das halte ich für einen wesentlichen Punkt.“

Den Trainerwechsel von Jens Keller zu André Hofschneider, für den er Anfang Dezember den Impuls gegeben hatte, „halte ich nach wie vor für total richtig. Die Aufgabe, die dahinter steht, eine Ergebniswende zu schaffen, ist deutlich schwieriger als gedacht“, muss er eingestehen, die Gemengelage im Sog der Trainerpersonalie unterschätzt zu haben.

Kampf um die Deutungshoheit über die Entwicklung

Ein Fehleinschätzung, die Union nun teuer zu stehen kommen könnte. Nicht nur, dass sich die Köpenicker allerspätestens dann nach unten orientieren müssen, sollte am Montag in Bielefeld (20.30 Uhr, Sky) zum achten Mal nicht gewonnen werden. Auch die Möglichkeiten, den Aufstieg im nächsten Jahr nachzuholen, werden nicht größer angesichts der vom Abstieg bedrohten Bundesliga-Schwergewichte aus Köln, Hamburg oder Bremen.

Munack sieht sich in seiner Maßnahme dennoch bestätigt. In den beiden Partien vor Weihnachten gegen Dresden (0:1) und Ingolstadt (1:2) hatte Hofschneider „Zeit, in der er die Spieler kennenlernen konnte. Er hatte eine Vorbereitung, jetzt haben wir einmal unentschieden gespielt (2:2 in Kiel) und einmal verloren (0:1 gegen Nürnberg). Wir haben dabei übrigens zwei Standardtore und ein Abseitstor gegen uns bekommen, und wir haben Torchancen nicht richtig verwertet.“

Steven Skrzybskis Abseitsposition bei seinem Tor in Kiel? Das Auslassen der Chancen durch den Gegner? Sie werden verschwiegen.

Lob für Hofschneiders Souveränität

„Ich räume auch ein, dass wir einen kurzfristigen Effekt nicht erzielt haben. Das heißt aber nicht, dass ich an den Entscheidungen in irgendeiner Art und Weise zweifle“, sagt Munack. Hofschneider stärkt er nach nur einem Punkt aus vier Spielen demonstrativ den Rücken. Logisch, sonst würde der 41-Jährige nicht nur den Chefcoach, sondern auch sich selbst im Amt beschädigen.

Dass Hofschneider nicht erfahren genug sei für die derzeitige Situation, „empfinde ich mindestens als falsch“. Dem Coach sei „jede Menge Respekt entgegenzubringen. Er ist seit Jahren Trainer und bringt einen Erfahrungsschatz als Profi mit. Die Ruhe und Souveränität, wie er die Situation gerade meistert, halte ich für zielführend.“

Zielführend, um vielleicht wieder auf den Erfolgsweg zu kommen. Aber auch ausreichend, um sich künftig als Aufstiegskandidat zu präsentieren? Munacks Mitleid, Union könnte Hofschneider bei dessen erster Chefmission verheizen, hält sich jedenfalls in Grenzen: „Wenn der Trainer einem leid tut, ist das schon mal nicht gut. Das ist im Sport grundsätzlich falsch. Mir tut er nicht leid, er hat eine tolle Aufgabe und die geht er mit vollem Elan an.“ Verbunden mit dem Auftrag, aus spielerischer „Eindimensionalität eine Variabilität herzustellen“. Der Kader sei auch darauf ausgelegt.

Umbruch im Kader nicht nur mit jungen Spielern

Es ist die Vision, die fehlt, die einen mitnimmt, stattdessen bleibt der fade Geschmack eines Vereins, der sich schon immer darin gefallen hat, im eigenen Saft zu schmoren. Wie die Strategie für die nächste Saison ausschaut? „Wir werden auch in diesem Sommer eine Entscheidung treffen. Die kann ich aber noch nicht nennen, weil ich sie noch nicht kenne. Für uns ist wichtig, jetzt ein Spiel zu gewinnen, alles andere folgt aus dem Endergebnis der Saison. Beispielsweise, wie eine Kaderentscheidung ausfällt.“ Im vergangenen Sommer wurde Leistungsträgern eine Absage für einen Wechsel erteilt. Für 2018/19 scheint ein Umbruch hingegen unausweichlich.

Dafür will – das verriet Munack dann doch – Union von der Strategie abweichen, bei Zugängen vor allem auf Talente zu setzen: „Spieler, die in der Entwicklung und damit auch im Wert Steigerungsmöglichkeiten haben, sind interessanter. Andererseits braucht man auch Spieler, die sofort ein bestimmtes Niveau und Souveränität garantieren. Wir werden nicht ausschließlich junge Spieler verpflichten.“

Bleibt die Frage, wie oft Hofschneider (Vertrag bis 2019) noch verlieren darf, bis auch er in Frage gestellt wird. „Die Frage ist nicht, wie oft ein Trainer verlieren darf, sondern welche Maßnahmen wir ergreifen, um Spiele zu gewinnen. Ich möchte nicht in die Dritte Liga gehen, mit niemandem“, sagt Munack. Seine Stimme wirkt in diesem Moment nicht wirklich sicher.