Zweite Liga

Union wandelt auf einem schmalen Grat

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Michael Färber
Union-Trainer Jens Keller mahnt seine Mannschaft zur Ruhe im Kampf um den Aufstieg in die Bundesliga

Union-Trainer Jens Keller mahnt seine Mannschaft zur Ruhe im Kampf um den Aufstieg in die Bundesliga

Foto: imago sportfotodienst / imago/Eibner

Wie Union nach dem Sieg gegen München versucht, sich im Aufstiegsrennen nicht völlig von der Euphorie im Umfeld mitreißen zu lassen.

Berlin.  Nun ist es also passiert. Und daran ist die Mannschaft des 1. FC Union ganz allein schuld. Euphorie auf den Rängen, wie beim 2:0 gegen 1860 München am Freitagabend deutlich zu vernehmen war. Euphorie im Umfeld und – zumindest gefühlt – auch innerhalb des Vereins. Mittendrin die Verursacher dieses emotionalen Hochs an der Alten Försterei, die nicht müde werden zu predigen, dass man auf dem Boden bleiben werde.

Was unweigerlich zu der Frage führt: Wie wollen die Köpenicker diesen Spagat zwischen Außen-Antrieb und kühlem Kopf im Aufstiegsrennen der Zweiten Liga meistern, wo es doch gerade im letzten Saisondrittel darum geht, die Nerven im Zaum zu halten?

„Wenn ein Express fährt und schnell sein soll, sollte man nicht auf die Bremse drücken“, sagte Trainer Jens Keller: „Die Mannschaft hat enormes Potenzial, und das schöpft sie gerade voll aus. Sie arbeitet auch enorm. Die Spieler lassen nicht nach und sind nicht unkonzentriert im Training. Auch bei Videoanalysen bringt sich jeder ein.“ Akribische Arbeit ist sicher ein Mittel, das der Verbesserung wie der Ablenkung gleichermaßen dienlich ist.

Warum nicht auch Platz eins und zwei angreifen

Doch wie schwer es ist, sich nicht total mitreißen zu lassen, verdeutlichen die Profis selbst. „Warum sollten wir zurückschauen und nicht auch Platz eins und zwei angreifen?“, erklärte zum Beispiel Sebastian Polter. Die Einschränkung des Stürmers dokumentiert, dass sein Statement aus dem Glauben an die eigene Stärke heraus resultiert, nicht etwa aus Überheblichkeit: „Wir müssen natürlich konzentriert weiterarbeiten und immer an unsere Leistungsgrenze gehen.“

Auf der anderen Seite lässt jemand wie Verteidiger Christopher Trimmel wissen: „Wir werden jetzt nicht sagen, wir holen die ersten Zwei in der Tabelle auch noch.“ Der Österreicher gibt auch gleich zu verstehen, wie es gelingen kann, sich nicht verrückt machen zu lassen: „Wir schauen nicht darauf, wir die anderen spielen könnten. Sondern wir spielen unser Spiel und schauen dann, wie die anderen gespielt haben.“

Doch was ist an freien Tagen oder Abenden, wenn Zeit ist, nicht nur den Höhenflug zu reflektieren, sondern sich auch etwaigen Rechenspielen hinzugeben? „Wir haben als Mannschaft einen klaren Kopf“, glaubt Polter.

Arbeitermannschaft ohne Hang zur Überheblichkeit

Ist er sich sicher? „Es kann immer mal umschwappen. Man muss immer aufpassen, dass man nicht leichtfertig spielt oder sogar arrogant auftritt“, sagte der Angreifer: „Aber das hat die Mannschaft bislang nicht gemacht. Sie ist eine Arbeitermannschaft. Dieser Hang zur Überheblichkeit ist nicht gegeben. Und selbst wenn dies bei einem Spieler passieren würde, würden wir ihn als Mannschaft zur Ordnung rufen: Kollege, straff dich und arbeite weiter.“

Allein die Homogenität des Kaders hält diesen Kontrollmechanismus schon am Laufen. „Man sieht, dass die Spieler, die reinkommen, großen Spaß haben, mitspielen zu dürfen“, sagte Keller. Kenny Prince Redondo (für Simon Hedlund) oder Raffael Korte (für Steven Skrzybski) waren gegen München Paradebeispiele dafür. Auch Trimmel bestätigte: „Wenn man sieht, welche Leistung die eingewechselten Spieler bringen – die lassen nicht zu, dass man übermütig wird.“ Und, so Polter: „Jeder, der hinten dran ist, glaubt auch daran, weitere Einsatzzeiten zu bekommen.“

Und jeder Stammspieler – in diesem Punkt ist ein Profi egoistisch – wird alles daran setzen, in Unions Aufstiegsexpress seinen Fensterplatz, sprich den Platz in der Startelf, zu behalten.