Defensivprobleme

Warum Union hinten nicht ganz dicht ist

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Michael Färber
Die Unioner Simon Hedlund, Jakob Busk, Kristian Pedersen, Trainer Jens Keller, Stephan Fürstner und Kenny Prince Redondo (v.l.) sind vor allem erleichtert

Die Unioner Simon Hedlund, Jakob Busk, Kristian Pedersen, Trainer Jens Keller, Stephan Fürstner und Kenny Prince Redondo (v.l.) sind vor allem erleichtert

Foto: Michael Hundt / Matthias Koch / imago/Matthias Koch

Unions verrückter Sieg gegen Kiel offenbart große Probleme im Abwehrverhalten. Und dann verletzt sich ein Profi noch an der Schulter.

Berlin.  Den obligatorischen Waldlauf der Stammspieler hat er mit gemacht. Auch das Spielersatztraining der Reservisten am Tag nach der Partie und die Stabilisierungseinheit. Felix Kroos schien nicht ausgelastet zu sein. Nachvollziehbar nach dem Heimspielauftakt des 1. FC Union gegen Holstein Kiel, das am Freitagabend zwar 4:3 gewonnen wurde, aber keineswegs völlig zufriedenstellte. Erst recht nicht den Kapitän des Fußball-Zweitligisten, der schon nach 60 Minuten vom Platz musste. „Ich hatte zu wenig Spaß gestern am Ball“, sagte Kroos.

Den dürften die wenigstens in der Alten Försterei gehabt haben, die nach der alten Fußballregel gehen, dass die Defensive Meisterschaften gewinnt. Die drei Gegentore gegen den Aufsteiger lassen sich nur schwer erklären. „Die Abstände waren zu groß, deshalb sind wir auch in den Zweikämpfen immer einen Schritt zu spät gekommen. Irgendwann bekam die Partie eine Eigendynamik, vorn wie hinten“, sagte Kroos.

Zu große Abstände verwundern schon bei einer Mannschaft, die in jeder Vorbereitungseinheit von Co-Trainer Henrik Pedersen immer wieder eingebläut bekommt: Ihr müsst auf die Abstände achten. Erst recht in einem System, das auf Gegenpressing beruht und dementsprechend die Räume eng und natürlich personell besetzt haben muss.

Zurückgewichen, statt dem Gegner zuzusetzen

Doch anstatt dem Gegner nach eigenem Ballverlust gleich wieder zuzusetzen, wichen die Köpenicker eher zurück und öffneten so das Feld für die schnellen Kieler Konter. „Wir hatten schon eine Idee, die auch plausibel war“, wollte Kroos die taktischen Vorgaben von Trainer Jens Keller nicht als falsch bewerten. „Nur so, wie wir es umgesetzt haben, war es nicht optimal“, fügte der 26-Jährige hinzu.

Christopher Trimmel hatte noch eine andere Erklärung dafür, warum sich Unions Defensive gegen Kiel nicht ganz dicht präsentierte. „In jeder Situation, die zu einem Gegentor führte, hatten wir sicher den Ball“, erklärte der Rechtsverteidiger. Zum Teil unerklärliche Fehlpässe – und davon gab es zuhauf – leiteten die Gegenstöße ein.

Selbst die Umstellung, Damir Kreilach neben Kroos in die Defensive zu beordern, führte zu nichts. Erst als Keller mit Stephan Fürstner einen rein defensiven Mann vor die Abwehr stellte, konnte Union das Spiel beruhigen. Auch weil die Kieler – wer will es ihnen nach einer wirklich couragierten ersten Halbzeit verdenken – nach einer Stunde massiv abbauten. „Wir haben dann zwar besser gestanden, aber vergessen, weiter Fußball zu spielen“, analysierte Coach Keller.

Im Pokal wartet schon der nächste wagemutige Gegner

Kroos machte am Tag nach dem Abend der offenen Tore gute Miene zum bösen Spiel, was seine Auswechslung betrifft. „Das muss man akzeptieren. Ich denke nicht, dass ich mein bestes Spiel gemacht habe. Und wenn der Trainer von draußen erkennt, das etwas gemacht werden muss und er sich für einen defensiveren Sechser entscheidet, dann ist es vollkommen in Ordnung“, sagte der Mittelfeldspieler. Sein Gesichtsausdruck verriet allerdings nicht unbedingt Zustimmung für diese Entscheidung.

Fakt ist: Union muss schleunigst daran arbeiten, dass Ähnliches nicht wieder passiert, damit der Aufstiegstraum intakt bleibt. Und es am nächsten Sonntag kein böses Erwachen gibt, denn in der ersten DFB-Pokalrunde dürfte auf Union beim Regionalligisten 1. FC Saarbrücken ein ähnlich wagemutiger Gegner warten. So war es dann auch an Kroos, das Positive aus dem Kiel-Spiel zu ziehen: „Wir haben wieder die Qualität gehabt, das Spiel zu gewinnen. Auch wenn klar ist, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben.“ Tatsächlich ging Union in ähnlichen Partien der Vorjahre wie in Bielefeld (4:4) oder Sandhausen (3:4) nicht als Sieger vom Platz

Am Sonnabendvormittag kam dennoch eine Hiobsbotschaft hinzu. Kenny Prince Redondo verletzte sich an der Schulter. Der Mittelfeldspieler war beim Flankentraining nach einem Kopfball unglücklich gefallen