1. FC Union

Das A-Team aus Köpenick

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Michael Färber
Unions Profis – hier Christopher Trimmel, Philipp Hosiner, Dennis Daube und Simon Hedlund (v.l.) – präsentieren sich als verschworene Gemeinschaft

Unions Profis – hier Christopher Trimmel, Philipp Hosiner, Dennis Daube und Simon Hedlund (v.l.) – präsentieren sich als verschworene Gemeinschaft

Foto: Matthias Koch / imago/Matthias Koch

Unions Pokalauftritt in Leverkusen hat gezeigt, wie ausgeglichen der Kader besetzt ist. Ein Trumpf, der vorige Saison noch gefehlt hat.

Berlin.  Die Szene hätte nicht aussagekräftiger sein können. Mit ernstem Blick und zusammengekniffenem Mund klatschte der Trainer sein Team nach dem Schlusspfiff an der Seitenlinie ab. Auf dem Rasen war in den Gesichtern der Profis vor allem eines zu erkennen: Erschöpfung. Dabei ist es doch ein so erfolgreicher Abend im DFB-Pokal gewesen – für Bayer Leverkusen und seinen Coach Heiko Herrlich.

Das Mienenspiel in den Reihen des Fußball-Bundesligisten am späten Dienstagabend dokumentierte, wie schwer es gegen den 1. FC Union gewesen ist, sich für das Achtelfinale zu qualifizieren. Wie stark die Berliner den klaren Favoriten gefordert hatten in der zweiten Runde, welch bemerkenswerten Auftritt sie hingelegt hatten.

Klar, dass beim Union-Tross auch am Tag nach dem 1:4 Enttäuschung das vorherrschende Gefühl war. Doch auch wenn der erstmalige Sprung unter die besten 16 des nationalen Cupwettbewerbes seit 2013 und die damit verbundene 637.000-Euro-Prämie verpasst wurden – Union hat in Leverkusen gezeigt, wie komplett der Kader des Zweitligisten wirklich ist. Dass Trainer Jens Keller vor der Partie nicht müde wurde zu untermauern, „dass wir keine B-Elf oder B-Spieler haben, sondern einen breiten und guten Kader“, ist im Normalfall auch immer dem Umstand geschuldet, die Profis in der zweiten Reihe stark zu reden. Ein Umstand, der in dieser Saison jedoch nicht mehr ist als eine Randnotiz.

„Sehen, wie weit wir schon sind“

„Die Spieler haben es verdient. Es sind ja nicht irgendwelche Spieler, die wir da reinschmeißen. Und es war ja nicht so, dass wir gesagt haben, wir schonen jetzt irgendjemanden. Wir brauchen für unser Spiel Power, und das haben die Spieler heute zurückgegeben“, erklärte der Coach. Bis auf Simon Hedlund und Christopher Trimmel hatte Keller seine Elf im Vergleich zum Liga-Sieg am Sonnabend gegen Fürth (3:1) komplett durchgeschüttelt.

Der Leistung tat dies keinen Abbruch, im Gegenteil, in der zweiten Halbzeit „haben wir Leverkusen nichts mehr gegeben“, stellte Keller fest. Er sprach dabei vor allem von der Phase nach dem 1:2 durch Lucas Alario, einem „Treffer aus dem Nichts“, wie auch Bayer-Trainer Heiko Herrlich gestehen musste.

„Wir wollten sehen, wie weit wir schon sind. Das war schließlich ein Gegner aus der Bundesliga, und da wollen wir unbedingt hin“, verdeutlichte Steven Skrzybski: „Es war wieder ein richtiger Schritt, den wir gemacht haben.“ Noch dazu auf großer Pokal-Bühne, die bundesweit mehr Aufmerksamkeit findet als der Zweitliga-Alltag.

Torwart Mesenhöler überzeugt erneut

„Man sieht, dass wir auf diesem Niveau standhalten können“, fügte Daniel Mesenhöler hinzu. Unions Nummer eins im Pokal lieferte erneut ein Zeugnis ab, dass ihn viel mehr sein lässt als nur der Ersatz für Jakob Busk, Unions Nummer eins in der Liga. In den sozialen Netzwerken kursieren schon Fragen, warum Mesenhöler nicht immer spielt oder wie gut erst die Nummer eins sein muss, wenn er selbst als Ersatzmann schon mit derartigen Paraden aufwartet.

Und es sind einige dabei gewesen. Gegen Admir Mehmedi (22., 40.) war Mesenhöler zur Stelle, gegen Alario (25.), auch gegen Julian Brandt (45.). Aktionen, die Union im Spiel hielten und die Köpenicker nur mit einem 0:1-Rückstand in die Pause gehen ließen – gegen Brandts Solo war auch Mesenhöler machtlos (36.).

Bis zu jenem Gegentreffer hatte Union die Partie offen gestalten können. Mit Dennis Daubes Ausgleich nicht mal eine Minute nach Wiederbeginn entwickelte sich jedoch ein Pokalfight, in dem Union mehr und mehr die Oberhand gewann. Selbst vom erneuten Rückstand durch Alario ließ sich der Außenseiter nicht aus der Ruhe bringen.

Unions Chancen entsprangen nicht dem Zufall

Trimmel scheiterte an Bayers Nationaltorwart Bernd Leno (60.) und gab zu: „Da hätte ich wohl quer spielen müssen.“ Damir Kreilach zimmerte einen Freistoß famos an die Latte (66.), der eingewechselte Sebastian Polter wurde ebenfalls erst von Leno gestoppt (77.). Chancen, die nicht dem Zufall entsprangen, sondern herausgespielt wurden. Gegen einen Bundesligisten, eine Mannschaft, die Keller in die „Top sechs in Deutschland“ verortet hatte.

Mit Blick auf den Union-Jahrgang 2017/18 bleibt festzuhalten: Wer A sagt, muss auch A sagen. Diese Ausgeglichenheit im Kader, seit dem Leverkusen-Spiel vor allem jenes Wissen darum, ist der größte Trumpf, den Union im Aufstiegsrennen hat. Ein Trumpf, der vorige Saison noch gefehlt hat.

„Vielleicht sehen wir uns nächstes Jahr wieder“, sagte Herrlich seinem Trainerkollegen Keller. Den Abstieg der Leverkusener hat er sicher nicht gemeint.