Wahnsinn an der Alten Försterei? Nicht bei Jens Keller. „Wer mit einem 2:0 bei 48 Minuten in Unterzahl nicht zufrieden ist, muss wahnsinnig sein“, sagte der Trainer des 1. FC Union. Die Mission Bundesliga beim Berliner Fußball-Zweitligisten geht weiter, dank des 2:0 (1:0) gegen die Würzburger Kickers. Ein Sieg, der Union mit 44 Punkten – der besten Ausbeute in der Klubhistorie nach 22 Spieltagen – zumindest bis Sonnabendnachmittag an Hannover 96 vorbei auf Platz zwei schob, der bekanntlich in den direkten Aufstieg mündet.
Union gegen Würzburg, das war auch das Duell zweier Torhüter, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Auf der einen Seite Robert Wulnikowski, von 1999 bis 2004 beim den Köpenickern (entsprechend freundlich war der Applaus von den 19.875 Zuschauern), nun bei den Kickers zwischen den Pfosten und mit fast 40 Jahren der Oldie auf dem Platz. Auf der anderen Seite gab Daniel Mesenhöler sein Liga-Debüt. Der 21-Jährige ersetzte Union-Stammkraft Jakob Busk (Muskelprobleme).
Und während Mesenhöler zunächst einen ruhigen Abend verlebte, stand Wulnikowski gleich im Mittelpunkt. Nach neun Minuten musste er bei einem Kopfball von Michael Parensen eingreifen, zuvor hatte er Glück, dass Damir Kreilachs Kopfball über das Tor ging (5.). Achtmal hatte der 39-Jährige in dieser Saison seinen Kasten bereits sauber gehalten, nach 21 Minuten war klar, dass dies bei Union nicht ein neuntes Mal der Fall sein würde. Parensen verlängerte eine Ecke von Felix Kroos in den Strafraum, wo Sebastian Polter nur noch wuchtig vollenden musste. Union führte 1:0 – und Mesenhölers ruhiger Abend fand sein Ende. Nein, es waren am Freitagabend nicht jene Unioner, die vor einer Woche 1860 München wie eine Kirmestruppe haben aussehen lassen (2:0). Der letzte Funke fehlte, und die Würzburger gaben keine so schlechte Figur ab, auch wenn der letzte Pass oft fehlte.
Doch Mesenhöler zeigte, dass er mehr sein kann als nur Busk-Ersatz, wie schon im Oktober 2016 beim Pokalauftritt in Dortmund. Gegen Sebastian Ernst machte er sich mächtig breit (14.), hatte dann Glück, dass Tobias Schröck verzog (40.), schließlich tauchte er in Klassemanier beim Schuss von Emanuel Taffertshofer ab (44.). „Das erste Zweitligaspiel und dann vor so einer Kulisse, das war aufregend“, fasste Mesenhöler unaufgeregt sein Debüt zusammen. Keller lobte des Keepers Ausstrahlung: „Das war stark.“
Union ging mit der knappen Führung in die Kabine – und mit einem Mann weniger. Roberto Puncec hatte Gelb-Rot gesehen (44.), nachdem er Elia Soriano unfair gestoppt hatte: Der Arm hat eben nichts in Kopfhöhe des Gegners zu suchen. Aus dem gleichen Grund, noch dazu gegen den gleichen Gegenspieler, hatte der Innenverteidiger bereits Gelb gesehen (36.).
Keller brachte Emanuel Pogatetz für Flügelflitzer Simon Hedlund, um weiter mit Vierer-Abwehrkette spielen zu können. Ein ruhender Pol in der nun folgenden Abwehrschlacht, die Union zu überstehen hatte. Und das Bollwerk hielt, weil die Köpenicker leidenschaftlich, aber nicht kopflos verteidigten gegen Würzburger, die engagiert, aber zu ideenlos agierten. Union genügte eine Aktion, um den Sieg perfekt zu machen: Freistoß von Toni Leistner, Polter verlängerte per Kopf und Kreilach ließ Wulnikowski aussteigen, 2:0 (82.). „Kein Gegentor und dazu noch drei Punkte – besser kann man es sich nicht wünschen“, sagte Mesenhöler. Seine Feuertaufe in Liga zwei hat der 21-Jährige jedenfalls mit Bravour bestanden.