2:1 gegen Sandhausen

Sieg trotz Platzverweis: Union muss ohne Polter aufsteigen

| Lesedauer: 4 Minuten
Michael Färber und Paul Hofmann
Jubel in Köpenick: Union Berlin bleibt oben dran

Jubel in Köpenick: Union Berlin bleibt oben dran

Foto: Maurizio Gambarini / dpa

Die Eisernen mischen weiter im Aufstiegsrennen mit. Lange schien der Union-Sieg ungefährdet. Dann musste Polter mit Rot vom Feld.

Wenige Minuten nach dem Abpfiff standen sie in den Katakomben der Alten Försterei zusammen und diskutierten über diese eine Szene. Mit entschuldigenden Gesten versuchte Sebastian Polter zu erklären, warum dieses Foul nach knapp einer Stunde passiert ist. Tim Kister, Polters Gegenüber, hörte dem Union-Stürmer geduldig zu. Doch der schwarze Fleck, den das 2:1 (1:0) des 1. FC Union gegen den SV Sandhausen bekommen hatte, ließ sich nicht wegdiskutieren: Polter sah die Rote Karte und ist damit zumindest für die Partie in Braunschweig (8. Mai), wahrscheinlich sogar noch länger gesperrt. Ausgerechnet im Endspurt des Aufstiegsrennens muss Union auf seinen wichtigsten Mann, auf seine Identifikationsfigur verzichten.

Polter beschrieb jene Szene in der 56. Minute, durch die die Zweitliga-Partie sogar gänzlich zu kippen drohte, wie folgt: „Das war eine sehr unglückliche Situation. Ich bin ein großer Spieler, der mit viel Tempo in die Situation geht und laufe mit einem langen Schritt auf seine Wade auf. Natürlich ist das ein Foul, ich denke aber, dass es im Normalfall eine Gelbe Karte ist. Ich habe nicht mit Rot gerechnet.“

Sünder hofft auf mildernde Umstände beim Strafmaß

Der Platzverweis war jedoch unumgänglich. „Ich bin ja kein Spieler, der unfair in die Zweikämpfe geht. Und warum sollte ich ihn in einer Situation an der Seitenlinie so foulen, wenn der Ball ohnehin ins Aus geht?“, hofft Polter auf mildernde Umstände vor dem DFB-Sportgericht. Gleiches denkt auch sein Trainer. „Man sieht, dass er nicht tritt. Klar, es ist ein grobes Foulspiel, die Rote Karte kann man geben, muss man aber nicht“, sagte Jens Keller, der die Stimmung nach dem Sieg ob der bevorstehenden Polter-Sperre als „zu negativ“ empfand.

Dabei hatten seine Profis vor dem Spiel offensichtlich genau zugehört, als Keller einen Sieg forderte, aber auch mahnte: „Dafür werden 80 Prozent nicht reichen.“ Union legte los, als würde der Aufstieg bereits am Freitagabend entschieden. Mit Kapitän Felix Kroos, der doch rechtzeitig fit wurde, im Mittelfeld. Und mit Philipp Hosiner als zweitem Stürmer neben Polter. Hosiner ersetzte Steven Skrzybski, der wegen einer Muskelverletzung passen musste. Statt Kenny-Prince Redondo spielte außerdem Simon Hedlund, und zwar hinter den Spitzen im 4-4-2-System mit Raute.

Die Sandhäuser wussten vor 22.012 Zuschauern in der ausverkauften Alten Försterei und unterstützt von rund 90 mitgereisten Fans auf der Haupttribüne anfangs gar nicht, wie ihnen geschah. Die Riesenchance zur Führung vergab Roberto Puncec nach Kroos-Eckball und Damir Kreilachs Kopfball-Vorlage – SVS-Torwart Marco Knaller lenkte den Ball an die Latte (6.). Drei Minuten später wurde Kreilachs Schuss noch abgefälscht. Doch danach drohte die Partie zu versanden, weil Union die Ideen fehlten, und Sandhausen offensiv zu harmlos war. Kroos drosch den Ball beim Schussversuch sogar aufs Stadiondach (31.).

Erst ein Pass von Christopher Trimmel, den Hedlund mit dem Kopf weiterleitete und Hosiner schließlich einschob, löste den Bann. 1:0 für Union, die verdiente Führung (33.). Und nachdem Sandhausens Richard Sukuta-Paso kurz nach Wiederbeginn den Ball aus zwei Metern mit dem Knie übers Tor bugsierte (49.) und Kreilach per Abstauber auf 2:0 stellte (54.), war die Union-Welt noch in Ordnung. Dass bei der Entstehung des zweiten Tores Sandhausen in „Unterzahl“ agierte, weil zwei Gäste-Spieler verletzt in der Union-Hälfte am Boden lagen, stieß nicht nur bei SVS-Trainer Kenan Kocak auf Unverständnis: „Da muss man sich fragen, warum der Schiedsrichter nicht abpfeift.“ Die Partie schien gelaufen. Ein Trugschluss, wegen Polter.

Denn Sandhausen witterte nun seine Chance auf zumindest einen Zähler und kam durch einen herrlichen Kopfball von Lucas Höler auch tatsächlich zum Anschlusstreffer (76.). Doch Union rettete die knappe Führung über die Zeit und schloss wenigstens bis Sonntag nach Punkten zu Eintracht Braunschweig und Hannover 96 auf den Plätzen zwei und drei auf.

Polter war einfach nur froh, „dass wir nach der Niederlage in Stuttgart so eine gute Reaktion gezeigt haben“. Und er versprach: „Wir werden auch in Braunschweig wieder mit elf Mann auflaufen.“ Nur er selbst wird zuschauen müssen.